FDP-Antrag zur Aufwertung von Europol zum EU-Kriminalamt erörtert
Der Bundestag hat am Freitag, 17. Mai 2019, erstmalig über einen Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Europol zum europäischen Kriminalamt aufwerten“ (19/10164) debattiert. Anschließend wurde die Vorlage zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.
„Mit eigenen Ermittlungsbefugnissen ausstatten“
Die Fraktion fordert die Bundesregierung unter anderem auf, auf EU-Ebene Europol mit eigenen Ermittlungsbefugnissen auszustatten, um Straftaten auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität, der grenzüberschreitenden Online-Kriminalität und des grenzüberschreitenden Terrorismus selbstständig aufzuklären und Täter über die Binnengrenzen hinweg zu verfolgen.
Auch solle sich die Regierung für eine Reform der europäischen Verträge einsetzen, mit der die Einführung weiterer operativer Befugnisse einschließlich exekutiver Maßnahmen durch Europol möglich wird. Darüber hinaus solle das europäische Terrorismus-Abwehrzentrum (ECTC) bei Europol ausgebaut werden. Bei diesem sollen Informationen der Niederlassungen in den Mitgliedstaaten und der nationalen Behörden zusammenlaufen und ein einheitliches Lagebild ergeben.
FDP: Bei Europol eine Schippe drauflegen
Während der Debatte sagte Konstantin Kuhle (FDP), Forderungen nach Aufbau eines „europäischen FBI“ gebe es schon länger und von verschiedenen Parteien. „Wir legen Ihnen nun ein Konzept vor, wie man Europol zu einem europäischen Kriminalamt aufwerten kann“, sagte Kuhle. Es sei schließlich nicht länger hinnehmbar, dass der in Europa geschaffene Raum der Freiheit zwar von Verbrechern genutzt werde, die Strafverfolgungsbehörden dies aber nicht tun könnten. Daher müsse bei Europol „eine Schippe draufgelegt werden“, forderte der FDP-Abgeordnete und sprach sich unter anderem für eine Reform der Europol-Verordnung aus.
Ein Aufwuchs an Kompetenzen bei Europol dürfe aber nicht zu einem Abbau der Grundrechte führen, sagte Kuhle. Daher brauche es auf europäischer Ebene einen Rahmen für ein gemeinsames Strafrecht, für ein gemeinsames Strafprozessrecht und für Regeln einer gemeinsamen Gefahrenabwehr.
CDU/CSU: Europol eine einzige Erfolgsgeschichte
Was die FDP vorschlage sei keine neue Idee, sagte Armin Schuster (CDU/CSU). „Aber wir haben Europawahl, und die FDP möchte etwas inszenieren“, lautete seine Begründung für die Vorlage des Antrags. Europol, so Schuster, sei schon jetzt „eine einzige Erfolgsgeschichte“. Maßgeblich sei das den deutschen Regierungen und deren Innenministern zu verdanken.
Europol sei inzwischen Partner und nicht mehr Assistent der Mitgliedstaaten. „Es entwickelt sich langsam eine ermittelnde Europol-Behörde, die den Geist eines Kriminalamtes schon in sich trägt“, sagte der Unionsabgeordnete. Was den Antrag angeht, so befand Schuster: Die FDP schreibe bei der Union ab und tue so, als ob das ihre Idee wäre.
AfD: Realitätsfern und reines Wunschdenken
Martin Hess (AfD) warf der FDP vor, die Politik der offenen Grenzen mitzutragen, die Massenimmigration erlaube und dem islamistischen Terrorismus Tür und Tor öffne. Statt sich der AfD-Forderung nach einem effektiven Grenzschutz anzuschließen, schlage die FDP eine europäische Superbehörde als Lösung vor. „Jeder Praktiker wird ihnen sagen, dass das völlig realitätsfern und reines Wunschdenken ist“, sagte Hess.
Dies zeige, die FDP wolle Terror nicht bekämpfen, sondern verwalten. Sie täusche mit dem Antrag sicherheitspolitische Aktivität vor. „Sie wollen ihr Versagen in der nationalen Terrorbekämpfung kaschieren und künftig ein europäisches Kriminalamt dafür verantwortlich machen“, sagte Hess an die FDP-Fraktion gewandt.
SPD: Sehr viel Zukunftsmusik
Susanne Mittag (SPD) verwies auf die große Bandbreite von Europol. Fast alle Fraktionen seien für den weiteren Ausbau der Behörde. „Nur eine Fraktion hier im Haus hat noch nicht verstanden, wie wichtig Europol für die Sicherheit in unserem Land und in Europa ist“, sagte Mittag mit Blick auf die AfD. Europol infrage zu stellen sei aber „nicht nur falsch, sondern auch gefährlich“. Europol sei in der Vergangenheit bereits ausgebaut worden. Ausgebaut worden seien auch die Kontrollorgane von Europol.
Sie selbst vertrete den Bundestag – ebenso wie der Kollege Hans-Jürgen Irmer (CDU/CSU) – im Europol-Kontrollgremium. Zweimal im Jahr erstatte Europol dem Gremium Bericht, sagte Mittag. Zu dem Antrag der Liberalen sagte sie, er enthalte „sehr viel Zukunftsmusik“. Mit den realen Möglichkeiten in absehbarer Zeit habe er jedoch „rein gar nichts zu tun“.
Linke: Zukunftsvision mit gewissem Reiz
Dr. André Hahn (Die Linke) sagte, der Gedanke einer europäischen Bundespolizei habe als Zukunftsvision zwar einen gewissen Reiz. „Mit der gegenwärtigen Situation der EU und der Verfasstheit von Europol hat das Modell aber nur sehr wenig zu tun“, befand er. Benötigt würden eine Kooperation der Mitgliedsländer und eine Harmonisierung auf dem Gebiet des Strafrechts und des Strafprozessrechts. Davon sei man aber „noch meilenweit entfernt“.
Eine Kompetenzerweiterung bei Europol darf es aus Sicht des Linken-Abgeordneten auch nur geben, wenn zuvor eine wirksame Fach- und Rechtsaufsicht sowie eine parlamentarische Kontrolle sichergestellt seien. Im Kontrollausschuss sitze aber derzeit kein einziger Oppositionsvertreter aus dem Bundestag, kritisierte er.
Grüne: Ein echtes Zukunftsprojekt
„Der Ansatz der FDP ist gut“, urteilte Dr. Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen). Grenzüberschreitende Kriminalität müsse eben auch „europäisch bekämpft werden“. Daher würden die Grünen auch schon seit Langem den Aufbau eines europäischen Kriminalamtes fordern. Vorbild müsse aber das Bundeskriminalamt und nicht das FBI sein. Auf die Schnelle umsetzbar sei das aber nicht, sagte Mihalic: „Wir reden hier über ein echtes Zukunftsprojekt.“
Über die Zukunft von Europol entscheide auch nicht der Deutsche Bundestag. Sämtliche Mitgliedstaaten müssten davon überzeugt werden, gab sie zu bedenken. Abseits der Zukunftsplanungen sollte aber auch darüber nachgedacht werden, wie mit der bestehenden Struktur Verbesserungen bei der Kriminalitätsbekämpfung und der polizeilichen Zusammenarbeit erreicht werden könnten, forderte sie. (hau/sas/17.05.2019)