Umwelt

Wie der schlechte Zustand der Welt­meere ver­bessert wer­den kann

Die Weltmeere sind in einem schlechten Zustand und beim Schutz der Hohen See besteht noch erheblicher Handlungsbedarf. Unter diesen Prämissen tauschten sich am Mittwoch, 13. Februar 2019, Sachverständige mit Mitgliedern des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit im Rahmen eines öffentlichen Fachgespräches zum Thema „Ocean Governance – Schutz der Weltmeere“ aus. Vertreter von Greenpeace sowie des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS, Potsdam) forderten dabei, die laufenden Verhandlungen zu einem internationalen Schutzabkommen für die Hohe See zu nutzen, um etwa umfassende Schutzgebiete der Hohen See festzulegen. Das Abkommen wird als ein Durchführungsabkommen im Rahmen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen ausgehandelt. Zudem ging es im Fachgespräch unter Leitung von Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) um die Vermüllung der Meere mit Plastik.

„Meere befinden sich in einer historischen Krise“

Für die Umweltschutzorganisation Greenpeace betonte Thilo Maack, dass die Meere sich in einer „historischen Krise“ befänden. Die im Rahmen der Verhandlungen avisierten Schutzgebiete könnten dabei nicht nur beim Wiederaufbau ausgedünnter Fischbestände und bedrohter Lebensräume helfen, sondern auch die Widerstandskraft der Meere gegen den Klimawandel stärken.

Maack begrüßte das von den Vereinten Nationen angestrebte Nachhaltigkeitsziel (Sustainable Development Goal, SDG), bis 2020 zehn Prozent der Meere unter Schutz zu stellen, und stellte sich hinter die Forderung unter anderem der internationalen Naturschutzunion, bis 2030 30 Prozent der Ozeane unter Schutz zu stellen. Die Realität sehe aber anders aus: Nur sechs Prozent des Meeres stünden aktuell unter Schutz, konsequenten Schutz gebe es bei nur zwei Prozent, und im Bereich der Hohen See seien es nur weniger als ein Prozent, kritisierte der Greenpeace-Vertreter.

Die aktuellen Governance-Mechanismen seien „komplett fragmentiert“ und könnten daher nicht funktionieren. In dem Abkommen zum Schutz der Hohen See müssten daher die sektoral fragmentierten Politiken zusammengeführt werden. In der Stellungnahme der Organisation fordert Greenpeace, dass das Abkommen unter anderem über eine „starke institutionelle Struktur“ verfügen müsse. Zudem sollen nach Vorstellungen der Organisation für die Schutzgebiete ein „rechtsverbindliches, globalgültiges System“ geschaffen werden.

„Vorsorgeprinzip in den Vordergrund stellen“

Das Problem der fragmentierten Governance betonte auch Sebastian Unger vom IASS. In Anbetracht der „tiefen Krise“ der Ozeane brauche es dringend eine Überarbeitung. So würden Schifffahrt, Fischerei und Tiefseebergbau aktuell getrennt reguliert, sagte Unger. Mit Blick auf den Tiefseebergbau mahnte der IASS-Vertreter an, das Vorsorgeprinzip in den Vordergrund zu stellen, weil über den Meeresgrund bisher sehr wenig bekannt sei und die Auswirkungen möglicher Eingriffe sich noch nicht abschätzen ließen.

Für die meeresbezogenen Nachhaltigkeitsziele der UN benötige es ebenfalls einen „verlässlichen Umsetzungsrahmen“, denn dabei gehe es auch um die Glaubwürdigkeit der 2030-Agenda, sagte Unger. So seien vier Unterziele des SDG 14 bereits im nächsten Jahr fällig, würden aber voraussichtlich verfehlt, kritisierte der IASS-Vertreter. Mit Blick auf die deutsche Meerespolitik regte Unger an, eine Ozeanstrategie zu entwickeln, um etwa außen-, umwelt- und entwicklungspolitische Aspekte zu bündeln.

„Meeresforschung stärker vernetzen“

Guido Genrich (Auswärtiges Amt) umriss die Ziele der EU und der Bundesrepublik für die laufenden Verhandlungen zu dem Hoheseeschutzabkommen. Demnach sollen etwa Umweltrechtsprinzipien wie Vorsorge und Ökosystem im Seerecht verankert werden. Ziel sei es zudem, moderne Instrumente wie wissenschaftsbasierten Meeresschutz und marine Raumplanung auf globaler Ebene zu etablieren.

Wichtig seien weiterhin eine stärkere Vernetzung der Meeresforschung sowie Kapazitätsaufbau zugunsten bedürftiger Staaten. Die Verhandlungen seien anspruchsvoll und ein „Testfall für multilaterale Problemlösungsbereitschaft unter dem Seerechtsübereinkommen“, sagte Genrich. Die EU trete dabei gerade bei den Fragen zu Schutzgebieten und Standards als „Schrittmacher“ auf.

„Mehr Folien und Leichtverpackungen recyceln“

Michael Ludden, Inhaber der „LM Group“ und Geschäftsführer der „Sutco RecyclingTechnik GmbH“, problematisierte aus Sicht eines Praktikers den Umgang mit Plastikmüll. Um weltweit den Eintrag in Flüsse und Meere zu verringern, müssten vor allem mehr Folien und Leichtverpackungen recycelt werden. Das funktioniere zwar in Deutschland, im Ausland aber häufig nicht, da Recycling nur für einzelne Wertstoffströme, etwa Eisen oder Papier, wirtschaftlich sei.

Für den gemischten Hausmüll sei das aber nicht wirtschaftlich darstellbar. Damit sich so ein System rechne, brauche es Zuschüsse in Form von Gebühren oder Steuern, sagte Ludden. Ohne eine Verwertung dieser Reste würden diese dann häufig in den Flüssen landen. Große Städte an Ufern von Flüssen oder Meeren bräuchten daher „angepasste Kreislaufwirtschaftssysteme“. (scr/13.02.2019)

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Guido Genrich, Auswärtiges Amt
  • Sebastian Unger, Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung e. V. (IASS Potsdam)
  • Dr. Sandra Schöttner, Greenpeace e. V.
  • Michael Ludden, Sutco RecyclingTechnik GmbH