Parlament

Arbeits­programm 2020 der EU-Kommission stößt auf ge­mischtes Echo

Das von Präsidentin Dr. Ursula von der Leyen am 30. Januar vorgestellte Arbeitsprogramm der EU-Kommission für 2020 ist im Bundestag auf ein gemischtes Echo gestoßen. Zwar lobte die Mehrheit der Fraktionen in einer „Vereinbarten Debatte“ am Donnerstag, 5. März 2020, die richtige Schwerpunktsetzung mit den Themen Klima, Digitalisierung, Wirtschaft und Migration. Doch sehen sie die EU finanziell nicht ausreichend ausgestattet, um die Vorhaben effektiv umzusetzen. Die AfD lehnte das Arbeitsprogramm demgegenüber als realitäts- und bürgerfern ab.

SPD weist auf „angemessene Finanzierung“ hin

Axel Schäfer (SPD) bezeichnete den Plan als „politischen Kompromiss“, der auf die richtigen Themen setze. Allerdings müsse der europäische Green Deal, mit dem die Kommission die EU bis 2050 CO2-neutral machen möchte, sozial gerecht gestaltet werden. Insgesamt könne das Arbeitsprogramm, das 43 neue Vorhaben der Kommission im Jahr 2020 vorsieht, nur mit einer „angemessenen Finanzierung“ funktionieren.

CDU/CSU: Die Ausgaben müssen den Aufgaben folgen

Der Vorsitzende des Europaausschusses, Gunther Krichbaum (CDU/CSU), nannte das Arbeitsprogramm „engagiert“, betonte jedoch ebenfalls: „Die Ausgaben müssen den Aufgaben folgen.“ Das erforderliche Mehr an Europa werde nicht mit weniger Geld zu erreichen sein.  Er verwies auf die im Juni 2020 beginnende deutsche Ratspräsidentschaft, bei der es wesentlich um die Umsetzung der Legislativvorhaben gehen werde.

Positiv wertete es Krichbaum, dass die EU-Kommission einen Schwerpunkt auf die Bereiche Forschung, Innovation und Künstliche Intelligenz legen und „gerechte Mindestlöhne“ in der EU durchsetzen wolle.

FDP warnt vor europaweiten Mindestlöhnen 

Für die FDP warnte Michael Georg Link allerdings vor der Einführung europaweiter Mindestlöhne. „Diese Frage fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten“, warnte er.

Mit Blick auf die Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit sei die Kommission „gut beraten“, bei diesem Thema nicht tätig zu werden.

AfD: Verfassungsbruch ersten Ranges

Eine Kompetenzüberschreitung sieht auch Norbert Kleinwächter (AfD) mit Blick auf den europäischen Green Deal. Der Plan der Kommission, ein Klimaschutzgesetz zu verabschieden, stelle einen „Verfassungsbruch ersten Ranges“ dar, urteilte er, da Brüssel gar kein Gesetzgebungsrecht besitze.

Kommissionspräsidentin von der Leyen warf Kleinwächter vor, die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft „von oben“ voranzutreiben und damit die EU weiter zu spalten. Zuwanderung und Green Deal führen seiner Ansicht nach zu einer „Globalisierung des Wohlstandabbaus“.

Linke: Mehr Mittel zur Transformation der Wirtschaft nötig

Alexander Ulrich (Die Linke) forderte die Kommission auf, die EU sozialer zu gestalten und europaweite Mindestlöhne tatsächlich durchzusetzen. Den Green Deal bezeichnete er als „tolle Sache“, aber die Schritte dahin seien „viel zu zaghaft“. Es brauche mehr Mittel für die Transformation der Wirtschaft.

Ulrich verglich die Pläne der Kommission bildhaft mit jemandem, der ein Haus bauen wolle, aber „nur Geld für Dachgiebel“ da habe.

Grüne: Green Deal könnte zur Luftnummer werden 

Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) sieht ebenfalls die Gefahr, dass der Green Deal ohne starken EU-Haushalt „zur Luftnummer“ wird. Die Vorhaben hätten außerdem nur eine Chance auf Umsetzung, wenn alle Mitgliedstaaten mitziehen würden.

Die Bundesregierung forderte Brantner wiederholt auf, ihr Programm für die deutsche Ratspräsidentschaft vorzulegen. 

„Ein Europa für das digitale Zeitalter“

Das Arbeitsprogramm sieht vor, dass die Europäische Kommission im Jahr 2020 basierend auf den sechs übergreifenden Zielen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit der Ausarbeitung konkreter Initiativen beginnt, die anschließend gemeinsam mit dem Europäischen Parlament, den Mitgliedstaaten und anderen Partnern erörtert und umgesetzt werden sollen. Ziel sei dabei unter anderem ein „europäischer Grüner Deal“, heißt es von Seiten der EU-Kommission.

Unter dem Stichwort „Ein Europa für das digitale Zeitalter“ wird darauf verwiesen, dass mit der neuen europäischen Datenstrategie die EU den enormen Wert nicht personenbezogener Daten, die eine immer umfangreichere und wiederverwendbare Ressource der digitalen Wirtschaft seien, voll ausschöpfen könne. Dazu gehörten auch die optimale Nutzung des Potenzials digitaler Daten und die Entwicklung und Nutzung künstlicher Intelligenz unter Wahrung europäischer Werte und der Grundrechte.

„Eine neue Industriestrategie für Europa wird unserer Industrie und unseren Innovationskapazitäten zugute kommen, während das Gesetz über digitale Dienstleistungen den Binnenmarkt für digitale Dienstleistungen stärken und kleineren Unternehmen zur nötigen Rechtssicherheit und zu gleichen Wettbewerbsbedingungen verhelfen wird“, heißt es in dem Arbeitsprogramm. (joh/hau05.03.2020)