Opposition will den Bundestag verkleinern
Der Bundestag hat am Donnerstag, 14. November 2019, drei Vorlagen für eine Wahlrechtsreform beraten. Einen gemeinsamen Gesetzentwurf der Fraktionen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (19/14672) mit dem Ziel einer Verkleinerung des Bundestages bei künftigen Wahlen überwies er im Anschluss zusammen mit einem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (19/15074) zur federführenden Beratung an den Innenausschuss.
Keine Mehrheit fand ein AfD-Antrag mit dem Titel „Wahlrechtsreform jetzt – Bundestag auf eine definitive Mandatszahl verkleinern“ (19/14066), zu dem der Innenausschuss eine Beschlussempfehlung (19/15133) vorgelegt hatte. Alle übrigen Fraktionen sprachen sich gegen diesen Antrag aus.
Gesetzentwurf von drei Fraktionen
In ihrem Entwurf verweisen die FDP, Linksfraktion und Grüne darauf, dass die Zahl der Abgeordneten mit 709 seit der letzten Bundestagswahl deutlich über der gesetzlichen Sollgröße von 598 liegt. Gemessen an derzeitigen Umfragewerten sei es „nicht unwahrscheinlich, dass ein Bundestag, der aktuell gewählt werden würde, bei einem unveränderten Wahlrecht eine Mitgliederzahl von weit über 800 aufwiese“.
Dem Gesetzentwurf zufolge soll das System der personalisierten Verhältniswahl beibehalten, aber die Zahl der sogenannten Überhangmandate „und somit auch die Zahl der durch sie erforderlich werdenden Ausgleichsmandate“ deutlich reduziert werden. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei mehr Direktmandate erhält als ihr nach dem Verhältnis der Zweitstimmen zustehen würden, und ziehen Ausgleichsmandate für andere Parteien nach sich.
„Verhältnis von Listen- und Direktmandaten ändern“
Um die Entstehung von Überhangmandaten möglichst zu vermeiden, soll das Verhältnis von Listen- und Direktmandaten nach dem Willen der drei Fraktionen zugunsten der Listenmandate auf etwa 60 zu 40 verändert werden. Dazu soll die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 250 verringert, die Gesamtsitzzahl dagegen von 598 auf 630 erhöht werden.
Zudem soll dem Gesetzentwurf zufolge „eine Vorabverteilung von Sitzen auf die Parteien in den Ländern“ entfallen, da auch dieses sogenannte Sitzkontingentverfahren „zu unnötigem Ausgleichsbedarf für andere Parteien“ führe. Mit dem Gesetzentwurf werde die Gefahr eines übermäßigen Ansteigens der Sitzzahl über die Sollgröße hinaus „insgesamt deutlich reduziert“, schreiben die drei Fraktionen in der Begründung. Damit werde die Größe des Bundestages „konstanter und vorhersehbarer“.
Gesetzentwurf der AfD
Ziel des Gesetzentwurfs der AfD-Fraktion (19/15074) ist es, dem Bundestag die erforderliche Zeit einzuräumen, um die Wahlrechtsreform noch vor der nächsten Wahlperiode des Bundestages umzusetzen. Die gewaltige Übergröße des Bundestags beeinträchtige seine Funktionen und bewirke unnötige Zusatzkosten von vielen Millionen Euro, schreiben die Abgeordneten. Die Regelung sei notwendig, um das Vertrauen der Bürger in die Demokratie zu stärken.
Die AfD schlägt vor, den Paragrafen 21 Absatz 3 Satz 4 des Bundeswahlgesetzes zu ändern. Die Vorschrift besagt, dass die Wahlen der Parteibewerber frühestens 32 Monate, die Wahl der Vertreter für die Vertreterversammlungen frühestens 29 Monate nach Beginn der Wahlperiode des Bundestages stattfinden, wobei dies nicht für das vorzeitige Ende der Wahlperiode gilt. Die AfD will, dass die Wahlen der Parteibewerber frühestens 35 Monate, die Wahl der Vertreter für die Vertreterversammlungen frühestens 32 Monate nach Beginn der Wahlperiode stattfinden können.
Abgelehnter Antrag der AfD
Die AfD forderet die Fraktion in ihrem abgelehnten Antrag (19/14066) die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der bei Erhaltung der derzeitigen Wahlkreise das Prinzip einer personalisierten Verhältniswahl beibehält und sicherstellt, dass die gesetzlich festgelegte Regelgröße des Bundestags von 598 Abgeordneten „unterschritten oder zumindest eingehalten wird“.
Auch sollte der Gesetzentwurf laut Vorlage gewährleisten, „dass eine Partei in einem Bundesland höchstens so viele Direktmandate erhält, wie es dem Zweitstimmenanteil der Partei in dem Land entspricht“. Beibehalten werden sollte nach dem Willen der Fraktion, „dass für den Fall, dass eine Partei durch den Zweitstimmenanteil mehr Mandate zustehen, als sie Direktmandate errungen hat, diese über den Zugriff auf die Landesliste besetzt werden“. Ferner sollte der Gesetzentwurf dem Antrag zufolge das personale Element der Verhältniswahl stärken, „indem dem Wähler mehrere Zweitstimmen gegeben werden und damit die Möglichkeit, einzelne Bewerber zu kennzeichnen, mit der Folge, dass die Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste verändert wird“. (sto/sas/14.11.2019)