Liberale fordern modernes Planungsrecht bei Verkehrsprojekten
Der Bundestag hat am Freitag, 14. Februar 2020, erstmals über einen Antrag der FDP mit dem Titel „Verkehrsprojekte schneller realisieren – Ein modernes Planungsrecht für das 21. Jahrhundert schaffen“ (19/17093) debattiert. Im Anschluss wurde die Vorlage zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur überwiesen.
FDP: Es sind nur Trippelschritte
Katja Suding (FDP) sagte zu Beginn der Debatte, die am 31. Januar 2020 vom Bundestag verabschiedeten Gesetze – das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz (19/15619) und das Planungsbeschleunigungsgesetz (19/15626) – seien Schritte in die richtige Richtung zu schnelleren Planungsverfahren gewesen. „Aber es sind nur Trippelschritte“, sagte Suding. „Wir müssen noch viel besser werden“, forderte sie. Ziel müsse es sein, die Bürger noch früher und umfassender zu beteiligen. „Teilhabe und schnelle Entscheidungen sind keine Widersprüche“, betonte sie.
Wichtig sei es auch, Verwaltungen und Gerichte mit mehr Personal auszustatten, „damit nicht der Staat der größte Bremser ist“. Die FDP-Abgeordnete forderte zudem, Doppelprüfungen zu verhindern. Es sei absurd, wenn Umweltverträglichkeitsprüfungen im Abstand von mehreren Jahren immer wieder aufgerollt würden.
CDU/CSU: Planungsbeschleunigung Schwerpunkt der Koalition
Mit den am 31. Januar verabschiedeten Gesetzentwürfen der Bundesregierung habe die Koalition gezeigt, dass die Planungsbeschleunigung ein Schwerpunkt ihrer Arbeit in dieser Legislaturperiode sei, sagte Felix Schreiner (CDU/CSU). „Wir reden nicht nur darüber, wir handeln auch“, fügte er hinzu.
Der Unionsabgeordnete wies zugleich darauf hin, dass im Haushalt die Mittel für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz verdoppelt worden seien auf 665 Millionen Euro. Ab 2021 stehe zusätzlich eine Milliarde Euro zur Verfügung. Gleichzeitig würden auch mehr Stellen bei den zuständigen Planungsbehörden geschaffen, sagte Schreiner.
AfD: Betroffene Bürger müssen mitplanen können
Aus Sicht von Leif-Erik Holm (AfD) hat die FDP mit ihrem Antrag Forderungen seiner Fraktion aufgegriffen. „Wir werden dem Antrag auch zustimmen, womit er sich aber wohl auch erledigt hat, wie wir ja aus Thüringen wissen“, sagte Holm, der für die Zusammenarbeit mit seiner Fraktion warb. Bei der Gestaltung eines schnellen, transparenten und bürgernahen Planungsrechts gebe es die Möglichkeit, „gemeinsam an einem sinnvollen Ziel zu arbeiten“, sagte der AfD-Abgeordnete.
Die betroffenen Bürger müssten bei den Infrastrukturprojekten mitplanen können, forderte er: „Und zwar zum frühestmöglichen Zeitpunkt.“ Es gelte, die Erfahrungen und Kenntnisse der Bürger vor Ort zu nutzen. Das minimiere die Einsprüche, führe zu Akzeptanz und beschleunige die Projekte, befand Holm.
SPD: Oberverwaltungsgerichte völlig überlastet
Mathias Stein (SPD) kritisierte die FDP-Vorschläge, die seiner Auffassung nach die Projekte verlangsamen würden. Wenn gefordert werde, dass das Oberverwaltungsgericht bei Landes- und Staatsstraßen als erste Instanz zuständig ist, dürfe man nicht vergessen, „dass die Oberverwaltungsgerichte schon jetzt völlig überlastet sind“. Gebe man denen noch mehr Arbeit, führe das zu einer Verzögerung statt einer Beschleunigung, sagte Stein.
Was die Forderung nach einer frühzeitigen Bürgerbeteiligung angeht, so sei diese richtig. „Das haben wir aber schon in der vergangenen Sitzungswoche beschlossen und gesetzlich verankert“, sagte der SPD-Abgeordnete. Hinsichtlich des Personalausbaus bei den Planungsämtern zeige sich die FDP mutlos, wenn lediglich von einer Verstärkung „im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel“ die Rede sei, urteilte Stein. Die Beschäftigten wüssten, dass dies ein Trostpflaster ohne Wirkung sei.
Linke: Planungsbeschleunigung im Blindflug
Jörg Cezanne (Die Linke) sagte, es sei richtig, unnötige Verzögerungen beim Bau von Infrastrukturprojekten zu vermeiden. Mit den Maßnahmengesetzen werde das aber nicht gelingen, bemängelte er. Es gebe derzeit keine klaren Erkenntnisse darüber, wie viele Planfeststellungsverfahren in Deutschland eigentlich stattfänden und woran eventuelle Verzögerungen lägen. „Wir machen seit 30 Jahren Planungsbeschleunigung im Blindflug“, kritisierte Cezanne.
Um wirklich schneller Planen und Bauen zu können, müssten Planungsämter personell und finanziell besser ausgestattet sein. Zudem müssten finanzschwache Kommunen entschuldet werden. Des Weiteren müsse aus dem Bundesverkehrswegeplan eine Netzplanung erarbeitet werden, in deren Mittelpunkt die Verlagerung des Straßenverkehrs auf die umweltschonenden Verkehrsträger steht, forderte der Linken-Abgeordnete.
Grüne: Schnelligkeit ist kein Wert an sich
Matthias Gastel (Bündnis 90/Die Grünen) nannte das Vorhaben, durch Maßnahmengesetze Baurecht per Gesetz zu schaffen „möglicherweise rechtswidrig“. Die FDP wolle dem nun ein weiteres derartiges Gesetz hinzufügen. Laut Gastel bleibt sowohl in den Gesetzentwürfen, die am 31. Januar verabschiedet wurden, als auch im Antrag der FDP-Fraktion offen, „was mit einer frühzeitigen Bürgerbeteiligung gemeint ist“.
Es dürfe sich nicht nur um eine Information der Bürger handeln, sondern müsse auch die Möglichkeit enthalten, „Alternativen anzuschauen und Varianten auf Stärken und Schwächen abzuklopfen“, fordert der Grünen-Abgeordnete. Wichtig sei auch, statt des weiteren Ausbaus der Straßen den Bahnausbau in den Fokus zu nehmen. „Schnelligkeit ist kein Wert an sich. Die Projekte müssen auch sinnvoll sein“, betonte Gastel.
Antrag der FDP
Die FDP fordert die Bundesregierung unter anderem auf, bis Ende 2020 ein weiteres, umfassendes Planungsbeschleunigungsgesetz für den Verkehrsbereich einzubringen, das die aktuellen Planungs- und Genehmigungsverfahren umfassend reformiert. Unter anderem sollten Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren besser verzahnt werden, um Doppelprüfungen, vor allem bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, zu vermeiden. Der Ersatzneubau und der erweiterte Ersatzneubau von Brücken, die Elektrifizierung von Bahnstrecken sowie der Bau zusätzlicher Fahrspuren solle dadurch erleichtert werden, dass auf der Grundlage der Ursprungsplanung unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen in Natur und Landschaft die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen ermittelt und festgestellt werde.
Die FDP tritt ferner für eine transparente, straffe und frühzeitige Beteiligung der Bürger am Anfang des Planungsprozesses ein, um die Akzeptanz von notwendigen Infrastrukturmaßnahmen zu erhöhen, wertvolle zusätzliche Informationen aus der Beteiligung der Bürger zu erhalten und damit auch mehr Rechtssicherheit herzustellen. Die erstinstanzliche Zuständigkeit von Oberverwaltungsgerichten wollen die Liberalen auf Landes- oder Staatsstraßen ausdehnen. (hau/14.02.2020)