Wie die Digitalisierung der Ausbildung im Betrieb funktionieren kann
Mit der Digitalisierung der Ausbildung im Betrieb hat sich die Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ in einem öffentlichen Fachgespräch am Montag, 2. März 2020, beschäftigt. In der 19. Sitzung des Gremiums ging es um die Digitalisierung der Ausbildung in Handwerk und Industrie, die thematisch in die Zuständigkeit der zweiten Projektgruppe der Enquete-Kommission fällt. Dazu hatte die Kommission den kaufmännischen Leiter und Prokuristen der Firma Frisch & Faust Tiefbau GmbH in Berlin, Diplom-Ingenieur Dieter Mießen, eingeladen. „Ihr Betrieb gilt als vorbildlich im Bereich der beruflichen Bildung, auch weil der Anteil der Auszubildenden in der Belegschaft bei 20 Prozent liegt“, lobte der Vorsitzende Stefan Kaufmann (CDU/CSU) das mittelständische Tiefbau-Unternehmen.
„Auszubildende meist aus dem unteren Bildungsdrittel“
Dieter Mießen betonte, dass die 40 Auszubildenden in acht Berufen eine Besonderheit in der Ausbildungslandschaft in der Bauwirtschaft darstellten. „Gäbe es unser Unternehmen nicht, müsste man eine gesamte Berufsschulklasse in Berlin schließen“, sagte er. Die Auszubildenden stammten dabei zumeist aus dem unteren Bildungsdrittel. Man habe im Unternehmen aber bereits vor über zehn Jahren ein gutes Netzwerk zur Unterstützung aufgebaut, um sich bei der Auszubildenden-Suche möglichst breit aufzustellen.
Dies zahle sich mit der Zeit aus, da der Altersdurchschnitt im Unternehmen bei nur 39 Jahren liege – deutlich unter dem anderer Unternehmen. Die meisten der Auszubildenden seien männlich, aber man sei stolz darauf, seit einigen Jahren auch weibliche Auszubildende einzustellen und gezielt junge Geflüchtete und Jugendliche mit Migrationshintergrund anzusprechen.
„Unterstützung durch eine Sprach-App und Lern-App“
Dazu würde im Unternehmen speziell Unterstützung geleistet, etwa durch eine Sprach-App, damit Sachverhalte aus der Berufsschule oder der beruflichen Praxis schneller verstanden werden könnten. Auch eine Lern-App komme zur Anwendung, durch die die Auszubildenden wie bei einer Führerscheinprüfung gezielt Inhalte trainieren könnten, berichtete Mießen.
Darüber hinaus gebe es über Mentoring und Landesprogramme weitere Unterstützung. Als Unternehmen habe man einen „sozialpolitischen Anspruch“, sodass er selbst auch verstärkt andere Unternehmen ermuntere, mehr junge Menschen auszubilden, betonte Mießen. Die These, dass es durch die Digitalisierung zukünftig weniger Auszubildende in der Baubranche gebe, könne er nicht bestätigen.
Was die Abgeordneten wissen wollten
Die Fraktionen konzentrierten sich in ihren Nachfragen auf das Erfolgsrezept des Berliner Unternehmens. Eine Vertreterin der CDU/CSU-Fraktion wollte wissen, wie genau die Zusammenarbeit in gemischten Teams funktioniere. Ein Vertreter der SPD-Fraktion fragte nach Details zu den eingesetzten Sprach- und Lern-Apps.
Details über die duale Ausbildung und Kooperation wollte ein Vertreter der AfD-Fraktion erfahren. Ein Vertreter der Liberalen wollte wissen, ob es möglich sei, die Lern-App auszuweiten. Eine Vertreterin der Linken fragte nach den Qualifikationen der Ausbilder im Unternehmen, und eine Grünen-Vertreterin wollte Details zur Übernahmequote der Auszubildenden erfahren. (lbr/02.03.2020)