Parlament

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

Ohne vorherige abschließende Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 13. Dezember 2018, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt.

Abgesetzt: Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes: Von der Tagesordnung abgesetzt hat der Bundestag die abschließende Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur fünften Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (19/5421). Mit der Novellierung will die Bundesregierung Regelungen an geänderte EU-Richtlinien anpassen. Mit einer Ergänzung des Paragraf 7a will sie klarstellen, „dass ein Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängig von der Art seiner Sicherheitsbescheinigung zu umfassender Hilfeleistung verpflichtet ist“, heißt es in dem Entwurf. Die Verpflichtung für Eisenbahnverkehrsunternehmen, eine Sicherheitsbescheinigung zu haben, soll künftig daran anknüpfen, „ob das Unternehmen am Eisenbahnbetrieb auf dem übergeordneten Netz teilnimmt“. Der Begriff „übergeordnetes Netz“ soll in das Allgemeine Eisenbahngesetz eingeführt werden und jene Eisenbahninfrastrukturen umschreiben, für die die europäischen Vorschriften angewendet werden müssen. Der neue Begriff umfasse nach Paragraf 2b Absatz 1 grundsätzlich das gesamte regelspurige Eisenbahnnetz. Ausgenommen vom Anwendungsbereich der Sicherheitsrichtlinie werden sollen „Untergrundbahnen, Straßenbahnen und Stadtbahnfahrzeuge“ sowie Eisenbahnverkehrsunternehmen, die auf funktional getrennten Netzen fahren und die nur zur Personenbeförderung im örtlichen Verkehr, Stadt- oder Vorortverkehr am Eisenbahnbetrieb teilnehmen. Des Weiteren sollen jene Eisenbahnverkehrsunternehmen ausgenommen werden, deren Fahrzeuge auf privaten Eisenbahninfrastrukturen verkehren oder die von ihrem Eigentümer oder Betreiber für den eigenen Güterverkehr oder für die Personenbeförderung zu nichtgewerblichen Zwecken genutzt werden. Mit der Gesetzesänderung reagiert die Bundesregierung auf zwei Vertragsverletzungsverfahren durch die EU-Kommission. Deutschland hatte von den in der ursprünglichen Richtlinie enthaltenen Ausnahmeregelungen für „Regionalbahnen“ und „Regionalbahnsysteme“ in einer Form Gebrauch gemacht, die auf Kritik der EU-Kommission gestoßen war. Die Begriffe „Regionalbahnen“ und „Regionalbahnsysteme“ sind in den aktuellen Richtlinientexten nicht mehr enthalten.

Abgesetzt: Verbesserte Gewährleistungsfristen: Von der Tagesordnung abgesetzt hat der Bundestag die abschließende Beratung eines Antrags von Bündnis 90/Die Grünen (19/6105) für ein besseres Gewährleistungsrecht. Damit Verbraucher die vorgesehene Gewährleistungsfrist auch tatsächlich in Anspruch nehmen können, müsse die Beweislastumkehr an die Länge der Gewährleistungsfrist angepasst werden, fordert die Fraktion. Außerdem müsse die Gewährleistungsfrist bei langlebigen Produkten ihrer technisch möglichen Lebensdauer angemessen sein. Mit Blick auf die von der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament angestrebte Vollharmonisierung der Gewährleistungsrechte, die den Verbraucherschutz nach Meinung der Grünen nicht verbessert, solle der Bundestag die Bundesregierung auffordern, in den Verhandlungen mit der EU die von der EU-Kommission vorgeschlagene Beweislastumkehr von zwei Jahren zu unterstützen, die Vollharmonisierung sowohl der Gewährleistungsfrist als auch der Beweislastumkehr aber abzulehnen, um weitergehende Gewährleistungsfristen weiterhin zu ermöglichen.

Änderung des Umwandlungsgesetzes aufgrund des Brexits: Der Bundestag hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur vierten Änderung des Umwandlungsgesetzes (19/5463, 19/6288) auf der Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (19/6466) in dritter Beratung mit den Stimmen der Regierungskoalition und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDP bei Stimmenthaltung von AfD und Linken angenommen. Ebenfalls wurde gemäß der Beschlussempfehlung eine Entschließung gegen die Stimmen der AfD bei Enthaltung der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Vor dem Hintergrund des Brexits soll das Umwandlungsgesetz unter anderem um Vorschriften über die Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personenhandelsgesellschaften ergänzt werden. Wie es in dem Entwurf heißt, kann sich der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union negativ auf Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft nach britischem Recht auswirken, die ihren Verwaltungssitz in der Bundesrepublik haben. Die Regelungen des Entwurfs sollen den vom Brexit betroffenen Unternehmen eine Umwandlung zum Beispiel in eine Kommanditgesellschaft (KG) ermöglichen, an der sich – je nach Kapitalausstattung der betreffenden Gesellschaft – entweder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder eine Unternehmergesellschaft (UG, haftungsbeschränkt) als persönlich haftender Gesellschafter beteiligen könnte. Darüber hinaus soll eine Übergangsregelung für alle zum Zeitpunkt des Brexits bereits begonnenen Verschmelzungsvorgänge geschaffen werden. Die Bundesregierung hat Änderungswünsche des Bundesrats an dem Gesetzentwurf abgelehnt, wie aus ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates (19/6288) zu dem Gesetzentwurf hervorgeht. Die Regierung sieht keine weitergehenden Möglichkeiten zur Vermeidung einer zeitlich unmittelbar mit dem Brexit verbundenen Haftung von Gesellschaftern einer Limited mit Verwaltungssitz in der Bundesrepublik. Der deutsche Gesetzgeber könne „hohen Kosten in Großbritannien“ ebenso wenig beeinflussen wie die Entscheidungen der dortigen registerführenden Stellen. Zur zweiten Bitte, zu prüfen, ob statt auf die Beurkundung eines Verschmelzungsplanes nicht auf andere, weniger aufwendige Maßnahmen abgestellt werden kann, heißt es, die Bundesregierung sehe keine Notwendigkeit, das Verfahren der grenzüberschreitenden Verschmelzung um zusätzliche Verfahrensschritte zu ergänzen. In der verabschiedeten Entschließung geht der Bundestag unter anderem davon aus, dass die Gesellschaften, deren Verschmelzungsplan rechtzeitig notariell beurkundet wird, bis zum Abschluss des Verschmelzungsverfahrens als fortbestehend gelten. Der Bundestag geht danach weiter davon aus, dass die notwendigen begleitenden steuerrechtlichen Gesetzesänderungen noch vorgenommen werden. Nach ihnen sollten vom Brexit betroffene Gesellschaften, die von den Verschmelzungsmöglichkeiten Gebrauch machen, mindestens bis zum Abschluss des Verschmelzungsverfahrens als Gesellschaften eines EU-Mitgliedstaates behandelt werden.

Einführung direkter EU-Steuern: Der Bundestag hat einen Antrag der AfD-Fraktion (19/2572) mit den Stimmen der Mehrheit des Hauses gegen die AfD abgelehnt, in dem die Bundesregierung aufgefordert werden sollte, gegen eine Einführung von Steuern zu votieren, die direkt von der EU erhoben werden sollen. Mit derartigen EU-Steuern würde das Budgetrecht der nationalen Parlamente unterlaufen, heißt es zur Begründung. Darüber hinaus sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die durch den Austritt Großbritanniens aus der EU fehlenden zwölf bis 14 Milliarden Euro im EU-Haushalt „nur durch Einsparungen, insbesondere beim Kohäsionsfonds, kompensiert werden“. Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hatte dazu eine Beschlussempfehlung (19/6400) vorgelegt.

Beschlüsse zu Petitionen: Der Bundestag stimmte über die Sammelübersichten 145 bis 169 zu Petitionen ab, die beim Bundestag eingegangen sind und die der Petitionsausschuss beraten hat. Zu den Sammelübersichten hatte der Petitionsausschuss Beschlussempfehlungen vorgelegt (19/611519/611619/611719/611819/6119, 19/6120, 19/6121, 19/6122, 19/6123, 19/6124, 19/6125 neu, 19/6126, 19/6442, 19/6443, 19/6444, 19/6445, 19/6446, 19/6447, 19/6448, 19/6449, 19/6450, 19/6451, 19/6452, 19/6453, 19/6454), denen der Bundestag in der Abstimmung folgte.

Arbeitsrechtliche Gleichstellung von Rotkreuzschwestern

Darunter befindet sich auch eine Petition mit der Forderung, der Bundestag möge die arbeitsrechtliche Gleichstellung von Rotkreuzschwestern beschließen. Zur Begründung wird angeführt, dass viele Rotkreuzschwestern über keinen Arbeitsvertrag verfügten. Dies habe weitreichende Folgen, wie etwa jene, dass Rotkreuzschwestern nicht vor Arbeitsgerichten klagen könnten, heißt es in der Petition. Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 28. November 2018 mehrheitlich verabschiedete Beschlussempfehlung sieht nun vor, das Petitionsverfahren abzuschließen. Dem Anliegen der Petition werde durch die geltende Rechtslage bereits weitgehend Rechnung getragen, heißt es in der mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen sowie der FDP-Fraktion verabschiedeten Beschlussvorlage.

In der Begründung verweist der Petitionsausschuss darauf, dass „über das Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft nach der allgemeinen Rechtssystematik grundsätzlich die Arbeitsgerichte entscheiden“. Im Falle der Rotkreuzschwestern habe das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, diese nicht als Arbeitnehmer einzuordnen. Begründet worden sei die Entscheidung damit, dass – entsprechend dem Selbstverständnis der Rotkreuzschwestern – diese ihre Tätigkeit nicht auf Grundlage eines Arbeitsvertrages, sondern der Mitgliedschaft in einer Schwesternschaft erbringen würden. Aus Sicht des BAG werden dadurch „zwingende arbeitsrechtliche Schutzvorschriften nicht umgangen“.

Regelungen zur Rechtsstellung der Rotkreuzschwestern

Die Rechtsstellung der Rotkreuzschwestern sei in den Satzungen der jeweiligen Schwesternschaft sowie der gemeinsamen Mitgliederordnung geregelt. Darin fänden sich Entsprechungen zu den für das Arbeitsverhältnis charakteristischen individuellen Ansprüchen und Schutzbestimmungen wie zum Beispiel Regelungen zur Vergütung, zum Urlaub, zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, zu Mutterschaft und Elternzeit sowie zum Ausschluss aus der Schwesternschaft. Für die Gestellung von Mitgliedern einer Schwesternschaft des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) – etwa zur Arbeit in einem vertraglich mit dem DRK verbundenen Krankenhaus – gelte das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) „mit Ausnahme der Regelungen zur Überlassungshöchstdauer“ (18 Monate), heißt es in der Beschlussempfehlung.

Der Gesetzgeber habe sich dafür entschieden, um den Erhalt der DRK-Schwesternschaft und die Einsatzfähigkeit der Rotkreuzschwestern für gesetzliche und humanitäre Aufgaben des DRK sicherzustellen und zugleich die Rotkreuzschwestern weitestgehend unter den ausdrücklichen Schutz des AÜG zu stellen, schreiben die Abgeordneten. Letzteres beträfe insbesondere die Regelungen zu Equal Pay sowie die mit der letzten Änderung des AÜG eingeführten Regelungen zur ausdrücklichen und vorherigen Offenlegung von Arbeitnehmerüberlassung und zum Verbot des Streikbrechereinsatzes. (hau/vst/eis/13.12.2018)