Fraktionen beziehen Stellung zur Strompreisentwicklung
Wenige Stunden vor dem erwarteten Beschluss über einen schnelleren Energieleitungsausbau hat der Bundestag am Donnerstag, 4. April 2019, über die gestiegenen Stromkosten debattiert. Eingefordert hatte die Aktuelle Stunde mit dem Titel „Steigende Strompreise stoppen – Energie bezahlbar machen“ die FDP-Fraktion im Bundestag.
FDP: Energiewende zeigt kaum Wirkung
Deren Abgeordneter Christian Dürr (FDP) rechnete zu Beginn vor, dass die Energiewende bei erheblichen Kosten kaum Wirkung gezeigt habe. Sie sei nicht erfolgreich, sagt Dürr und führte als Beleg dafür den unwesentlich gesunkenen Kohlendioxidausstoß an. Kein anderes Land der Welt gebe so viel für Klimaschutz aus und erreiche dabei so wenig.
Dürr plädierte dafür, die Stromsteuer für Wirtschaft und private Haushalte zu senken. Sinnvoll wäre es auch, Verschmutzungsrechte aus dem Emissionshandel zurückzukaufen und nicht stattdessen auf einen teuren vorzeitigen Kohleausstieg zu setzen. Dürr erneuerte zudem die Forderung seiner Fraktion nach mehr Emissionshandel und einem europaweiten Markt.
CDU/CSU: Mehrheit steht hinter der Energiewende
Für die Unionsfraktion verteidigte Mark Helfrich (CDU/CSU) die Regierungspolitik. Eine große Mehrheit der Bevölkerung stehe weiterhin hinter der Energiewende; noch mehr Menschen seien bereit, höhere Preise zu bezahlen, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien kommt. Helfrich mahnte zu einer sachlichen Diskussion – denn tatsächlich seien die Strompreise in den vergangenen Jahren vergleichsweise stabil geblieben.
Dass die aktuellen Schlagzeilen nicht ganz falsch seien, liege vor allem an den Einkaufspreisen der Energieversorger. Der Marktpreis für Kohle sei nach oben geklettert, der Preis für Kohlendioxid-Zertifikate habe sich verdreifacht. Ein Setzen auf Emissionshandel, wie von der FDP verlangt, sei der falsche Weg. Helfrich setzt auf marktwirtschaftliche Instrumente, um die Energiewende so wenig belastend wie möglich umzusetzen. Nichtstun sei auf jeden Fall der teurere Weg, warnte er.
SPD: Fehlentwicklungen bei Abgaben
Es war eine Vorlage, die Bernd Westphal (SPD) aufgriff. Man müsse dafür sorgen, dass die Energiewende eine zusätzliche Dynamik gewinnt, sagte der Abgeordnete. Wenn man jetzt nicht handle, werde es richtig teuer, insofern sei der Zeitpunkt gut gewählt. Auch sein Fraktionskollege Johann Saathoff (SPD) erinnerte an die zu erwartenden Folgekosten von Kernenergie und Kohle etwa durch die ungelöste Endlager-Frage und Strafzahlungen, wenn die Klimaziele nicht eingehalten würden.
Westphal forderte eine Diskussion über einen Weg zwischen einem Preis für Kohlendioxidemissionen und einer sozialen Balance. Die Abgaben, die einen erheblichen Teil des Preises ausmachten, müsse man überprüfen, bekannte er. Es gebe in diesem Bereich Fehlentwicklungen.
AfD: Der Staat ist größte Strompreistreiber
Für die AfD-Fraktion kritisierte Dr. Bruno Hollnagel, der Staat sei der größte Strompreistreiber in Deutschland. 54 Prozent resultieren nach seinen Worten aus Abgaben und Umlagen. Schon deswegen müsse man die Stromsteuer minimieren oder absetzen. Hollnagel erklärte, dass vor allem die erneuerbaren Energien die Preise treiben würden.
Energie aus Wind und Sonne sei nur dank Subventionen wettbewerbsfähig, die AfD indes wolle Markt- statt Planwirtschaft. Hollnagel brachte zudem die Problematik von Stromsperren ins Gespräch, die es seiner Meinung nach nicht geben dürfte.
Linke: Ausnahmen für die Industrie streichen
Letzteren Aspekt sah auch Lorenz Gösta Beutin (Die Linke) als Herausforderung. Stromsperren müssten ein Ende haben, so der Abgeordnete. Allerdings liegen die Ursachen Beutin zufolge vor allem in den Ausnahmeregelungen für stromintensive Unternehmen. Die Gewinne für solche Konzerne würden auf dem Rücken der Verbraucher finanziert. Das sei ein Unding, sagte Beutin.
Die Linksfraktion möchte Ausnahmen für die Industrie weitgehend streichen und Netzentgelte bundesweit gerechter verteilen. Im Osten und auf dem Land zahlten die Menschen häufig deutlich höherer Netzentgelte als anderswo, erläuterte Beutin letzteren Aspekt. Auch die Linksfraktion möchte Kohlendioxidemissionen mit einem Preis versehen. Als präventive Maßnahme gegen Stromsperren schlagen die Abgeordneten Sockeltarife bei den Stadtwerken für Einkommensschwache vor.
Grüne plädieren für einen Kohlendioxid-Preis
Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) schließlich verwies darauf, dass die Strompreise explodiert seien, während die FDP an der Regierung war. Er untermauerte das Plädoyer von Vorrednern für einen Kohlendioxid-Preis.
Auch in der Forderung nach einer Umverteilung bei den Kosten legte Krischer nach: Die befreite Industrie habe die niedrigsten Strompreise aller Zeiten – was die privaten Haushalte zahlen würden. Das Ausmaß dieser milliardenschweren Umverteilung müsse diskutiert werden. (pez/04.04.2019)