Kultur und Geschichte

Aus­stellung zu 100 Jahre Frauen­wahl­recht eröffnet

„Es sind deswegen 19 Künstlerinnen, weil es um das Datum der Wahl geht, bei dem Frauen erstmals ein aktives und passives Wahlrecht hatten: den 19. Januar 1919“, erklärt Kristina Volke, eine der Kuratoren der Ausstellung „100 Jahre Frauenwahlrecht – 19+1 Künstlerinnen“ im Bundestag. Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble, der die Ausstellung am Donnerstag, 17. Januar 2019, in der Abgeordnetenlobby des Berliner Reichstagsgebäudes eröffnete, sagte: „Mit der Ausstellung will der Bundestag an die Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren erinnern und den Fokus einmal ausdrücklich auf Künstlerinnen richten.“

Künstlerinnen aus acht Ländern

In Anwesenheit der Künstlerinnen aus Deutschland, Israel, der Ukraine, der Schweiz, Afghanistan, der Türkei, den USA und dem Iran betonte er, dass es Frauen nicht nur in der Politik, sondern auch in Literatur und Kunst lange schwer gehabt hätten. 

„Obwohl doch längst bewiesen ist, dass gute Kunst und Politik keine Fragen des Geschlechts sind“, fügte Schäuble hinzu. „Was uns selbst überrascht hat, war die Bereitschaft der Künstlerinnen, in einem engen Zeitrahmen ein Werk zu schaffen, dass ihren persönlichen Zugang zum Thema ausdrückt“, berichtete Kuratorin Volke. 

Fotografische Arbeiten

Angelehnt an die historische Plakatkampagne in 1918/1919 war den Künstlerinnen nur das Format 80x60 Zentimeter vorgegebenen – in Materialien, Stilen und Botschaften hatten sie freie Hand. Dass neben jüngeren auch weltbekannte Künstlerinnen bereit gewesen seien, ein Werk als „nur eine von 19 Künstlerinnen“ beizusteuern, sei eine besondere Ehre, betonten die Kuratoren.

Von Fotografien aus Demonstrationen für Frauenrechte im Jahr 1974 über eine fotografische Arbeit, die mit Negativ-Positiv arbeitet, um die (Nicht)-Repräsentation von Frauen im Parlament sichtbar zu machen, bis zu verschiedensten Selbstporträts bei denen mit dem Thema Macht- und Kraftverhältnisse gespielt wird, wählten viele Künstlerinnen die Mittel der Fotografie. 

Graphic Novel zum Jubiläum des Frauenwahlrechts

Aber auch Schwarz-Weiß-Zeichnungen, Scherenschnitte, Aquarellgemälde, sowie Siebdruck- und Textarbeiten bereichern die Ausstellung um Unikate und werfen Fragen zum Verhältnis von Mensch und Gesellschaft, Stärke und Zerbrechlichkeit und Vergangenheit und Gegenwart auf. Mehrere Künstlerinnen beschäftigten sich auch mit Originaltexten. Und auch zwischen den Kunstwerken fallen immer wieder Parallelen und Querbezüge auf – ohne dass sich die Künstlerinnen abgesprochen haben.

Das „+1“ der Ausstellung, die 20. Künstlerin, bildet die Schweizerin Serpentina Hagner, die mit eine „Kurze Entstehungsgeschichte einer Selbstverständlichkeit“ eine Graphic Novel zum Jubiläum des Frauenwahlrechts entwickelt und gezeichnet hat. Im harmlos wirkenden Stil einer Bildergeschichte lässt sie die politische Geschichte der Frauenbewegung von 1849 bis zum aktuellen Regierungskabinett über Rahmenerzählungen in Bildern lebendig werden und bindet auch kontroverse Themen ein. Dass Comics längst das Zeug zur „Neunten Kunst“ haben, macht ihre starke Botschaft deutlich: Frauenrechte und Demokratisierung sind untrennbar verbunden.

Sonderführungen für Besucher

Interessierte Besucher können die Werke am 23. Januar, 6. und 27. Februar und am 6. und 27. März 2019 jeweils um 14 Uhr nach vorheriger Anmeldung in Sonderführungen besuchen. Dazu kann man sich per E-Mail unter kunst@bundestag.de anmelden.

Präsentiert werden Werke von Franca Bartholomäi, Anke Feuchtenberger, Sabine Hornig, Franka Hörnschemeyer, Barbara Klemm, Carina Linge, Nikola Röthemeyer, Cornelia Schleime, Katharine Sieverding, Brigitte Waldach (alle Deutschland), Ulla von Brandenburg (Deutschland/Frankreich), Hilla Ben Ari und Zipora Rafaelov (beide Israel), Yevgenia Belorusets (Ukraine), Valérie Favre und Serpentina Hagner (beide Schweiz), Parastou Forouhar (Iran), Jenny Holzer (USA), Azade Köker (Türkei) und Sara Nabil (Afghanistan).

Unterschiedliche Perspektiven auf ein Thema

Der Bundestag gedachte am selben Tag in einer eigenen Feierstunde der Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren. Am 19. Januar 1919 fand mit der Wahl zur Deutschen Nationalversammlung die erste Wahl statt, bei der Frauen in Deutschland aktives und passives Wahlrecht besaßen. Grundlage für diese Änderung des zuvor Männern vorbehaltenen Rechts war das Reichswahlgesetz vom 30. November 1918, das das seit 1848 in Preußen geltende Dreiklassenwahlrecht ersetzte. Bei der ersten deutschen Wahl kandidierten 310 Frauen, 37 von ihnen erhielten ein Abgeordnetenmandat. 

Für den Kunstbeirat des Bundestages war der 100. Jahrestag Anlass, die genannten zeitgenössischen Künstlerinnen um ein Statement zum Thema zu bitten. Die Arbeiten zeigen unterschiedliche Perspektiven auf ein Thema. (lbr/vom/18.01.2019)