Potenziale Künstlicher Intelligenz für Wirtschaft und Gesellschaft
Die Mitglieder der Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz – Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche, soziale und ökologische Potenziale“ haben am Montag, 1. April 2019, ihre Beratungen mit einem Vortrag zu den Begriffen Vertrauen und Gemeinwohl sowie einem Fachgespräch unter dem Titel „Künstliche Intelligenz und Potenziale für Wirtschaft und Gesellschaft“ fortgesetzt.
Vortrag und einleitende Statements der Sachverständigen des Fachgespräches fanden unter Vorsitz von Daniela Kolbe (SPD) und Stefan Sauer (CDU/CSU) öffentlich statt, die jeweils anschließende Fragerunde war nicht öffentlich. Ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit tauschten sich die Kommissionsmitglieder über den Stand der Arbeit in den Projektgruppen aus.
„Vertrauen als gesellschaftliches Leitbild fragwürdig“
Prof. Dr. Joachim Fetzer vom „Deutschen Netzwerk Wirtschaftsethik“ umriss in seinem Impulsvortrag die Komplexitäten der Begriffe Vertrauen und – weniger umfangreich – Gemeinwohl. Bezogen auf die Diskussion im Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) betonte Fetzer, dass sich Vertrauen nicht erzwingen lasse: „Vertrauen als gesellschaftliches Leitbild halte ich für fragwürdig.“
Der Sachverständige hob die Bedeutung von Lernprozessen hervor und verwies etwa auf das Lernen des Umgangs mit Tieren als eine Analoge für den Umfang mit KI. In dem Fachgespräch diskutierten die Experten unter anderem über Risikobereitschaft, Hardware-Produktion in Deutschland sowie KI-Potenziale im gemeinwohlorientierten Sektor.
Eine neue Generation der Automation
Hans-Christian Boos (arago GmbH) warb für mehr Risikobereitschaft in Politik und Wirtschaft, denn KI biete große Chancen. Sie ermögliche „eine neue Generation der Automation“, in der im Gegensatz zur Automation in der klassischen Industriegesellschaft nicht mehr sowohl Ziel als auch Lösungsweg beschrieben werden müssten, sondern der Lösungsweg von den Maschinen gefunden werde.
So ließen sich wesentlich effektiver individuelle Produkte oder Dienstleistungen produzieren, sagte Boos. Der Sachverständige konstatierte erheblichen Handlungsbedarf für die deutsche Wirtschaft. Deren Kernbranchen stünden nämlich „unter Angriff“ durch chinesische und US-amerikanische Plattformunternehmen.
Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft
Roy Uhlmann vom „Bundesverband Deutsche Startups“ umriss am Beispiel des autonomen Fahrens die Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft. So werde Hardware wie etwa Sensoren vor allem in China eingekauft, da die notwendige Hardware nicht in Deutschland produziert werde.
Auch beim Umgang mit Daten zeichneten sich Fehlentwicklungen ab, sagte Uhlmann. Zudem sei der Aufbau der Infrastruktur für den Mobilfunkstandard 5G essenziell. Grundlagenforschung sei zudem bei KI-Technologien gefragt, um Abhängigkeiten von den Frameworks großer Konzerne zu vermeiden.
KI-Einsatz in der Zivilgesellschaft
Johannes Müller (Netzwerk CorrelAid) warb dafür, auch die Potenziale des KI-Einsatzes in der Zivilgesellschaft stärker zu berücksichtigen. Dazu müsse zunächst auch grundsätzlich die Digitalisierung im gemeinwohlorientierten Bereich und im NGO-Sektor (Nichtregierungsorganisationen) angegangen werden.
Müller stellte zwei zivilgesellschaftliche Beispiele aus dem Bereich der Rechtsberatung sowie der Dolmetschervermittlung vor, bei denen durch maschinelles Lernen beziehungsweise Vorhersagemodelle die zivilgesellschaftliche Arbeit unterstützt werden konnte. (scr/01.04.2019)
Liste der Sachverständigen
- Prof. Dr. Joachim Fetzer, Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik
- Hans-Christian Boos, arago GmbH
- Roy Uhlmann, Bundesverband Deutsche Startups
- Johannes Müller, Netzwerk CorrelAid