FDP will Bon-Pflicht für Bäcker verhindern
Die im nächsten Jahr anstehende Belegausgabepflicht für Bäckereien, Fleischereien sowie im Obst- und Gemüsehandel soll nach dem Willen der Unionsfraktion noch verhindert werden. Dies machten Redner der Unionsfraktion am Freitag, 13. Dezember 2019, in der ersten Beratung eines Entwurfs der FDP-Fraktion für ein Gesetz „zur Änderung der Abgabenordnung – Gesetz zur Verhinderung einer Bon-Pflicht für Bäcker“ (19/15768) deutlich. Die SPD-Fraktion verteidigte dagegen die Regelung und verwies auf hohe Steuerausfälle durch Betrügereien von Betrieben. Der Bundestag überwies den Gesetzentwurf im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Finanzausschuss.
CDU/CSU: Willen des Gesetzgebers nicht hintertreiben
Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) bezeichnet es „ungeheuerlich“, dass Handwerker und andere Dienstleister unter Generalverdacht der Steuerhinterziehung gestellt werden sollten. Dass es einzelne schwarze Schafe gebe, „rechtfertigt nicht, ganze Berufsstände öffentlich unter Generalverdacht zu stellen“. Um gegen diese schwarzen Schafe vorzugehen, habe man das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an Registrierkassen beschlossen, das auch eine Belegausgabepflicht enthalte. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gebe es aber eine Ausnahmevorschrift von der Belegausgabepflicht. „Da hakt es offenbar, und die Bürokratie hat überdimensional in einem Anwendungserlass zugeschlagen. Der Anwendungserlass ist nicht der Wille des Gesetzgebers. Der wird nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt“, erklärte Michelbach.
Ein neues Gesetz, wie die FDP es wolle, sei aber nicht notwendig. Es sei jedoch nicht akzeptabel, „dass Bundesfinanzministerium und Finanzämter den erklärten Willen des Gesetzgebers hintertreiben. Deswegen fordere ich das Bundesfinanzministerium auf, den entsprechenden Anwendungserlass nachzuarbeiten“, erklärte Michelbach. Mit einem neuen Erlass, der mit den Ländern abzusprechen sei, müssten Einkäufe über eine kleine Summe und bei kleinen Betrieben von der Belegausgabepflicht ausgenommen werden. Auch Fritz Güntzler (CDU/CSU) erklärte, das, was gerade passiere, „ist nicht durch den Gesetzgeber intendiert worden“.
SPD verteidigt die Belegpflicht
Ingrid Arndt-Brauer (SPD) vereidigte hingegen die Regelung und die Belegpflicht. Schon 2014 habe der damalige nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) von einem Steuerausfall von zehn Milliarden Euro in diesem Bereich gesprochen. Nach zahlreichen Hinweisen auf Manipulationen an Kassensystemen sei klar geworden, dass wir es mit einem „großen Problem“ zu tun haben und man habe handeln müssen.
„Mit der Belegpflicht kann eine Kassennachschau relativ leicht durchgeführt werden“, so Arndt-Brauer. Damit werde jeder Vorgang dem Kunden mitgegeben. Ein Beleg könne zum Beispiel auch auf eine Brötchentüte aufgedruckt werden. „Das Gute-Kassen-Gesetz braucht keine FDP. Es ist schon gut genug“, so Arndt-Brauer.
Linke: Schuhkarton unter der Ladentheke bleibt zulässig
Auch Jörg Cezanne (Die Linke) verwies auf den Steuerbetrug in erheblichem Ausmaß und „Geldwäsche, die in Einzelfällen bis hin zur Finanzierung von Terrorismus reicht. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden“.
Er verwies auf Manipulationsmöglichkeiten an der Kasse, etwa mit einer weit verbreiteten Schummel-Software. Außerdem gebe es weiterhin Kassen ohne Registrierpflicht. Der „Schuhkarton unter der Ladentheke als Kasse“ sei weiterhin zulässig. Und sei das eigentliche Problem.
Grüne: Schlechtes Politikmanagement
Ein „schlechtes Politikmanagement“ attestierte Danyal Bayaz (Bündnis 90/Die Grünen) der Bundesregierung. „Eine Bon-Pflicht wäre nicht nötig, wenn wir es schaffen, die Betrugssicherung digitaler Grundaufzeichnungen von Kassen umzusetzen“, so Bayaz. Bisher gebe es die entsprechenden Kassensysteme nicht. Es gehe nicht nur um einen Espresso oder um eine Brezel, sondern konkret um Steuerausfälle in Milliardenhöhe.
Dass Bäckereien Kassenbons drucken sollen, „ist ärgerlich genug, aber das wirkliche Ärgernis ist doch, dass die Ehrlichen bei diesem unfairen Wettbewerb auf der Strecke bleiben“. Wenn Unternehmen nachweisbar eine zertifizierte Kasse nutzen, sollten sie von der Belegausgabepflicht befreit werden, forderte Bayaz.
AfD: Weitere Kontrolle des mündigen Bürgers
Stefan Keuter (AfD) verwies auf Berechnungen des Einzelhandels, wonach eine Aneinanderreihung der Belege eine Länge von zwei Millionen Kilometern pro Jahr ergäbe. Damit könne man die Bons fünfzigmal um die Erde legen. Man rede vom Verzicht auf Plastikstrohhalme, und hier würden riesige Papier- und Müllberge produziert.
Es handle sich außerdem um eine „weitere Kontrolle des mündigen Bürgers“. Keuter sprach einen seiner Ansicht nach „drohenden Interessenkonflikt“ an, da die SPD offenbar eine größere Beteiligung an einem Unternehmen halte, das solche Kassenzertifizierungen durchführe.
FDP: Politik des Misstrauens gegen den Mittelstand
„Interessant und bemerkenswert“ fand auch Christian Dürr (FDP), dass die SPD-Holding Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG) zu fast 50 Prozent an einem Hersteller für Kassenbondruckmaschinen beteiligt sei. Die besonders von der SPD verteidigte Belegausgabepflicht sei eine „Politik des großen Misstrauens gegen den Mittelstand“.
Dürr erklärte, obwohl die Bundesregierung gerade ein Bürokratieentlastungsgesetz auf den Weg gebracht habe, schaffe sie im nächsten Atemzug neue Bürokratie. Nach Maßnahmen wie Arbeitzeiterfassungsgesetz und Mindestlohndokumentationspflicht komme jetzt als „nächster Kalauer“ die Belegausgabepflicht. Weniger als drei Prozent der Kunden würden einen Kassenzettel wünschen. Die Regierung zwinge allein die Bäcker, fünf Milliarden Bons pro Jahr zusätzlich auszudrucken. Das ergebe die zweieinhalbfache Wegstrecke zum Mond.
Gesetzentwurf der FDP
Die FDP-Fraktion will mit ihrem vom Bundestag an den Finanzausschuss überwiesen Gesetzentwurf vor allem die Bäckereien von der ab Anfang Januar drohenden Pflicht zur Ausgabe von Kassenbelegen selbst bei kleinsten Einkäufen befreien. Finanzbehörden sollen im Fall der Nutzung einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung beim Verkauf von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen eine Befreiung von der Pflicht zur generellen Ausgabe von Belegen aussprechen können.
Die FDP verweist darauf, dass durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen elektronische Aufzeichnungssysteme grundsätzlich ab dem 1. Januar 2020 durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) geschützt werden müssen. Weiter sei geregelt worden, dass die elektronischen Grundaufzeichnungen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht, geordnet und unveränderbar aufzuzeichnen sind (Einzelaufzeichnungspflicht) und auf einem Speichermedium gesichert und verfügbar gehalten werden müssen.
Belegausgabepflicht ab dem 1. Januar 2020
Darüber hinaus sei mit dem Gesetz eine Belegausgabepflicht ab dem 1. Januar 2020 eingeführt worden. Beim Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen könnten die Finanzbehörden aus Zumutbarkeitsgründen nach pflichtgemäßem Ermessen die Betriebe von der Pflicht befreien, einen Beleg ausgeben zu müssen. Das Gesetz sehe damit in Fällen greifbarer Unzumutbarkeit selbst einen „Pflichtendispens“ vor. Im Anwendungserlass zum Paragrafen 146a der Abgabenordnung erkläre die Finanzverwaltung zu den Voraussetzungen für eine Befreiung von der Belegausgabepflicht: „Eine Befreiung kommt nur dann in Betracht, wenn nachweislich eine sachliche oder persönliche Härte für den einzelnen Steuerpflichtigen besteht.“ Die mit der Belegausgabepflicht entstehenden Kosten stellten für sich allein keine sachliche Härte im Sinne der Abgabenordnung dar. Die Befreiung von der Belegausgabepflicht setze voraus, dass durch die Unterdrückung der Belegausgabe die Funktion der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung nicht eingeschränkt wird.
Die FDP will daher den Paragrafen 146a Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung wie folgt fassen: „Bei Verkauf von Waren und bei der Erbringung von Dienstleistungen an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen ist eine Befreiung von der Belegausgabepflicht zu erteilen, wenn die Besteuerung durch den Einsatz einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung nicht beeinträchtigt wird.“ (vom/sas/13.12.2019)