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Lindner: Neues Regelwerk für die Einwanderung wird ein Schwerpunkt sein

Christian Lindner (FDP)

Christian Lindner, Vorsitzender der FDP-Fraktion (© DBT/Schüring)

Die Schaffung eines neuen Regelwerks für die Einwanderung wird einer der Schwerpunkte in der Arbeit der FDP-Fraktion im Jahr 2018 sein. Das kündigt der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner an. „Wir sind der festen Überzeugung, dass stärker unterschieden werden muss zwischen dem Grundrecht auf Asyl, dem zeitweisen Schutz für Flüchtlinge und der gesteuerten Fachkräftezuwanderung in den Arbeitsmarkt“, sagt Lindner im Interview. Außerdem wolle die FDP-Fraktion für eine Insolvenzordnung für Staaten eintreten, „bei der Gläubiger und Anleger für die Sanierungskosten aufkommen – und nicht der Europäische Stabilitätsmechanismus mit seinen steuerfinanzierten Nothilfen“. Ihm persönlich sei es ganz wichtig, „das Aufstiegsversprechen unseres Landes zu erneuern“, betont Lindner. Bildung sei – insbesondere in Zeiten des Wandels durch Globalisierung und Digitalisierung – die Grundlage für soziale Sicherheit. Die FDP-Fraktion werde deshalb eine Initiative einbringen, „um die föderale Bildungsverfassung zu reformieren“, sagt der Fraktionsvorsitzende. Das Interview im Wortlaut:


Herr Lindner, was halten Sie für die größte Herausforderung im kommenden Jahr? Welche thematischen Schwerpunkte will Ihre Fraktion 2018 setzen?

Die europäische Idee ist in den vergangenen Jahren unter Druck geraten. Unverändert aber gilt für uns der Satz von Hans-Dietrich Genscher: „Unsere Zukunft ist Europa – wir haben keine andere.“ In Europa gibt es neue Akteure und eine neue Art zu denken. So hat der französische Präsident Emmanuel Macron mit „En Marche“ ein bürgerliches Erneuerungsprogramm auf den Weg gebracht. Deutschland wird darauf antworten müssen. Macrons Vorschläge für eine europäische Verteidigungsgemeinschaft sind beispielsweise bemerkenswert. Über andere Ideen muss dagegen in aller Offenheit gesprochen werden. Ein neuer Hilfsmechanismus für die Eurozone etwa, bei dem Kreditlinien ohne konkrete Programme für Staaten zur Verfügung gestellt werden, weist nicht nach vorne. Wir als Freie Demokraten treten unter anderem für eine Insolvenzordnung für Staaten ein, bei der Gläubiger und Anleger für die Sanierungskosten aufkommen – und nicht der Europäische Stabilitätsmechanismus mit seinen steuerfinanzierten Nothilfen. Außerdem braucht die Eurozone eine Trendwende hin zu Innovationen und Investitionen. Öffentliche Investitionen können hier nur ein Baustein sein. Wir setzen uns auch dafür ein, das Klima für private Investitionen zu verbessern.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit der Fraktion der Freien Demokraten wird ein neues Regelwerk für die Einwanderung sein. Wir sind der festen Überzeugung, dass stärker unterschieden werden muss zwischen dem Grundrecht auf Asyl, dem zeitweisen Schutz für Flüchtlinge und der gesteuerten Fachkräftezuwanderung in den Arbeitsmarkt. Dabei muss ein sogenannter Spurwechsel möglich werden: Wer als Flüchtling kommt, aber sich so gut integriert, dass er unsere Regeln akzeptiert und für seinen Lebensunterhalt sorgen kann, dem wollen wir die Möglichkeit eines dauerhaften Aufenthalts eröffnen, auch wenn der eigentliche Schutzgrund entfallen ist. Umgekehrt sollen Menschen, die sich illegal in unserem Land aufhalten, schneller und konsequenter als bisher in ihre Heimat zurückgeführt werden. Potenzielle dauerhafte Einwanderer wiederum muss sich Deutschland wie jedes andere Einwanderungsland selbst aussuchen können. Dafür brauchen wir ein Einwanderungsgesetz mit einem Punktesystem nach kanadischem Vorbild. Und wir werden weiterhin den Finger in die Wunde legen, wenn der Mitte unserer Gesellschaft trotz Rekordsteuereinnahmen eine spürbare Entlastung verweigert wird.

Welche Ziele werden Sie als Fraktionsvorsitzender verstärkt verfolgen? Gibt es ein Thema, für das Sie sich persönlich besonders einsetzen wollen?

Wichtig ist mir, dass wir das Aufstiegsversprechen unseres Landes erneuern. In Zeiten des Wandels durch Globalisierung und Digitalisierung ist Bildung die Grundlage für soziale Sicherheit. Der Grad des erreichten Bildungsabschlusses hängt in Deutschland aber immer noch zu stark vom familiären Hintergrund ab. Wir stehen im Bildungsbereich vor enormen Aufgaben: Gebäude müssen modernisiert werden, Ganztagsangebote müssen ausgebaut werden, digitale Lernmethoden gehören in die Klassenzimmer, wir brauchen eine Exzellenzinitiative für die berufliche Bildung, die Weiterqualifizierung der Lehrenden muss verbessert werden. Diese Aufgaben werden Länder und Kommunen allein überfordern. Das Kooperationsverbot, das 2006 in das Grundgesetz aufgenommen wurde, war ein Irrtum. Die Fraktion der Freien Demokraten wird deshalb eine Initiative einbringen, um die föderale Bildungsverfassung zu reformieren. Es genügt dabei nicht, dass der Bund den Ländern allein mit mehr Geld unter die Arme greift. Nötig sind mehr gemeinsame Standards und vor allem die Überprüfung durch den Bund, um den Wettbewerb auf Qualität auszurichten und die Mobilität der Menschen zu erleichtern.

(hau/27.12.2017)