Parlament

Schreiner: Zuver­sicht­lich, dass Diesel-Fahr­verbote ver­mie­den werden

Ein junger Mann spricht in einer Plenarsitzung des Bundestages

Felix Schreiner (CDU/CSU) (© DBT/Melde)

Der Verkehrsexperte der Unionsfraktion, Felix Schreiner, ist zuversichtlich, dass sich Diesel-Fahrverbote in den Innenstädten künftig vermeiden lassen. Mit Blick auf die Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes sagt der CDU-Abgeordnete aus Waldshut (Baden-Württemberg) in einem am Montag, 18. März 2019, erschienenen Interview mit der Wochenzeitung „Das Parlament“: „Damit schaffen wir die Grundlage dafür, dass die Städte, die den EU-Grenzwert inzwischen nur noch geringfügig überschreiten, nämlich bis zu 50 Mikrogramm, keine Verkehrsverbote verhängen müssen.“ Schreiner verweist zugleich auf die „großen Anstrengungen“, die derzeit schon unternommen würden, um zu Verbesserungen der Luftqualität zu kommen. „Damit meine ich zum Beispiel das ,Sofortprogramm Saubere Luft‘ mit einem Volumen von 1,5 Milliarden Euro. Daraus fördern wir etwa die Umrüstung der öffentlichen Fahrzeuge in den betroffenen Städten“, sagt der 33-Jährige. Das Interview im Wortlaut:


Herr Schreiner, in Hamburg und Stuttgart gibt es schon Fahrverbote für ältere Dieselautos. In weiteren Städten sind sie für dieses Jahr angekündigt. Sehen Sie noch Möglichkeiten, dies zu verhindern?

Ich bin zuversichtlich, dass das gelingen kann. Nicht zuletzt auch durch die nun beschlossene Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Damit schaffen wir die Grundlage dafür, dass die Städte, die den EU-Grenzwert inzwischen nur noch geringfügig überschreiten, nämlich bis zu 50 Mikrogramm, keine Verkehrsverbote verhängen müssen. Schließlich geht es zumeist um Städte, die knapp über dem von der EU festgelegten Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen, aber viele Anstrengungen unternehmen, um die Werte rasch zu reduzieren. Was Stuttgart und Hamburg angeht, so sind dort meiner Ansicht nach die Fahrverbote politisch motiviert. In Hamburg etwa hat es der Senat kaum erwarten können, ganze Straßenzüge zu sperren. 

Ist es aber nicht ein bisschen fragwürdig, wenn man sagt: Die Luft ist schlecht, die Grenzwerte werden überschritten, also heben wir sie einfach an?

Wir ändern die Grenzwerte nicht. Dadurch würde auch die Luft nicht besser. Es geht hier um die Frage, ob Fahrverbote verhältnismäßig sind. Nach Frankfurt fahren mehr als 360.000 Berufspendler jeden Tag ein, die von Fahrverboten betroffen sein würden. Ist es verhältnismäßig, diese Menschen auszusperren, nur weil die Stadt den Grenzwert geringfügig überschreitet? Ich denke, es gibt mildere Mittel. 

Bei allem Verständnis für die Pendler – das Bundesverwaltungsgericht hat doch aber entschieden, dass Fahrverbote grundsätzlich möglich sind... 

...aber eben nur, wenn sie verhältnismäßig sind. Man darf nicht vergessen, welch große Anstrengungen derzeit schon unternommen werden, um zu Verbesserungen zu kommen. Damit meine ich zum Beispiel das „Sofortprogramm Saubere Luft“ mit einem Volumen von 1,5 Milliarden Euro. Daraus fördern wir etwa die Umrüstung der öffentlichen Fahrzeuge in den betroffenen Städten. Die Luft in den Städten wird immer sauberer. 

Die Deutsche Umwelthilfe(DHU) hält Fahrverbote nach wie vor für möglich und kritisiert auch die vorgenommene Grenzwerterhöhung. Wie bewerten Sie das Agieren der DUH?

Der EU-Grenzwert gilt weiterhin. Die Politik sollte sich von diesem Verein nicht so treiben lassen. Ich bin im Übrigen dafür, dass die Gemeinnützigkeit der DUH überprüft wird. Es mutet schon seltsam an, wenn der Staat mit Steuermitteln eine Organisation unterstützt, die dann Städte verklagt und Millionen von Pendlern Fahrverbote aufzuerlegen versucht. Auch die DUH lässt völlig außer Acht, was alles schon passiert ist und dass es die Bemühungen um bessere Luft in den Städten schon lange gibt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat erst vor Kurzem in einer Fraktionssitzung gesagt, sie habe als Umweltministerin seinerzeit die ersten Busnachrüstungen in Auftrag gegeben. Angesichts dessen muss man die Kirche auch mal im Dorf lassen. Es fehlt an der Verhältnismäßigkeit – auch bei der Deutschen Umwelthilfe. 

Wenn Sie so optimistisch sind, was die Verhinderung von Fahrverboten angeht: Wozu braucht es dann noch Nachrüstungen der Abgassysteme?

Was die Abschaltsoftware von VW angeht, so sind inzwischen fast 100 Prozent der betroffenen Fahrzeuge auf Kosten der Hersteller umgerüstet worden. Was die SCR-Katalysatoren betrifft, so ist es Aufgabe der Industrie, entsprechende Systeme auf den Markt zu bringen. Man muss sich aber von der Vorstellung lösen, man greift in ein Regal, nimmt den Katalysator, baut ihn ein und alles ist gut. Mit der Nachrüstung sind oftmals erhebliche technische und rechtliche Schwierigkeiten verbunden. 

Also halten Sie nichts von Hardware-Nachrüstungen? 

Wo es Sinn macht, sollte man es tun. Bei zehn Jahre alten Autos ist das aber eher nicht der Fall. 

Was sollen die Besitzer solcher Autos machen?

Es gibt inzwischen attraktive Umtausch- und Kaufangebote. Unser Ziel bleibt es aber, Fahrverbote zu vermeiden. 

Bei sinnvollen Hardware-Nachrüstungen – müssen hier die Hersteller die Kosten übernehmen? 

Eine Verpflichtung zur Kostenübernahme ist nicht möglich, da die Autos korrekt in den Verkehr gebracht wurden. Da sollte man auch keine falschen Erwartungen wecken. Steuergelder für die Nachrüstung aufzubringen, macht aus meiner Sicht ordnungspolitisch keinen Sinn. Es muss über Vereinbarungen mit der Autoindustrie laufen, was ja auch das Ziel von Verkehrsminister Andreas Scheuer war. Die Fahrzeughersteller Daimler und VW haben denn auch die Übernahme der Kosten für eine Hardware-Nachrüstung von Diesel-Pkw bis zu einer Höhe von 3.000 Euro zugesagt. 

Wenn es nun trotz aller Bemühungen doch Fahrverbote geben sollte, müssen diese ja auch überwacht werden. Ist die dazu getroffene Regelung zielführend? 

Der gefundene Kompromiss ist in Ordnung. Die jetzige entschärfte Fassung ist ein gangbarer Weg. 

Die datenschutzrechtlichen Befürchtungen und die Ängste vor einer verstärkten Überwachung teilen Sie also nicht? 

Es gibt nur stichprobenartige Überprüfungen mit mobilen Geräten – also keine Blitzkästen. Die Daten dürfen maximal zwei Wochen gespeichert werden – nicht wie ursprünglich geplant bis zu sechs Monate. Ich glaube schon, dass damit dem Thema Datenschutz ausreichend Rechnung getragen wird. Wissen Sie, ich war unlängst in Österreich. Dort habe ich eine digitale Vignette für sechs Tage erworben. In dieser Zeit wurde ich über mein Fahrzeugkennzeichen, das ich angeben musste, überall, wo ich unterwegs war, kontrolliert. Und das geht jedem Urlauber so.

Die Grünen fordern ja schon seit Langem die Einführung einer Blauen Plakette nach dem Vorbild der Feinstaubplakette, um die Fahrverbote überwachen zu können. Damit wäre die umstrittene Datenerhebung vom Tisch. Warum stellt sich die Union dem entgegen?

Bei einer Plakettenlösung können Sie nur den ruhenden Verkehr überprüfen, für den fließenden Verkehr ist das schwierig. Wer eine Verbotszone durchquert, wird also nicht erfasst. Dadurch treffen Sie dann wieder nur die Pendler, die ihr Auto an der Arbeitsstelle in der Stadt abstellen. 

Was ist mit ausländischen Fahrzeugen, die in den Verbotszonen unterwegs sind. Die sind im Zentralen Fahrzeugregister des Kraftfahrt-Bundesamtes nicht erfasst – es kann also kein Datenabgleich stattfinden. Bleiben sie damit sanktionsfrei?

Das ist in der Tat eine Frage, die noch abschließend zu klären ist. Fahrzeuge ausländischer Fahrzeughalter können nachgerüstet werden. Der Hersteller des Nachrüstsystems kann daraufhin eine ABE-Bestätigung ausstellen, die mitgeführt werden kann. 

Muss eventuell auch bei den Vorgaben zur Aufstellung der Messstationen nachjustiert werden? 

Auf EU-Ebene gibt es in Sachen Vereinheitlichung ganz sicher noch Handlungsbedarf. Was die Messstationen in Deutschland angeht, so finde ich die laufende Überprüfung der Standorte durch den TÜV sehr richtig. Hinter manche Standorte muss man ganz sicher ein Fragezeichen setzen.

(hau/18.03.2019)