FDP fordert „Recht auf Verschlüsselung“ im digitalen Raum
Mit einem Vorschlag der FDP-Fraktion zum Thema „Privatsphäre und Sicherheit im digitalen Raum“ hat sich das Parlament am Donnerstag, 29. November 2018, befasst. Erstmalig beraten wurde ein Antrag mit dem Titel „Recht auf Verschlüsselung – Privatsphäre und Sicherheit im digitalen Raum stärken“(19/5764). Der Bundestag überwies den Antrag gegen die Stimmen der Opposition zur federführenden Beratung an den Innenausschuss. Die FDP hatte die Überweisung an den Ausschuss Digitale Agenda beantragt.
FDP: Verschlüsselung gewährleistet Grundrechte
Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung unter anderem auf, sich für ein Recht auf Verschlüsselung einzusetzen, führte Jimmy Schulz (FDP) in der Debatte aus. Ein solches Recht trage dazu bei, dass „die Akzeptanz für und verbreitete Anwendung von Verschlüsselungstechnologien in der Bevölkerung, Wirtschaft wie auch öffentlichen Institutionen“ erhöht werde, sagte Schulz. Dasselbe Recht wie im Analogen brauche es auch im Digitalen, plädierte Schulz. Es gebe bereits seit Jahren Technologien, die eine vertrauliche Kommunikation gewährleisten. „Nur sind die teils schwer benutzbar– das wollen wir ändern“, erläuterte Schulz.
Die Verschlüsselung sei ein fundamentaler Pfeiler für die Gewährleistung von Grundrechten, die der Staat schützen müsse. Dazu gehöre auch, dass nach einer Übergangsfrist Telekommunikations- und Telemedienanbieter verpflichtet werden, ihre zukünftigen technischen Systeme standardmäßig abhörsicher anzubieten, führte Schulz aus. „Backdoors stehen nicht nur dem Staat, sondern auch Kriminellen offen“, warnte er und forderte die Bundesregierung auf, sich gegen gesetzliche Beschränkungen kryptografischer Sicherungssysteme einzusetzen.
CDU/CSU kritisiert unnötigen bürokratischen Aufwand
Marian Wendt (CDU/CSU) kritisierte, dass im Antrag unklar sein, wie und wem gegenüber ein Rechtsanspruch bestehe. Der Antrag ziehe unnötigen bürokratischen Aufwand nach sich. „Ziel der Union ist es, dass wir Verschlüsselungsstandort Nummer eins auf der Welt werden. Dabei sprechen wir uns bereits für die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aus“, sagte Wendt. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sei bereits mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet und solle weiter gestärkt werden in seiner Rolle als unabhängige, neutrale und nutzerfreundliche Behörde.
Der Antrag der FDP allerdings wolle „das BSI zum Verwalter herunterqualifizieren“, kritisierte Wendt. Die Strafverfolgungsbehörden müssten zudem im Einzelfall befugt sein, verschlüsselte Kommunikation zu entschlüsseln. Er plädierte dafür, das Thema digitale Sicherheit weiter zu fassen als nur mit Verschlüsselung und dafür zu werben, dass jeder Einzelne stärker auf seine digitale Sicherheit achtet.
AfD: Deutschland muss einen Sprint hinlegen
Verschlüsselung sei ein Teil der staatlichen Schutzpflicht, bei der der Bundesregierung eine Vorreiterrolle zukomme, betonte Joana Cotar (AfD) in der Debatte. Dabei komme der Bundesregierung eine Vorreiterrolle zu, sagte sie. Es sei zudem mehr digitale Aufklärung nötig, um eine konsequente Anwendung von Verschlüsselungstechnologien voranzutreiben. Deutschland müsse „einen Sprint hinlegen“, um den Vorsprung zu Ländern wie den USA bei dem Thema aufzuholen.
Die öffentlichen Verwaltung könne hier mit gutem Beispiel vorangehen, auch um das Vertrauen der Bürger zu stärken. Cotar kritisierte, dass sich die Regierung sogenannte „backdoors“, Sicherheitslücken und Schwachstellen in IT-System, absichtlich zur Überwachung offenhalte. Der Handel damit sei „ein erträgliches Geschäft geworden“. Dieser Praxis müsse ein Ende bereitet werden, indem Schwachstellen sofort öffentlich gemacht werden müssen.
SPD lobt den Antrag der FDP
Sebastian Hartmann (SPD) lobte den Antrag der FDP und warb für eine „konstruktive Beratung im Innenausschuss“. Die Digitalisierung könne ein Mehr an Transparenz, Freiheit und sozialem Fortschritt bedeuten. Die SPD habe im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im öffentlichen und privaten Bereich angegangen werde. „Wir müssen als Staat dafür sorgen, dass Verschlüsselungstechnologien gefördert werden“, betonte Hartmann.
Dabei könne man nicht darauf vertrauen, dass jedes Unternehmen eine eigene IT-Abteilung habe. Auch der digitale Verbraucherschutz gehöre zu der Frage, wie Bürger auf sichere Verschlüsselungstechnologien vorbereitet werden können, dazu. Durch Investitionen, beispielsweise in Lehrstühle und Unternehmen, werde aktiv daran gearbeitet, dass „made in Germany“ ein Markenkern bleibe, berichtete Hartmann.
Linke betont Schutz der Privatsphäre
Auch Anke Domscheit-Berg (Die Linke) begrüßte den Antrag der FDP: „Für Die Linke steht der Schutz der Privatsphäre im Vordergrund. Um eine Verbreitung von Schadprogrammen, die jeden Tag neu auftauchen, frühzeitig zu stoppen, müssten Sicherheitslücken in Behörden sofort geschlossen werden, lautete ihr Plädoyer.
Sie wünsche sich zudem eine anwenderfreundliche Open-Source-Lösung für die Verschlüsselung, die auch in Behörden zum Einsatz kommen könne. “Ein Recht auf Verschlüsselung muss kommen„, forderte sie.
Grüne: Das BSI mus unabhängig werden
Kritik an der Bundesregierung kam auch von Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90/ Die Grünen): “Der Bundesregierung kommt eine direkte Schutzverantwortung im Bereich der IT-Sicherheit zu. Dieser werden Sie nicht gerecht„. Zentrale Probleme seien der Handel mit Sicherheitslücken, die “Totalverweigerung von digitalem Verbraucherschutz und die unklare Haltung bei Verschlüsselung und Kryptografie„, sagte von Notz.
“Machen Sie Deutschland tatsächlich zum Nummer-eins-Verschlüsselungsland. Nicht durch Reden, sondern durch Gesetze„, appellierte er an die Bundesregierung. Das BSI müsse zudem unabhängig werden, und ein IT-Sicherheitsgesetz 2.0 sei “überfällig„, so von Notz.
Antrag der FDP
In ihrem Antrag schreibt die Fraktion, ein Recht auf Verschlüsselung könne dazu beitragen, dass “die Akzeptanz für und verbreitete Anwendung von Verschlüsselungstechnologien in der Bevölkerung, Wirtschaft wie auch öffentlichen Institutionen„ erhöht werde. Dadurch könne der Schaden durch unbefugten Zugriff Dritter auf sensible und persönliche Daten erheblich begrenzt werden. Bei der Verschlüsselung von Daten und Netzverkehr ginge es um “in der Verfassung verbriefte Grundrechte„, die etwa den Schutz des Eigentums, der Privatsphäre und der Vertraulichkeit der Kommunikation umfassen, heißt es in dem Antrag weiter.
Perspektivisch sollen nach einer Übergangsfrist Telekommunikations- und Telemedienanbieter verpflichtet werden, ihre zukünftigen technischen Systeme standardmäßig abhörsicher anzubieten. Weitere Forderungen beziehen sich auf die Weiterentwicklung von Verschlüsselungstechnologien sowie darauf, die Verwendung frei verfügbarer Verschlüsselungsstandards wie etwa GPG (GNU Privacy Guard) voranzutreiben. (lbr/29.11.20180)