Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 12. September 2019, eine Reihe von Vorlagen zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen:
Überprüfung auf Stasi-Tätigkeit: Im federführenden Ausschuss für Kultur und Medien beraten werden soll der Entwurf der Bundesregierung für ein neuntes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (19/11329). Die Überprüfungsmöglichkeit von bestimmten Personengruppen unter anderem des öffentlichen Dienstes und von Mandatsträgern auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst endet nach der aktuellen gesetzlichen Regelung zum 31. Dezember 2019. Die Koalition hat sich darauf verständigt, die Überprüfungsfrist bis zum 31. Dezember 2030 zu verlängern. Dem Zugang zu den Stasi-Unterlagen als Errungenschaft der friedlichen Revolution 1989/90 komme wesentliche Bedeutung für die Aufarbeitung der SED-Diktatur zu, heißt es in dem Entwurf. Das allgemeine Interesse am Zugang zu den Akten dauere an und zeige sich an den weiterhin hohen Antragszahlen auf Akteneinsicht. Die Ende 2019 auslaufende Überprüfungsmöglichkeit habe große Bedeutung für den Aufbau demokratischer Strukturen und für die Herstellung des Vertrauens in die Integrität von Personen gehabt, die in politisch oder gesellschaftlich herausgehobener Position tätig sind. Die praktischen Erfahrungen zeigten dabei, dass aktuell das gesellschaftliche Bedürfnis an der Überprüfung bestimmter Personengruppen ungebrochen fortbestehe und auch künftig andauern werde.
Tourismusförderung: Federführend im Tourismusausschuss beraten werden soll ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Investitionen beschleunigen – Deutsche Tourismusförderung neu aufstellen“ (19/9295). Darin verlangt die Fraktion, das Fördersystem für die Tourismusbranche radikal zu vereinfachen und eine Tourismusagentur als „One-Stop Shop“-Lösung zu schaffen, welche vorrangig mittelständische Tourismusunternehmen durch Experten aus der Praxis zu Förder- und Finanzierungsthemen berät und Unternehmen auf Programme der Europäischen Union, des Bundes, der Länder und darüber hinaus verweisen kann. Eingeführt werden solle ein online verfügbarer, digitaler „Förderkompass“, der die infrage kommenden Förderprogramme auflistet und mittelständischen Betrieben der Tourismuswirtschaft einen ersten Überblick über geeignete Programme ermöglicht.
Deutsches Raumfahrt-Engagement: Ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „New Space für die deutsche Raumfahrt“ (19/11232) soll federführend im Ausschuss für Wirtschaft und Energie beraten werden. Die FDP fordert, das deutsche Raumfahrt-Engagement deutlich zu steigern. Derzeit liege Deutschland hinter anderen EU-Partnern zurück und müsse den Führungsanspruch seiner mittelständischen Unternehmen in wichtigen Zukunftstechnologien fördern. Die Bundesregierung wird unter anderem aufgefordert, sich für die technische Entwicklung einer europäischen bemannten Raumfahrt einzusetzen. Auch treten die Liberalen dafür ein, bei der Vergabe von staatlichen oder europäischen Raumfahrt-Aufträgen den volkswirtschaftlichen Nutzen Deutschlands stärker zu berücksichtigen.
Soziale Innovationen: Die Linke will soziale Innovationen und mit ihnen soziale Werte wie Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und soziale Gleichheit fördern. Ihr Antrag (19/11234) wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen. Soziale Innovationen seien neue Ideen, kreative Entwicklungen und Adaptionen, die das Gemeinwohl im Blick haben, schreiben die Abgeordneten. Als erfolgreiche Beispiele nennt die Fraktion Umsonstläden, Straßenzeitungen, Mehrgenerationenhäuser oder Projekte wie der „laufende Schulbus“ oder die öffentlichen Bücherschränke. Die Linke fordert, gemeinwohlorientierte Dienstleistungsforschung auszuweiten und Forschungsprogramme und Projektförderung verstärkt für soziale Innovationen zu öffnen. Soziale Innovationen sollten als sinnvolle eigenständige Lösungen gesellschaftlicher Probleme definiert und entsprechend gefördert werden.
Verbraucherschutz bei Beförderungsverträgen: „Verbraucherschutz bei Beförderungsverträgen auch international gewährleisten“ lautet der Titel eines Antrags der FDP-Fraktion (19/13044), der federführend im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz beraten werden soll. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, sich in der EU für eine Reform der sogenannten Rom-I-Verordnung und der Brüssel-Ia-Verordnung einzusetzen, damit Beförderungsverträge, wenn sie von Verbrauchern geschlossen werden, auch als Verbraucherverträge zu behandeln sind. Derzeit werde dem Beförderer erlaubt, das Recht des Staates seines eigenen gewöhnlichen Aufenthalts oder seiner eigenen Hauptverwaltung zu wählen und sich so für das ihm bekannte und günstige Recht zu entscheiden. Die Wahl des Rechts jenes Staates, in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, findet aktuell praktisch nicht statt, schreibt die FDP. Dadurch ergäben sich Fallkonstellationen, die dem Verbraucher seine Rechtsdurchsetzung unangemessen erschweren.
Abgesetzt: Aktionsplan für den Wald: Einen „Aktionsplan für einen gesunden und artenreichen Wald“ fordern Bündnis 90/Die Grünen in einem angekündigten Antrag, der federführend an den Landwirtschaftsausschuss überwiesen werden sollte. Der Bundestag hat den Antrag von der Tagesordnung abgesetzt.
Agrarwende statt Gentechnik: „Agrarwende statt Gentechnik – Neue Gentechniken im Sinne des Vorsorgeprinzips regulieren und ökologische Landwirtschaft fördern“ (19/13072) lautet der Titel eines Antrags von Bündnis 90/Die Grünen, der federführend im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft beraten werden soll. Die Grünen verlangen von der Bundesregierung, sich auf EU-Ebene für die Stärkung des Vorsorgeprinzips einzusetzen, indem sie dafür eintritt, dass auch neue gentechnische Methoden nach geltendem EU-Recht reguliert bleiben. Darüber hinaus solle die Regierung sich dem systematischen Einsatz herbizidresistenter Pflanzen zur Erhöhung des Einsatzes von Ackergiften entgegenstellen und sich auf europäischer Ebene gegen die Zulassung von Herbiziden und anderen Pestiziden aussprechen. Landwirte sollen zudem gegen die Kontamination ihrer Erzeugnisse mit gentechnisch veränderten Organismen geschützt werden und die Haftung entsprechend dem Verursacherprinzip rechtlich abgesichert werden.
Änderung des Umsatzsteuergesetzes: Federführend im Finanzausschuss beraten wird ein Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (19/12089). Die Grünen wollen die Umsatzsteuer im Schienenpersonenverkehr generell auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent senken. Durch die derzeitige Besteuerung des Schienenpersonenverkehrs, die nur für den Nahverkehr einen ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent vorsieht (im Fernverkehr sind es 19 Prozent), würden die Potenziale für ökologische Lenkungswirkung im Verkehrsbereich nicht ausgenutzt. Dies werde den aktuellen umweltpolitischen Herausforderungen, insbesondere der Bekämpfung der globalen Klimakrise und des Artensterbens, nicht gerecht, schreibt die Fraktion. Die Bundesregierung solle dafür sorgen, dass die Steuerermäßigung, deren Volumen mit 400 Millionen Euro angegeben wird, zu 100 Prozent an die Kundinnen und Kunden weitergegeben wird.
Wiedergutmachung im Staatsangehörigkeitsrecht: Ein Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen zur Wiedergutmachung im Staatsangehörigkeitsrecht (19/12200) wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen. Die Grünen wollen darin Ansprüche auf Einbürgerung verankern, „die alle Konstellationen erfassen sollen, in denen nationalsozialistisches Unrecht gut zu machen ist“. Wie die Fraktion ausführt, treten auch mehr als 70 Jahre nach der Beendung der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft „immer noch Fälle auf, in denen das geschehene Unrecht im Staatsangehörigkeitsrecht nicht gutgemacht wurde“. Dabei gebe es eine Reihe von Fallgruppen, bei denen es notwendig erscheine, „dem berechtigten Anliegen der Betroffenen durch eine Einbürgerung zeitnah Rechnung zu tragen“. Der Entwurf enthält Einbürgerungsansprüche „für alle Gruppen, in denen eine Einbürgerung zur Wiedergutmachung geboten ist“. So sollen etwa „Abkömmlinge ehemaliger deutscher Staatsangehöriger, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist“, auf Antrag eingebürgert werden, auch wenn sie nach dem zum Zeitpunkt ihrer Geburt geltenden Recht die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Abstammung erworben haben.
Reform der Hebammenausbildung: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform der Hebammenausbildung und zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (19/12557) wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen. Ziel des Gesetzentwurfs ist die Akademisierung der Hebammenausbildung. Die Geburtshelferinnen sollen künftig eine duale Ausbildung aus einem wissenschaftlichen Studium und einer beruflichen Praxis durchlaufen. Das Studium wird mit einem Bachelor und einer staatlichen Prüfung abgeschlossen. Dieser Abschluss ist künftig Voraussetzung für die Berufsbezeichnung Hebamme. Ein gleichlautender Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD (19/10612) wurde Anfang Juni 2019 bereits in erster Lesung beraten. Ende Juni fand im Gesundheitsausschuss des Bundestages eine Expertenanhörung dazu statt. Der Gesetzentwurf ist im Bundesrat zustimmungspflichtig.
Nachhaltigkeit im Güterkraftverkehr: Im Verkehrsausschuss wird ein Antrag der AfD-Fraktion (19/13097), die Nachhaltigkeit im Güterkraftverkehr zu steigern, den Energieverbrauch und die Anzahl der Lkw-Fahrten zu vermindern und Straßen und Brücken zu schonen, federführend beraten. Die Fraktion spricht sich dafür aus, für Lkw mit sechs oder mehr Achsen, die mindestens mit dreiachsigem Zugfahrzeug und dreiachsigem Anhänger beziehungsweise Sattelauflieger in besonders straßen- und brückenschonender Bauweise ausgeführt sind, ein Gesamtgewicht von 44 Tonnen zuzulassen. Derzeit liegt die Beschränkung für Lkw bei 40 Tonnen. Angesichts der Verhältnisse in den übrigen EU-Ländern sollte auch in Deutschland das zulässige Gesamtgewicht für Lkw maßvoll angepasst werden, heißt es in der Begründung. Dadurch könne erreicht werden, dass einerseits der Verbrauch je Tonnenkilometer reduziert wird und sich gleichzeitig die Straßenbelastung vermindert, schreibt die Fraktion. Insgesamt ließe sich somit die Nachhaltigkeitsbilanz verbessern. Bei der Legalisierung von Gesamtgewichten größer 40 bis 44 Tonnen müsse die Zugmaschine mindestens drei Achsen haben, um ein stabiles Fahr- und vor allem Bremsverhalten auf glattem Untergrund oder kurvigen Straßen zu gewährleisten, fordern die Abgeordneten. Eine Fahrzeugkombination aus Zwei-Achs-Zugmaschine und Vier-Achs-Auflieger werde ausdrücklich nicht befürwortet, heißt es in der Vorlage.
Landwirtschaftliche Direktvermarktung: Die AfD-Fraktion will die landwirtschaftliche Direktvermarktung stärken, indem der direkte Absatz landwirtschaftlicher Produkte vom Erzeuger an Konsumenten sowie an Großverbraucher und die Gastronomie verbessert wird. Ihr Antrag (19/13096) wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen. Die Abgeordneten fordern die Abgeordneten die Bundesregierung unter anderem dazu auf, den Ausbau der Beratungstätigkeiten für Direktvermarkter, insbesondere in den Bereichen rechtliche Situation, Kalkulation und Vertriebswege, weiter voranzutreiben und dafür zusätzliche Fördergelder zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren sollen die Fördermöglichkeiten für die Direktvermarktung über die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) sowie das Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP) ausgebaut sowie die Bekanntheit des Regionalfenster-Labels durch gezielte Förderung erhöht werden.
Ölheizungen: Bündnis 90/Die Grünen wollen Ölheizungen ersetzen und Subventionen für fossile Heizungen streichen. Ihr Antrag (19/13069) soll federführend im Ausschuss für Wirtschaft und Energie beraten werden. Die Abgeordneten fordern, staatliche Subventionen neuer Öl- oder Gasheizungen einzustellen und spätestens ab 2021 keine neuen Ölheizungen in Neubau und Bestand einzubauen. Weiterhin soll der Einsatz erneuerbarer Energien im Gebäudebestand anteilig verpflichtend werden, wenn ohnehin ein Austausch der Heizungsanlage erforderlich ist. Die Abgeordneten sprechen sich zudem für einen Steuerbonus aus für Eigentümer, die ihre selbst genutzten Immobilien energetisch sanieren. Der Gebäudebereich sei für etwa 30 Prozent des gesamten Kohlendioxidausstoßes in Deutschland verantwortlich, heißt es zur Begründung. Trotzdem werde „dieser wichtige Bereich für eine erfolgreiche Energiewende von der Bundesregierung systematisch vernachlässigt“.
Nachhaltige Städtebauförderung: Die Stadtentwicklung mit nachhaltiger Städtebauförderung zukunftsfest auszurichten, ist das Ziel eines weiteren Antrags von Bündnis 90/Die Grünen (19/13071). Er wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen überwiesen. Mit einem Mittelansatz von 3,2 Milliarden Euro wollen die Abgeordneten unter anderem mehrere Programme anstoßen, darunter eines für „Lebendige Orte in Stadt und Land“, eines für den „Zusammenhalt in der Sozialen Stadt“, eines für die „Nachhaltige Zukunftsstadt“ und eines für ein „Gutes Klima im Quartier“. Als ein weiterer Punkt werden Anreize zur interkommunalen Zusammenarbeit genannt. Zur Begründung heißt es, es gelte dem „Donut-Effekt“ entgegenzuwirken, also dem Flächenfraß von Ortschaften am Rand, während die Zentren verwaisen. Auch müsse die Quartiersentwicklung gestärkt werden, genauso wie Städte im Programm „Nachhaltige Zukunftsstadt“ insgesamt fit gemacht werden sollen für die gesellschaftlichen Herausforderungen von demographischem bis zum Klimawandel.
Tierhaltungs- und Herkunftskennzeichen: Bündnis 90/Die Grünen haben einen Antrag mit dem Titel „Die Wünsche der Verbraucherinnen und Verbraucher, Bauern und Bäuerinnen ernst nehmen – Verpflichtendes Tierhaltungs- und Herkunftskennzeichen einführen“ (19/13070) vorgelegt. Er soll federführend im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft beraten werden. Darin verlangen die Abgeordneten, dass die Bundesregierung die Pläne für ein freiwilliges Tierwohllabel aufgibt und stattdessen ein verpflichtendes Tierhaltungs- und Herkunftskennzeichen erarbeitet, das für alle tierischen Produkte offen sein soll. Im Europäischen Rat solle darüber hinaus eine Initiative für die Erarbeitung eines verpflichtenden Tierhaltungs- und Herkunftskennzeichens ergriffewn werden. Auch die EU-Kommission solle eine entsprechende Vorlage erarbeiten.
Flughafen Berlin-Tegel: Die FDP-Fraktion hat einen Antrag mit dem Titel „Tegel offen halten – Für Berlin und für Deutschland“ eingebracht (19/13101). Der Antrag zum Flughafen Berlin-Tegel soll federführend im Verkehrsausschuss beraten werden. Als Gesellschafter der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) trage der Bund Verantwortung für eine funktionierende Flughafen-Infrastruktur. Die Bundesregierung müsse zügig handeln, um die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Berlin und dessen Umgebung nicht zu gefährden und dessen Reputation nicht nachhaltig zu schaden, schreibt die Fraktion.
(vom/12.09.2019)