Kontroverse um Linken-Antrag zu Staatshilfen nach dänischem Vorbild
Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 7. Mai 2020, erstmals mit einem Antrag der Linken mit dem Titel „Von Dänemark lernen – Keine Staatshilfen für Konzerne in Steueroasen oder Gewinnentnahmen wie Dividenden und Aktienrückkäufe“ (19/18942) befasst. Im Anschluss an die Debatte wurde die Vorlage mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Linken, von Bündnis 90/Die Grünen und der AfD an den Haushaltsausschuss zur federführenden Beratung überwiesen. Die Linksfraktion hatte dagegen Federführung beim Finanzausschuss gewünscht.
Linke fordert „Schluss mit Abzocke“
Die Notwendigkeit von Corona-Hilfen für die Wirtschaft ist unbestritten. Ist aber sichergestellt, dass zum Beispiel von der staatlichen KfW-Bankengruppe ausgereichtes Geld an den richtigen Stellen ankommt und nicht etwa in Steueroasen oder in den Taschen von Aktionären landet? Teile der Opposition und besonders Die Linke hatten daran Zweifel. „Die 309 Dax-Konzerne haben 3.800 Niederlassungen in Steueroasen“, wusste der Finanzexperte der Linksfraktion, Fabio de Masi. Und eine Reihe von Konzernen, die jetzt um Hilfen anstehen würden, hätten vor Kurzem noch Gewinne ausgeschüttet.
Außerdem gebe es keinen Dax-Konzern ohne Niederlassung in Steueroasen. Auch bei der um Staatshilfe bittenden Lufthansa seien Briefkasten-Firmen in Panama und auf den Cayman-Inseln entdeckt worden. Für de Masi war klar: „Wer mit der Konzernmutter oder Töchtern in einer Steueroase sitzt, muss den Briefkasten dort abschrauben oder es gibt keinen Cent vom Staat.“ Millionen Menschen hätten in der Krise großen Zusammenhalt bewiesen. „Aber es gibt Konzernbosse und Großaktionäre, die den Hals nicht vollkriegen. Wir sind solidarisch in Deutschland, aber wir sind nicht bescheuert. Es muss Schluss sein mit der Abzocke in Deutschland“, forderte de Masi.
CDU/CSU kritisiert „Klassenkampfparolen“
Bei Rednern der Koalition wie Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) stieß der Linken-Finanzpolitiker mit seinen Forderungen auf heftigen Widerspruch. Willsch und andere Abgeordnete von CDU/CSU und SPD wiesen auf die Bedingungen der KfW hin, nach denen es keine Hilfskredite gebe, wenn die betroffenen Unternehmen Dividenden ausschütten würden.
Auch die Höhe der Vorstandsgehälter werde begrenzt. Willsch erklärte, die Linksfraktion baue „einen Popanz auf, um ihre Klassenkampfparolen vorzutragen“. Was wirklich gebraucht werde, sei „mehr Luft für Unternehmen“ – durch weniger Bürokratie.
AfD: Ein staatssozialistischer Antrag
Auch Stefan Keuter (AfD) sprach von einem „staatssozialistischen Antrag“. Der Regierung warf er vor, erst zu spät und dann zu hart gehandelt zu haben. Zum Antrag der Linksfraktion fragte Keuter, was denn so schlimm daran sei, wenn Unternehmen versuchen würden, Steuern zu sparen oder Niederlassungen im Ausland zu gründen.
Die Linke wolle die Staatswirtschaft befördern und habe in Finanzminister Olaf Scholz (SPD) einen „willfährigen Helfer“ gefunden, der sich gerade günstig Aktenpakete der deutschen Schlüsselindustrie einverleiben wolle, um damit künftige marode Haushalte sanieren zu können.
FDP nennt Vorschlag arbeitnehmerfeindlich
Otto Fricke (FDP) nannte die Vorschläge der Linken arbeitnehmerfeindlich. Er wies darauf hin, dass nach der Definition der Linken auch die Niederlande ein Niedrigsteuergebiet seien. Dort habe der Airbus-Konzern seien Sitz.
In Deutschland habe das Unternehmen 46.000 Arbeitnehmer. Nach Definition der Linken dürfe das Unternehmen keinen Cent Hilfe bekommen, obwohl es der Luftfahrt-Branche derzeit nicht gut gehe.
SPD: Mittel landen nicht auf Karibik-Inseln
Cansel Kiziltepe (SPD) sagte: „Wir stellen sicher, die Mittel werden hierzulande verwendet und landen nicht auf Karibik-Inseln. Wir sind bereit zu unterstützen, doch wir akzeptieren keine Selbstbedienung von denjenigen, die sowieso schon genug haben.“
Staatsgeld dürfe auch nicht eingesetzt werden, um die Aktienkurse hoch zu halten, erklärte die SPD-Politikerin mit Blick auf die zahlreichen Rückkäufe eigener Aktien durch Unternehmen.
Grüne: Kein Parken von Geldern in Steueroasen
Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) wies darauf hin, dass diese Aktienrückkäufe früher in Deutschland verboten gewesen seien. Autokonzerne, die beim Autogipfel im Kanzleramt Milliardenhilfen eingefordert hätten, hätten kurz zuvor Dividenden in Milliardenhöhe ausgeschüttet.
Außerdem hätten Daimler, BMW und VW 137 Tochterfirmen in Steueroasen. „Wer in der Krise von der Solidargemeinschaft gerettet werden möchte, der darf sich seinen Pflichten als Steuerzahler nicht durch Steuertricks und Parken von Geldern in Steueroasen entziehen“, forderte Paus.
Antrag der Linken
Die Linke fordert in ihrem Antrag, die „Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen im Rahmen der Corona-Krise, die aus dem Bundeshaushalt besichert oder finanziert werden, für die Dauer der Programme“ an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Dänemark solle dabei als Vorbild dienen. Die dortige Regierung habe nämlich angekündigt, „Unternehmen mit Sitz in Steueroasen sowie Unternehmen, die Dividenden ausschütten oder Aktienrückkäufe tätigen, von ihren Hilfsprogrammen zur Bewältigung der Corona-Krise auszuschließen“, so die Antragsteller.
Nach Ansicht der Fraktion soll analog auch in Deutschland gehandelt werden – Unternehmen „mit Sitz in einer Steueroase“ etwa soll der Zugang zu Mitteln aus dem Bundeshaushalt verwehrt werden. Die Bundesregierung solle eine nationale Definition von Steueroasen entwickeln, heißt es hierzu in der Vorlage. Darüber hinaus fordern die Abgeordneten etwa, „Gewinnausschüttungen wie Dividenden oder andere Entnahmen zu sowie Bonuszahlungen für Manager und Aktienrückkäufe“ zu untersagen. Die Gesamtbezüge von Vorständen sollten zudem auf maximal das Zwanzigfache eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in der untersten Lohn- und Gehaltsgruppe des jeweiligen Unternehmens begrenzt werden. (hle/ste/07.05.2020)