Rezepte gegen die Wohnungsnot kontrovers debattiert
Über die Wohnungspolitik hat der Bundestag am Freitag, 12. Oktober 2018, beraten. Den Abgeordneten liegen dazu ein Antrag (19/4549) sowie ein Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/4557) vor. Die Fraktion Die Linke hatte außerdem einen Antrag mit dem Titel „Mieterhöhungsstopp jetzt“ (19/4829) vorgelegt. Die Vorlagen wurden in die Ausschüsse überwiesen, wobei beim Gesetzentwurf der Grünen und beim Antrag der Linksfraktion der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz federführend und beim Antrag von Bündnis 90/Die Grünen der Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen federführend ist.
Grüne fordern höhere Bundesmittel
Die Grünen fordern in ihrem Antrag die Bundesregierung auf, die Bundesmittel für die soziale Wohnraumförderung sofort deutlich zu erhöhen. Der Trend des schrumpfenden Sozialwohnungsbestands müsse gestoppt werden, schreiben die Abgeordneten. Es gehe darum, Menschen zu entlasten und den sozialen Zusammenhalt wieder zu stärken.
Dazu soll die Regierung nach den Vorstellungen der Grünen eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit sowie eine „wirkungsvolle und zeitlich verlängerte Mietpreisbremse“ auf den Weg bringen. Weitere Forderungen beziehen sich auf die Modernisierung und den Umbau von Gebäuden, bessere Bedingungen für Genossenschaften und Anreize für Neubau.
Entlastung beim nichtgewerblichen Hauskauf
Mit ihrem Gesetzentwurf zielen die Grünen auf eine Entlastung beim nichtgewerblichen Hauskauf ab. Hintergrund sind dem Entwurf zufolge die immer weiter steigenden Kosten des Immobilienerwerbs. Die Abgeordneten verweisen darauf, dass seit dem 1. Juni 2015 in Deutschland bei der Vermittlung von Wohnraum das Bestellerprinzip gilt, nicht aber bei der Vermittlung von Wohneigentum.
Während bei der Mietwohnungsvermittlung außerdem die Höhe der Maklerprovision seit langem gesetzlich auf zwei Nettokaltmieten plus Umsatzsteuer begrenzt werde, sei sie beim Immobilienkauf beziehungsweise -verkauf nicht gesetzlich näher in ihrer Höhe bestimmt.
Deckelung der Maklerprovision vorgeschlagen
Als Lösung wird die haushaltsneutrale Stärkung der Wohneigentumsbildung und der Alterssicherung beim Wohnen sowie des Verbraucherschutzes beim nicht gewerblichen Kauf und Verkauf von Wohnimmobilien in Verbindung mit Deckelung der Maklerprovision vorgeschlagen.
Daneben bedürften nach Auffassung der Abgeordneten angesichts der deutlich gestiegenen Immobilienpreise auch die Notar- und Gerichtsgebühren, die bei Kauf und Verkauf von Wohnimmobilien anfallen, einer Überprüfung.
Antrag der Linken
Die Linke will gesetzlich regeln, das Mieterhöhungen ohne Wohnwertverbesserung bei Bestandsmieten nur in Höhe des Inflationsausgleichs zulässig sind. Das gegenwärtige Mietrecht gestatte Mieterhöhungen ohne Gegenleistung. Dies habe zur Folge, dass Mieter, die ihre Miete nicht mehr bezahlen können, aus ihren Wohnungen und ihrem sozialen Umfeld vertrieben werden.
Die Linke sieht dringenden Handlungsbedarf, das Mietrecht dahingehend zu ändern, dass die Mietenentwicklung gestoppt werden kann. Weiter heißt es in der Begründung, der Antrag sei bereits im Februar 2014 in den Bundestag eingebracht worden (18/505), habe aber damals keine Mehrheit gefunden. Aufgrund der aktuellen Debatte solle ein neuer Anlauf unternommen werde
Grüne: Preisspirale am Immobilienmarkt durchbrechen
Für Bündnis 90/Die Grünen untermauerte der Abgeordnete Christian Kühn die Forderungen seiner Fraktion: Es brauche eine neue Wohngemeinnützigkeit, um die Preisspirale am Immobilienmarkt zu durchbrechen.
Mit einer neuen Bodenpolitik solle Spekulation buchstäblich der Boden entzogen werden. Ein konsequentes Bestellerprinzip im Makler-Geschäft solle „neue Leitplanken bei der sozialen Marktwirtschaft“ setzen.
CDU/CSU: Viel hilft nicht immer viel
Die von Kühn geforderten konkreten Antworten auf Fragen etwa nach dem durchgreifenden Bestellerprinzip lieferten die nachfolgenden Redner kaum. Stattdessen hob der Abgeordnete Volkmar Vogel (CDU/CSU) die von der Regierungskoalition beschlossenen Maßnahmen wie das Baukindergeld hervor und verwies auf die Komplexität der Aufgaben in der Wohnungspolitik. Viel helfe nicht immer viel, so Vogel, und mahnte zu Vorsicht beim Umgang mit Förderprogrammen angesichts des ausgelasteten Handwerks.
Vogel bekräftigte, die Mietpreisbremse solle örtlich und zeitlich begrenzt bleiben – denn sie könne nur eine Maßnahme auf Zeit bleiben. Um Bauen zu erleichtern, müsse es zugleich auch auf dem Land Möglichkeiten eines „urbanen Gebiets“ geben, um mehr Veränderungen im Innenbereich von Dörfern anstoßen zu können.
SPD: Höchstens ein Drittel für die Miete
Ulli Nissen von der SPD-Fraktion sagte an die Grünen gerichtet, Anträge schreiben allein helfe nicht. Gute zwei Wochen vor der Landtagswahl in Hessen führte die Abgeordnete Beispiele aus dem unter Beteiligung der Grünen regierten Bundesland auf, bei denen Miet- in Eigentumswohnungen zum Nachteil der Mieter umgewandelt wurden.
Nissen unterstrich das Engagement ihrer Fraktion für die Ansinnen von Mietern. Niemand solle mehr als ein Drittel seines Einkommens für Miete ausgeben müssen.
AfD: Ideen aus der sozialistischen Mottenkiste
Die AfD-Fraktion schrieb den Grünen zu, die Situation richtig beschrieben zu haben. Die gezogenen Schlüsse allerdings seien die falschen, sagte der Abgeordnete Udo Theodor Hemmelgarn: Investoren-Engagement werde erschwert, die Ideen kämen aus der „sozialistischen Mottenkiste“.
Hemmelgarn plädierte für ein Moratorium bei der Energie-Einspeise-Verordnung, um Bauhemmnisse abzusenken und für einen Schwenk von der Objekt- auf die Subjektförderung im Mietwohnungsbereich.
FDP: Mietpreisbremse muss weg
Katharina Willkomm (FDP) kritisierte wie weitere Redner der FDP-Fraktion ein verzerrtes Bild der Antragsteller von Mieter und Vermieter. Sie verwies auf zwei Drittel Privatvermieter in Deutschland, die an langfristigen, guten Verhältnissen zu ihren Mietern interessiert seien.
Deckelung sei Gängelung, und das lasse nicht jeder Vermieter „bis zum Exodus“ mit sich machen. Die Mietpreisbremse müsse weg, es gelte das Motto Bauen, Bauen, Bauen.
Linke: Erpressung und Enteignung von Mietern
Nicole Gohlke von der Fraktion Die Linke hingegen erneuerte die Ansicht, derzeit herrsche eine Erpressung und Enteignung von Mietern vor; Wohnimmobilien seien zum Spekulationsobjekt geworden.
Mit der Forderung „keine Schlupflöcher, keine Geheimniskrämerei mehr“ unterstrich sie das Plädoyer ihrer Fraktion nach konsequenten Regelungen bei Mietpreisbremse und Modernisierungsumlage. (pez/12.10.2018)