Die Bundeswehr beteiligt sich weiterhin an der Ausbildung von Sicherheitskräften und der Armee in Afghanistan. Ein entsprechender Antrag der Bundesregierung (19/21) fand am Dienstag, 12. Dezember 2017, eine Mehrheit im Bundestagsplenum. 458 Abgeordnete stimmten in namentlicher Abstimmung dafür, 198 lehnten den Antrag ab, es gab zwölf Enthaltungen. Der Entscheidung liegen eine Beschlussempfehlung (19/193) und ein Bericht (19/206) des Hauptausschusses zugrunde. Damit können wie bisher bis zu 980 Bundeswehrsoldaten im Rahmen der Nato-Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsmission „Resolute Support“ entsendet werden. Das Mandat ist befristet bis Ende März 2018, die einsatzbedingten Zusatzausgaben belaufen sich demnach auf rund 78,7 Millionen Euro.
CDU/CSU: Anstrengungen dürfen nicht nachlassen
Redner der CDU/CSU, SPD und FDP sprachen sich für eine Verlängerung des Mandates aus. Henning Otte (CDU/CSU) betonte, es sei viel erreicht worden und es gelte, die Erfolge zu festigen.
Die Anstrengungen dürften nicht nachlassen, insbesondere die afghanische Regierung sei aufgefordert, ihr Engagement zu verstärken.
SPD mahnt „realistischen Blick“ an
Niels Annen (SPD) mahnte trotz einiger Erfolge in Afghanistan einen „realistischen Blick“ an. Die Lage im Land sei nicht gut. Annen betonte, dass für die SPD-Fraktion eine Wiederaufnahme eines Kampfeinsatzes nicht infrage käme.
Es brauche aber weiterhin Unterstützung für die afghanische Regierung, da sie weder finanziell noch von Seiten der Ausbildung und des Know-hows her in der Lage sei, für Sicherheit zu sorgen, so Annen.
FDP bekennt sich zum Afghanistan-Engagement
Alexander Graf Lambsdorff (FDP) sagte, seine Fraktion bekenne sich ausdrücklich zum Afghanistan-Engagement der Bundesrepublik. Es brauche aber eine kritische Bestandsaufnahme des Erreichten und Nichterreichten, etwa in Form einer jährlichen Evaluation des Einsatzes.
Forderungen nach einem kurzfristigen Abzug der deutschen Truppen nannte Lambsdorff unverantwortlich gegenüber Partnern und Verbündeten sowie zynisch mit Blick auf die Menschen im Einsatzgebiet der Bundeswehr.
Uneinheitliches Stimmverhalten bei den Grünen
Für Bündnis 90/Die Grünen begründete Dr. Tobias Lindner das uneinheitliche Stimmverhalten seiner Fraktion. Die Fraktion bekenne sich in Gänze zur Verantwortung, die Deutschland in den vergangenen 16 Jahren für Afghanistan übernommen habe. Militär könne aber nur den Rahmen für die zivile Entwicklung des Landes bilden, so Lindner. In diesem Bereich werde nach Ansicht eines Teils der Grünen-Fraktion nicht genug getan, was dazu führe, dass sie dem Mandat nicht zustimmen könnten.
Die zustimmenden Grünen wiederum sähen trotz der Mängel, dass es ein weiteres Engagement im Bereich der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte durch die Bundeswehr brauche, sagte der Grünen-Abgeordnete, der ebenfalls eine regelmäßige Evaluierung forderte.
AfD: Es gibt keine ehrliche Bilanzierung
Redner der AfD und Linken kündigten in ihren Reden jeweils die Ablehnung des Einsatzes durch ihre Fraktionen an. René Springer (AfD) führte als einen Grund dafür den Mangel an Informationen über die Lage in Afghanistan an.
Es gebe keine „ehrliche Bilanzierung“. Wer für den Einsatz stimme, entscheide blind, so Springer. Zudem fehle ein UN-Mandat, und die strategische Ausrichtung des Nato-Einsatzes sei unklar.
Linke gegen Abschiebungen nach Afghanistan
Tobias Pflüger (Die Linke) sagte, es ergebe keinen Sinn, nach Afghanistan Soldaten zu schicken. Die Ausbildung von Soldaten und Polizisten sei kein Teil der Lösung, sondern Teil des Problems, würden doch selbst hochrangige Offiziere der afghanischen Armee militärische Güter an die Taliban verkaufen und andere Polizisten und Soldaten desertieren.
Pflüger betonte zudem, dass seine Fraktion dagegen sei, Menschen nach Afghanistan abzuschieben.
Erfolgskontrolle der Ausbildungs- und Beratungsmaßnahmen
Auftrag der „Resolute Support“-Mission sei es nach wie vor, die afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte zu befähigen, ihrer Sicherheitsverantwortung nachzukommen, heißt es in dem Antrag der Regierung. Dazu sollen sie vorrangig auf der ministeriellen und der nationalen institutionellen Ebene ausgebildet, beraten und unterstützt werden. „Dies schließt unverändert die Erfolgskontrolle der Ausbildungs- und Beratungsmaßnahmen auch unterhalb der Korpsebene einschließlich der Möglichkeit der spezifischen Beratung sowie im Einzelfall die nichtkinetische Unterstützung der afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte mit ein“, schreibt die Bundesregierung.
Außerdem habe die Bundeswehr weiterhin den Auftrag, über die Sicherung des von der Nato eingesetzten Personals hinaus, auch im zivilen Wiederaufbau eingesetztes Personal der internationalen Gemeinschaft im Notfall und in Abstimmung mit der afghanischen Regierung „in der Regel unter Einbindung afghanischer Verteidigungs- und Sicherheitskräfte und mit verfügbaren Kräften und Fähigkeiten“zu unterstützen (sogenannter „in extremis support“).
Mit ihrem fortgesetzten Engagement für Afghanistan wolle die Staatengemeinschaft verhindern, dass von afghanischem Boden wieder eine grenzüberschreitende terroristische Bedrohung ausgehe und die Region destabilisiert werde, schreibt die Bundesregierung. „Voraussetzung dafür ist die Festigung einer Staatlichkeit, die aufgrund effektiver Gewährleistung von Sicherheit, Recht und wirtschaftlicher Entwicklung Legitimität genießt.“
Entschließungsantrag der Linken abgelehnt
Der Bundestag lehnte einen Entschließungsantrag der Linken(19/224) ab, in dem die Fraktion unter anderem gefordert hatte, die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte in Afghanistan zu beenden und die dort stationierten Einheiten vollständig abzuziehen. Zudem solle sich die Bundesregierung für einen Abschiebestopp und eine sichere Aufenthaltsregelung für afghanische Flüchtlinge einsetzen. CDU/CSU, SPD und FDP lehnten die Initiative ab, AfD und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.
Die Linke hatte weiter gefordert, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anzuweisen, keine Widerrufe von Asyl- und Flüchtlingsanerkennungen oder subsidiärem Schutzstatus bei afghanischen Flüchtlingen unter Hinweis auf eine angeblich positiv veränderte Lage oder angeblich sichere Fluchtalternativen im Herkunftsland vorzunehmen. (scr/ahe/eis/12.12.2017)