AfD-Antrag zur Stärkung des ländlichen Raums debattiert
Eine „Politik auf ideologischer Basis gegen die Interessen der Landwirte“ hat der AfD-Abgeordnete Stefan Keuter kritisiert. Deutschland sei „durch die Altparteien an die Wand gefahren worden“, befand er am Freitag, 25. Oktober 2019, im Bundestag. Er sprach zu einem Antrag seiner Fraktion mit dem Titel „Stärkung ländlicher Räume – Sicherung der Zukunftsfähigkeit Deutschlands“ (19/14345). Die Debatte stand im Zeichen der Landtagswahl in Thüringen. Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble sah sich zu dem Hinweis veranlasst, „dass wir der Deutsche Bundestag und nicht der Landtag sind“.
Der Antrag wurde zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Die Federführung liegt beim Finanzausschuss. Mit ihrem Ansinnen, die Federführung dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie zu übertragen, konnte sich die AfD-Fraktion nicht durchsetzen.
AfD: Sie haben den Karren in den Dreck gefahren
Keuter stufte die Landwirte als Naturschützer ein. Und Naturschutz sei Heimatschutz. Er mahnte eine Strategie für den ländlichen Raum an und verwies insbesondere auf den im AfD-Antrag gemachten Vorschlag, eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe herbeizuführen, die eine Steuerreform zugunsten der kommunalen Ebene entwirft.
An die Politiker der übrigen im Bundestag vertretenen Parteien richtete er den Satz: „Sie haben den Karren in den Dreck gefahren, ziehen Sie ihn heraus.“
CDU/CSU: Populismus in Vollendung
Mark Hauptmann (CDU/CSU) bezeichnete den AfD-Vorstoß als „Populismus in Vollendung“. Keuter habe ein „verzerrtes Gegenwartsbild“ mit Zukunftsängsten verbunden. Indes: „Wir brauchen keine Angstmacher, wir brauchen Mutmacher.“
Er stellte die Frage, was die AfD denn für den ländlichen Raum getan habe. Die Unterstützung der Landwirte sei in den letzten Jahren unglaublich vorangekommen, meinte er mit Verweis auf den Ausbau der erneuerbaren Energien als zusätzliche Einkommensquelle. Dass die Kommunen nicht unterstützt würden, sei eine Falschaussage.
FDP:
Gerald Ullrich (FDP) meinte, Problem sei nicht, dass die Politik nicht so viel mache für den ländlichen Raum, sondern dass sie das Falsche mache. Dem ländlichen Raum werde gar mehr ermöglicht, sich aus sich selbst heraus zu erneuern.
Er zählte das Familienstärkungsgesetz, das Wohngeld- oder auch das Teilhabegesetz und den Unterhaltsvorschuss auf. Der AfD-Vorschlag, die Landwirtschaft zu renationalisieren sei eine „Lachnummer“. Andere EU-Länder würden folgen. Es entstehe ein Subventionswettbewerb, der zu Zollschranken führe. Dann sei der Binnenmarkt am Ende.
Frank Junge (SPD) sagte, der Antrag reihe sich ein in die Reihe der attrappenhaften parlamentarischen Initiativen der der AfD. Sie glänze mit Substanzlosigkeit statt in ihrem Antrag konkrete Vorschläge zu machen: Phrasen, Floskeln und leere Worte.
So finde sich kein Vorschlag, wie denn die Steuern besser verteilt werden könnten. Fördermittel müssten nach der Bedürftigkeit der Regionen und nicht nach Himmelsrichtungen verteilt werden. Die AfD versuche, den Menschen den Kümmerer vorzugaukeln und liefere ständig heiße Luft.
Alexander Ulrich (Die Linke) meinte, der AfD-Antrag enthalte „weniger als nichts“. Er löse kein Problem. Er beklagte die kommunale Finanzsituation, wo doch der Investitionsbedarf insbesondere in den Bereichen Verkehr und Schulen enorm sei.
Den Kommunen seien immer neue Aufgaben übertragen worden, ohne dass sie dafür Mittel bekommen. Da müsse sich auch der Bundestag an die Nase fassen: Kein Gesetz auf Kosten Dritter. Er verwies auf den Landwirtschaftsfonds der EU. Deutschland gehöre zu den Ländern, die am meisten davon profitieren.
Claudia Müller (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte, die Landwirtschaft komme im AfD-Antrag gar nicht vor. Die ländlichen Räume würden schlechtgeredet. Es gebe gleichzeitig auch strukturschwache urbane Räume.
Lösungsvorschläge mache der Antrag nicht. Sie habe selten so viel Schwachsinn in einem so kurzen Antrag gesehen. Auf die „drei T“ komme es an: „Technik, Talente und – das fehlt Ihnen – Toleranz.“
Oliver Wittke (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, unterstrich das Ziel der Bundesregierung, für möglichst gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland zu sorgen. Es gebe auch starke ländliche Räume und schwache Ballungsräume. Wittke verwies auf das neue gesamtdeutsche Fördermodell mit 22 Programmen von sechs Ministerien. Es gebe passgenaue Hilfen.
Eine Arbeitsgruppe, wie von der AfD gefordert, habe es längst gegeben: 14 von 16 Bundesländer hätten dem Fördermodell zugestimmt. Wittke kritisierte das „schlimme Wort“ der Renationalisierung. Gebraucht werde eine Europäisierung für grenzüberschreitende Strukturpolitik.
Antrag der AfD
Die AfD will, dass eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe gegründet wird, welche unter besonderer Berücksichtigung des ländlichen Raums und strukturschwacher Gebiete und mit Blick auf die vielfältigen Aufgabengebiete staatlicher Daseinsvorsorge eine Steuerreform entwirft. Ziel müsse es sein, die Finanzkraft der Länder so zu stärken, dass Aufgaben- und Finanzverantwortung sowohl auf der Landesebene als auch besonders auf kommunaler Ebene wieder zusammengeführt werden können.
Die Aufteilung der Gemeinschaftssteuern und gegebenenfalls dezentraler Finanzierungsquellen will die Fraktion dahingehend ändern, dass auch strukturschwache Regionen ihre Probleme aus eigener Kraft lösen können, wenn die gegenwärtige Aufteilung der Mittel eine Problemlösung nicht ermöglicht. Wenn strukturschwache Gebiete aus eigenen Steuerquellen nicht stärker werden, müssten Finanzausgleichssysteme entwickelt werden, die die Länder eigenverantwortlich anwenden können.
Darüber hinaus solle geprüft werden, wie eine Renationalisierung der Struktur- und Landwirtschaftsfonds der EU sinnvoll in die Bund-Länder-Finanzarchitektur eingepasst werden kann, um den Bedürfnissen ländlicher Räume gerecht zu werden. Dabei sei gleichzeitig das Subsidiaritätsprinzip auf nationaler Ebene zu berücksichtigen. (fla/sas/vom/25.10.2019)