Ein Vorstoß der FDP-Fraktion, die Unternehmenssteuern zu senken und damit die Wirtschaft anzukurbeln, hat im Deutschen Bundestag am Donnerstag, 14. November 2019, keine Mehrheit gefunden. In namentlicher Abstimmung lehnten 495 Abgeordnete den FDP-Vorstoß ab, der nur 155 Ja-Stimmen fand. Es gab eine Enthaltung. Mit dem Antrag (19/7898) wollte die FDP-Fraktion unter anderem den Körperschaftsteuersatz von derzeit 15 auf höchstens 12,5 Prozent senken. Der Finanzausschuss hatte hierzu eine Beschlussempfehlung vorgelegt, in der er die Ablehnung des Antrags empfahl (19/14304).
SPD: Körperschaftssteuer bereits gesenkt
Für Lothar Binding (SPD) kommt solch eine Senkung nicht in Frage: „Wenn wir für Steuersenkungen Geld ausgeben, dann haben wir einen Standortfaktor verbessert, aber haben kein Geld mehr für die Verbesserung anderen Standortfaktoren.“
Es sei jedoch wichtig, etwa ein gutes Ausbildungssystem, gute Kinderbetreuung, ein stabiles politisches System und eine gute Infrastruktur zu haben. „All das wollen wir finanzieren aus Steuern. Wenn wir die ständig senken, muss man sich fragen, was dafür noch übrig bleibt.“ Die Körperschaftssteuer sei schon von über 40 Prozent auf 25 Prozent gesenkt worden. „Wo endet das?“, fragt Binding.
AfD kritisiert Vorlage als Sammelsurium
Albrecht Glaser (AfD) bezeichnete den FDP-Antrag als „wenig strukturiertes Sammelsurium“, stimmte aber der Analyse zu, dass das Problem der hohen Besteuerung bestehe.
Deutschland habe den „Steuerwettbewerb nach oben“ gewonnen und stehe an der Spitze in der Abgabenbelastung in der OECD. Folge sei das niedrigste Wachstum in der EU.
CDU/CSU sieht Handlungsbedarf
Auch für Fritz Güntzler (CDU/CSU) besteht Handlungsbedarf. Die letzte größere Steuerreform liege jetzt elf Jahre zurück. „Der internationale Steuerwettbewerb ist da“, stellte Güntzler fest. Die Unternehmenssteuerbelastung der deutschen Unternehmen liege bei 32 Prozent. In der EU betrage der Durchschnittssteuersatz 21,5 Prozent und in der OECD 25,7 Prozent. Daher drohten Gewinnverlagerungen.
Auch wegen der konjunkturellen Unwägbarkeiten empfahl Güntzler, zu einer maximalen Steuerbelastung von 25 Prozent für nicht ausgeschüttete Gewinne zu kommen. Dieses Geld diene wichtigen Investitionen in den Unternehmen.
FDP: Der Wirtschaftsmotor stottert
Dr. Florian Toncar (FDP) griff die Hinweise auf Besorgnis erregende Unternehmensnachrichten auf und erklärte: „Der deutsche Wirtschaftsmotor stottert.“ Man schramme haarscharf an einer Rezession vorbei. Fast alle Unternehmen müssten sich in den nächsten Jahren neu erfinden, um auf die Herausforderungen eine Antwort zu finden.
Ein wichtiger Standortfaktor sei das Steuerrecht. Andere Länder hätten viel getan, aber die Koalition liefere aber nur ein „steuerliches Minimalprogramm“ ab, wie am Solidaritätszuschlag, dem Existenzminimum und an der Grundsteuer zu sehen sei. „Mit diesem Minimalprogramm bringen wir Deutschland in keinem der genannten Bereiche wirklich nicht vorne“, kritisierte Toncar.
Linke: Marode Infrastruktur verbessern
Fabio de Masi (Die Linke) wies darauf hin, dass der Körperschaftsteuersatz bei der letzten Reform 2008 schon von 25 auf 15 Prozent gesenkt worden sei. Jetzt wolle die FDP auf 12,5 Prozent senken und noch weitere Steuervorteile schaffen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit: „Wenn deutsche Industrie ein Problem nicht hat, dann ist es die preisliche Wettbewerbsfähigkeit.“
Man solle besser etwas zur Verbesserung der maroden Infrastruktur tun und die öffentlichen Investitionen ausweiten, um den Abschwung zu bremsen. Es gebe weltweite Kritik an den deutschen Exportüberschüssen, erinnert de Masi
Grüne: CO2-arme Industrieprozesse steuerlich begünstigen
Für den Standort Deutschland und den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit brauche man „intellektuell komplexere Antworten als Steuersenkungen in zweistelliger Milliardenhöhe“, kritisierte Dr. Danyal Bayaz (Bündnis 90/Die Grünen). Auf den FDP-Hinweis auf Steuersenkungen in den USA entgegnete Bayas, Folge der US-Steuerreform seien eine massive Erhöhung der Staatsverschuldung und Rekorde bei Aktienrückkaufprogrammen amerikanischer Unternehmen, weil die nicht mehr „wissen, wohin mit dem Geld“.
Bayas empfahl, Investitionen in CO2-arme Industrieprozesse steuerlich zu begünstigen und einen ehrlichen CO2-Preis zu schaffen, der „wirklich dazu führt, dass unternehmerische Investitionen in Klimaschutz angelegt werden“.
FDP: Körperschaftsteuer senken, Gewerbesteuer abschaffen
Die FDP fordert in dem Antrag, den Körperschaftsteuersatz von derzeit 15 auf höchstens 12,5 Prozent zu senken, die Gewerbesteuer abzuschaffen und sie durch einen kommunalen Zuschlag mit eigenem Hebesatzrecht auf die Körperschaftsteuer und auf die zuvor abgesenkte Einkommensteuer sowie durch einen höheren Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer zu ersetzen.
Falls die Gewerbesteuer nicht abgeschafft wird, sollten die Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer künftig entfallen. Die Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer will die Fraktion verbessern. Dazu gehöre vor allem, den Anrechnungsbetrag mindestens auf das Vierfache des für das Unternehmen festgesetzten Steuermessbetrags zu erhöhen. Auch solle die Gewerbesteuer wieder als Betriebsausgabe abziehbar werden.
Der Antrag enthält darüber hinaus einen Katalog weiterer punktueller Änderungen der Unternehmensbesteuerung. Zur Begründung heißt es unter anderem, Deutschland gehöre zu den Ländern mit den höchsten Steuersätzen für Unternehmen. Ziel müsse es sein, die Gesamtsteuerbelastung auf maximal 25 Prozent wie in Frankreich zu senken, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. (hle/14.11.2019)