Der Bundestag hat am Donnerstag, 18. Juni 2020, den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude“ (19/16716, 19/17037, 19/17193 Nr. 8) in der Fassung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (19/20148 Buchstabe a) angenommen Die Koalitionsfraktion stimmten für, die Opposition gegen den Entwurf. Es gab zudem eine Enthaltung aus der Unionsfraktion.
Auf Wunsch der Grünen stimmte der Bundestag in zweiter Lesung über Teile des Gesetzentwurfs getrennt ab. Der Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in Artikel 8 (Streichung des sogenannten 52-Gigawatt-Solardeckels) stimmten außer AfD und FDP bei einer Enthaltung aus der Unionsfraktion alle übrigen Fraktionen zu. Die übrigen Gesetzesteile lehnten die Oppositionsfraktionen ab.
Entschließungsanträge abgelehnt
Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen lehnte das Parlament einen Entschließungsantrag der FDP-Fraktion (19/20173) zum Regierungsentwurf ab.
Keine Mehrheit fand in dritter Beratung auch ein Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (19/20174), dem neben den Grünen auch die Linksfraktion zustimmte. Alle übrigen Fraktionen lehnten ihn jedoch ab.
Entschließung angenommen
Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Linken gegen das Votum von AfD und FDP bei Nichtbeteiligung der Grünen und einer Enthaltung aus der Unionsfraktion nahm der Bundestag eine Entschließung an. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert zu prüfen, ob und gegebenenfalls wie die energetische Beratungsleistung zukünftig steuerlich geltend gemacht werden kann. Auch soll die Regierung berichten, in welchem Umfang in Deutschland durch rechtliche Vorgaben des Bundes und der Länder auf DIN-Normen zurückgegriffen wird und wie der Zugang dazu erleichtert werden kann. In diesem Bericht soll ebenfalls bespielhaft dargelegt werden, welche Lösungen außerhalb von Deutschland für die rechtliche Konkretisierung von technischen Normen Anwendung finden.
Wie es in der Entschließung weiter heißt, strebt der Bundestag einen Koordinierungsmechanismus von Bund und Ländern an, um kontinuierlich den Umsetzungsstand des Ausbaus der erneuerbaren Energien im Hinblick auf die Erreichung des 65-Prozent-Ziels im Jahr 2030 zu überwachen. Zusätzlich soll die weitere Akzeptanz- und Beschleunigungsmaßnahmen zum Windausbau umgesetzt werden.
Oppositionsinitiativen abgelehnt
Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen lehnte der Bundestag einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Aussetzung der Energiesparverordnung und Verzicht auf Vorlage eines Entwurfs für ein mögliches Gebäudeenergiegesetz“ (19/17523) ab. Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses vor (19/20143).
Ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Ausbau der Windenergie in Schwung bringen, Menschen beteiligen und Klimaschutz stärken“ (19/15123) wurde nur noch von der Linken unterstützt, während die Koalitionsfraktione, die AfD und die FDP ihn auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (19/18008) ablehnten.
Keine Mehrheit fand darüber hinaus ein Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (19/17137), dem ebenfalls nur noch die Linksfraktion zustimmte, während ihn die übrigen Fraktionen ablehnten. Auch dazu gab es eine Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (19/20148 Buchstabe b).
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit der Annahme des Regierungsentwurfs (19/16716, 19/17037) gilt künftig ein einheitliches Anforderungssystem, in dem Energieeffizienz und erneuerbare Energien integriert sind. Die ordnungsrechtlichen Vorgaben folgen laut Regierung weiterhin dem Ansatz, den Primärenergiebedarf von Gebäuden gering zu halten, dazu den Energiebedarf eines Gebäudes von vornherein durch einen energetisch hochwertigen baulichen Wärmeschutz – vor allem durch gute Dämmung, gute Fenster und Vermeidung von Wärmebrückenverlusten – zu begrenzen und den verbleibenden Energiebedarf zunehmend durch erneuerbare Energien zu decken. Durch einen hochwertigen baulichen Wärmeschutz werde sichergestellt, dass auch erneuerbare Energien so effizient wie möglich genutzt werden.
Mit dem Gebäudeenergiegesetz werden die europäischen Vorgaben zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden umgesetzt und die Regelung des Niedrigstenergiegebäudes in das vereinheitlichte Energieeinsparrecht integriert. Die aktuellen energetischen Anforderungen für den Neubau und den Gebäudebestand gelten weiterhin.
Änderungen des Wirtschaftsausschusses
Auf Antrag Koalitionsfraktionen hatte der Wirtschaftsausschuss den Regierungsentwurf dahingehend geändert, dass die Länder die Möglichkeit erhalten, per Landesgesetz Mindestabstände von höchstens tausend Metern zu dort näher bezeichneter Wohnbebauung vorzusehen, um die Akzeptanz für Windenergieanlagen zu erhöhen. Dabei können auch unterschiedliche Mindestabstände für unterschiedliche Wohnnutzungen festgelegt werden. Auch wird klargestellt, dass bestehende landesrechtliche Regelungen fortgelten. Landesgesetze können geändert werden können, wenn dadurch nicht grundsätzlich höhere Abstände eingeführt werden.
Darüber wird der sogenannte 52-Gigawatt-Ausbaudeckel für Solaranlagen aufgehoben. Als Folge davon ist es nicht mehr notwendig, von Solaranlagenbetreibern die Daten zu erheben, ob eine Förderung entfällt und davon Zahlungen abhängig zu machen. Gegenstandslos werden dadurch auch die Veröffentlichungen der Summenwerte für den Fotovoltaik-Deckel. Dadurch würde sich der bürokratische Aufwand bei den Betreibern und bei der Bundesnetzagentur als registerführender Stelle verringern, heißt es.
Abgelehnter Entschließungsantrag der FDP
Die FDP forderte in ihrem Entschließungsantrag (19/20173) unter anderem einen überarbeiteten Gesetzentwurf von der Bundesregierung, der sich stärker an den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens orientiert.
Auch sollten der Gebäudesektor sowie weitere Sektoren in den europäischen Emissionshandel integriert werden. Perspektivisch müsse die gesamte Kohlendioxidbilanz von Maßnahmen an und in Immobilien über den gesamten Lebenszyklus berücksichtigt werden, schrieb die FDP.
Abgelehnter Entschließungsantrag der Grünen
Die Grünen forderten in ihrem Entschließungsantrag (19/20174) unter anderem, das Gebäudeenergiegesetz zu einem echten Gebäude-Klimaschutz-Gesetz zu machen, das die Vorschriften fürs Bauen und Sanieren klimagerecht, einfach und verbraucherfreundlich zusammenfasst.
Auch sollten zeitgemäße Energieeffizienzstandards für Neubau und Gebäudebestand definiert und der Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmeerzeugung erhöht werden. Der tatsächliche Kohlendioxidausstoß eines Gebäudes müsse stärker in die Berechnungen einbezogen werden, heißt es weiter.
Abgelehnter Antrag der AfD
Die AfD forderte die Bundesregierung dazu auf (19/17523), die Vorschriften der Energieeinsparverordnung mindestens bis zur Lösung der Wohnraumkrise außer Kraft zu setzen, die Arbeiten am Gebäudeenergiegesetz bis auf Weiteres einzustellen und auf die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs zu verzichten.
Die erhöhten Baukosten, die durch die Umsetzung der Energieeinsparverordnung entstehen, würden sich direkt in den Mietpreisen niederschlagen, hieß es unter anderem zur Begründung. Vor allem in den Ballungsräumen seien den Menschen weitere Erhöhungen, die auf die Erfüllung „irrational überhöhter Standards“ im energetischen Bereich zurückgehen, nicht mehr zuzumuten.
Abgelehnter Antrag der Grünen
Bessere Rahmenbedingungen für die Windenergie-Branche forderten Bündnis 90/Die Grünen (19/15123). Die Ausbauziele für erneuerbare Energien sollten angehoben werden, um den deutschen Beitrag zu den Pariser Klimazielen sicherzustellen, hieß es im Antrag. Das Ausschreibungssystem für Bürgerenergieprojekte sollte durch eine Einspeisevergütung ersetzt werden, für den Ersatz von alten Windenergieanlagen am bisherigen Standort solle es separate Ausschreibungsverfahren geben.
Darüber hinaus plädierten die Abgeordneten für Maßnahmen zur leichteren Planung neuer Anlagen mit einem bundesweiten Flächenziel von mindestens zwei Prozent und einem Bund-Länder-Dialog, der die Flächenziele auf Länderebene anpasst.
Abgelehnter Gesetzentwurf der Grünen
In ihrem abgelehnten Gesetzentwurf (19/17137) hielten die Abgeordneten an einem Streichen des sogenannten Solardeckels fest. „Um den absehbaren Markteinbruch bei der Neu-Installation von Fotovoltaik im Segment bis 750 Kilowatt Peak (kWp) abzuwenden, soll der 52 Gigawatt-Deckel vor dessen Erreichen ersatzlos gestrichen werden“, erklärten die Abgeordneten. Dies habe zur Folge, dass die bereits geltenden Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes unverändert weitergelten, hieß es in dem Entwurf weiter.
Die Grünen begründeten ihren Vorstoß damit, dass die Bundesregierung zwar die Streichung des Deckels angekündigt habe. Jedoch fehle bislang ein entsprechender Gesetzentwurf.
Neuer AfD-Antrag überwiesen
Erstmals befassten sich die Abgeordneten im Rahmen der Debatte auch mit einem Antrag der AfD mit dem Titel „Gesundheitsbeeinträchtigende Schallemissionen umfassend messen – alle Umweltbelastungen durch Windindustrieanlagen ernst nehmen“ (19/20121). Die Vorlage wurde im Anschluss zur federführenden Beratung in den federführenden Umweltausschuss überwiesen.
Die AfD fordert darin, die Auflagen an die Genehmigung von Windindustrieanlagen dahingehend zu ändern, dass bei den Prognoserechnungen zur Schallausbreitung und den Kontrollmessungen nach Inbetriebnahme (Nachprüfungen) alle von Windindustrieanlagen ausgehenden und von der Umgebung reflektierten Frequenzen, die in die Wohnumgebung gerichtet oder diffus eindringen, berücksichtigt werden. Die Betreiber von Windindustrieanlagen sollen verpflichtet werden, die Prognoserechnungen zur Schallausbreitung nach der Fertigstellung der Anlage durch Dritte mit Messungen unter Betriebsbedingungen überprüfen zu lassen.
Auch sollen Studien die Einwirkung von Schallemissionen von Windindustrieanlagen auf den gesamten Körper des Menschen, mit besonderem Blick auf die Beeinflussung der Hirn- und Herzfunktionen und des endokrinen Systems, untersuchen, heißt es in dem Antrag. (hau/pez/sas/18.06.2020)