Ausstieg der USA aus INF-Abrüstungsvertrag beschäftigt den Bundestag
Der Ausstieg der USA aus dem INF-Abrüstungsvertrag beschäftigt die Fraktionen im Bundestag. In einer Aktuellen Stunde auf Verlangen der Fraktion Die Linke mit dem Titel „INF-Vertrag bewahren, atomare Aufrüstung in Europa verhindern und US-Atomwaffen aus Deutschland abziehen“ bedauerten am Freitag, 1. Februar 2019, alle sechs Fraktionen diesen Rückzug der USA aus einem für Europas Sicherheit so wichtigen Vertrag. Deutlich wurde allerdings auch, dass die Meinungen, wie sich die Bundesregierung nun positionieren solle, weit auseinandergehen.
Abrüstung nuklearer Mittelstreckensysteme
Mit dem INF-Vertrag (INF steht für Intermediate Range Nuclear Forces, nukleare Mittelstreckensysteme) hatten sich die USA und Russland 1987 darauf verständigt, auf sämtliche nuklear bestückbare Raketen und Flugkörper mit Reichweiten zwischen 500 und 5.550 Kilometern zu verzichten.
Washington wirft Moskau in jüngster Zeit allerdings vor, mit neu entwickelten Raketen gegen den Vertrag zu verstoßen. Russland wiederum sieht unter anderem in US-Abschussanlagen im Zusammenhang mit dem Raketenabwehrschirm in Europa einen Vertragsverstoß.
Linke: Katastrophale Entscheidung Donald Trumps
Sevim Dağdelen (Die Linke) sprach in der Debatte von einer „katastrophalen Entscheidung“ Donald Trumps, die Sicherheit und Frieden in Europa gefährde. Ohne INF-Vertrag falle man zurück in eine Zeit des „atomaren Wahnsinns“ des Wettrüstens. „Was muss dieser rechte US-Präsident noch tun, damit die Bundesregierung ihre blinde Gefolgschaft aufgibt?“
Die Regierung müsse nun klarstellen, dass sie einer weiteren Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland nicht zustimmen wird und sie müsse dafür sorgen, dass die bisher stationierten Waffen abgezogen werden.
CDU/CSU gegen einen „deutschen Alleingang“
Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) wandte sich gegen einen solchen „deutschen Alleingang“: Russland fülle die Arsenale, verweigere den Einblick, und Die Linke wolle, dass die Nato die eigenen Arsenale räumt: „Einseitige Abrüstung hat noch nie zum Frieden geführt.“
Ein Rückzug Deutschlands aus der nuklearen Teilhabe der Nato würde außerdem dafür sorgen, dass die Bedrohungswahrnehmungen bei den östlichen Nachbarn steigen und diese nun ihrerseits eine Stationierung von US-Atomwaffen auf ihrem Territorium anstreben würden.
AfD: Russland hat kein Interesse am Ende des INF-Vertrags
Dr. Robby Schlund (AfD) argumentierte, dass Russland kein Interesse an einem Ende des INF-Vertrages habe: Landgestützte russische Mittelstreckenraketen könnten gerade einmal Teile Alaskas erreichen, aber umgekehrt könnten die USA mit solchen Raketen von US-Militärbasen vielerorts russisches Territorium erreichen.
Nutznießer einer Aufkündigung des INF-Vertrags seien die USA, und der Austritt sei auch eine logische Folge der neuen US-Militärdoktrin. Die Bundesregierung dürfe sich nicht zum „unkritischen Erfüllungsgehilfen der US-Machtpolitik“ machen.
SPD: Europa muss mit einer Stimme sprechen
Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) kritisierte, dass Europa in diesem sich schon länger anbahnenden Konflikt „viel zu stumm“ geblieben sei. Europa müsse in dieser wichtigen Frage mit einer Stimme sprechen.
Dazu gehöre, dass Deutschland als größte Volkswirtschaft und zweitstärkste militärische Kraft der EU Zweifel bei den östlichen Partnern ausräume, auf deren Schutzbedürfnisse eingehe und die Nato-Beistandsklausel ernst nehme, als „Versprechen der Sicherheit unserer Nachbarn“.
FDP warnt vor Illusionen
Alexander Graf Lambsdorff (FDP) warnte davor, sich angesichts der Verschiebungen in der internationalen Sicherheitsarchitektur Illusionen hinzugeben: „Mit dem Ende des Kalten Krieges endete nicht das nukleare Zeitalter.“
ie Bundesregierung verabreiche nur ein Placebo, wenn sie nun von einer „Multilateralisierung“ spreche, also einer Ausdehnung des INF-Regimes auf alle Staaten. China werde einem solchen Abkommen nicht beitreten und übrigens auch nicht Briten und Franzosen. Wenn Europa die Antwort sein solle, dann heiße die Antwort in diesem Falle Nein.
Grüne: Kündigung des INF-Vertrags falsch
Für Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete die Kündigung des INF-Vertrags schon deshalb als falsch, weil Russland nun Mittelstreckenraketen und Marschflugkörper entwickeln und stationieren könne wie es wolle.
Die Aufgabe für die deutsche Politik sei nun, einen Rückfall in den „permanenten Schrecken gegenseitiger Auslöschung“ zu verhindern. Dazu gehöre zum Beispiel, sich für wechselseitige Inspektionen einzusetzen und mehr Mittel für Abrüstung in die Hand zu nehmen. (ahe/01.02.2019)