Breite Unterstützung für Globalen Migrationspakt im Bundestag
Die Mehrheit der Bundestagsfraktionen verteidigt den Globalen Migrationspakt (GCM), den die Vereinten Nationen Anfang Dezember in Marokko auf den Weg bringen wollen. Gegen die massive Kritik der AfD unterstützen Union, SPD, FDP, Linke und Grüne die Unterzeichnung des rechtlich nicht bindenden Abkommens durch die Bundesregierung. Die Staaten vereinbaren darin, in der Migrationspolitik enger zusammenzuarbeiten und globale Standards im Umgang mit Migranten durchzusetzen. Die AfD lehnt den Pakt ab und fordert die Bundesregierung auf, ihm nicht beizutreten. Einen entsprechenden Antrag (19/5530) überwies das Plenum am Donnerstag, 8. November 2018, zur weiteren Beratung an den Auswärtigen Ausschuss.
Die übrigen Fraktionen warfen der AfD Falschmeldungen und einen „Propagandafeldzug“ vor. FDP und Bündnis 90/Die Grünen legten Anträge vor, in denen sie die Bundesregierung bestärken, dem Pakt zuzustimmen. Auch diese Vorlagen wurden an den Auswärtigen Ausschuss überweisen. Der Antrag der Grünen fordert die „Umsetzung des Global Compact for Migration – Globale Standards für die Rechte von Migrantinnen und Migranten stärken“ (19/5547). Die FDP fordert einen Entwurf eines Einwanderungsgesetzes von der Regierung (19/5534). Die Anträge wurden zur weiteren Beratung in den Innenausschuss überwiesen.
AfD warnt vor Einwanderung in die Sozialsysteme
AfD-Fraktionschef Dr. Alexander Gauland warnte in der hitzigen Debatte vor einer „Einwanderung in die Sozialsysteme“ und einer „Preisgabe von Souveränität“ als Folge des Abkommens.
Millionen von Menschen aus Krisenregionen würden durch den Pakt „angestiftet, sich auf den Weg zu machen“, aus einem Nationalstaat werde ein „Siedlungsgebiet“. Für seine Aussagen wurde Gauland fraktionsübergreifend kritisiert.
CDU/CSU: Standards im Umgang mit Migranten angleichen
Für die Union entgegnete Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU), es sei in deutschem Interesse, die Standards im Umgang mit Migranten, etwa bei der Gesundheits- und Grundversorgung, weltweit anzugleichen.
Der Pakt schaffe damit die Voraussetzungen, dass sich weniger Menschen auf den Weg nach Deutschland machen. „Wir werden die Herausforderungen der Migration nur mit einem internationalen Ansatz bewältigen können“, sagte der CDU-Politiker.
FDP kritisiert mangelnde Aufklärung über den Pakt
Für die FDP betonte auch Nordrhein-Westfalens Minister für Flüchtlinge und Integration, Dr. Joachim Stamp (FDP), wenn andere Staaten sich den in hierzulande bereits geltenden Standards im Umgang mit Migranten annähern würden, sinke der Migrationsdruck auf Deutschland. Es gehe darum, die Einwanderung zu ordnen und illegale Migration zu bekämpfen.
Der Bundesregierung warf Stamp indes mangelnde Aufklärung über den Migrationspakt vor. „Sie haben zu lange geschwiegen und damit überhaupt erst die Voraussetzungen für den Propagandafeldzug der Verschwörungstheoretiker ermöglicht.“
Grüne: Migrationspakt ist ein Meilenstein
Ähnlich äußerten sich Grüne und Linke. Die Bundesregierung habe es versäumt, „eigene, leicht verständliche Informationen zu dem Migrationspakt frühzeitig anzubieten“, sagte die Abgeordnete Filiz Polat (Bündnis 90/Die Grünen). Dabei sei dieser ein „Meilenstein“, weil er klare und faire Leitlinien für Migrationsbewegungen schaffe und die Rechte von Migranten, insbesondere die von Frauen und Kindern, stärke und schütze.
Filiz forderte die Bundesregierung auf, den Pakt konsequent und zügig umzusetzen und dessen Standards in dem Einwanderungsgesetz, das die Koalition noch in diesem Jahr vorlegen will, zu verankern.
Linke: Schäbige Angstkampagne der AfD
Die Bundesregierung habe mit ihrer Informationspolitik den Boden für eine „schäbige Angstkampagne“ der AfD mitbereitet, kritisierte auch die Linken-Abgeordnete Sevim Dağdelen.
Sie betonte, ihre Fraktion habe die Verhandlungen über den Migrationspakt von Anfang an begrüßt. Jedoch würden in dem Abkommen entscheidende Fluchtursachen wie Freihandel und Rüstungsexporte ausgeklammert.
SPD: Probleme international lösen
Christoph Matschie (SPD) warf der AfD vor, Lügen zu verbreiten. Es gehe genau nicht darum, Migration Tür und Tor zu öffnen, sondern sie besser zu regulieren. „Wir brauchen einen offenen und ehrlichen Umgang mit dem Thema Migration“, forderte der SPD-Politiker. Die Probleme ließen sich nur international lösen.
Union und SPD kündigten an, noch in diesem Monat einen eigenen Antrag zum Globalen Migrationspakt vorzulegen.
Unter der Ägide der Vereinten Nationen
Der GCM (Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration, zu deutsch: Globaler Vertrag für sichere, geordnete und geregelte Migration) soll die erste globale, zwischen Regierungen unter der Ägide der Vereinten Nationen ausgehandelte Übereinkunft zur Abdeckung aller Aspekte internationaler Migration werden.
Der Entwicklungsprozess des Abkommens begann im April 2017. Auf einer von der Generalversammlung der Vereinten Nationen veranstalteten Regierungskonferenz im Dezember 2018 könnte der Vertrag gemäß Arbeitsplan verabschiedet werden.
Antrag der AfD
In ihrem ersten Antrag (19/5530) fordert die AfD die Bundesregierung auf, globalen Migrationspakt nicht beizutreten, dem Dokument nicht zuzustimmen und sich gegen jede Beteiligung der EU-Institutionen an diesem Dokument auszusprechen.
Zudem solle die Regierung auf der Versammlung zur Annahme des Migrationspaktes eine schriftliche Protestnote gegen die zur Annahme bestimmte Fassung hinterlegen. Darin solle klargestellt werden, dass Deutschland sich als „permanent objector“ im Sinne möglichen künftigen Völkergewohnheitsrechts versteht.
Antrag der FDP
Die FDP fordert von der Regierung, den Entwurf eines Einwanderungsgesetzes vorzulegen, um sichere, geordnete und regelgebundene Migration zu gestalten. Umgehend solle sie einen Migrationsgipfel von Bund, Ländern und Kommunen einberufen, um praktische Probleme bei der Abschiebung von ausreisepflichtigen Ausländern zu erörtern.
Gegenüber den Herkunftsstaaten solle die Regierung auf deren politische Zusagen zur Rückführung eigener Staatsangehörigen pochen und auf die Ausstellung von Passersatzpapieren hinwirken. In der EU und besonders gegenüber Österreich solle die Regierung dafür werben, dem UN-Migrationspakt zuzustimmen, damit die EU international mit einer Stimme spreche.
Antrag der Grünen
Die Grünen fordern die Bundesregierung auf, Anfang Dezember 2018 in Marrakesch für die Annahme des globalen Migrationspaktes und auch des globalen Paktes für Flüchtlinge zu stimmen und bei der Umsetzung eine führende und verlässliche Rolle einzunehmen. Dabei sei besonders auf Familien- und Kinderschutzbelange zu achten.
In der Unterzeichnung der beiden Abkommen sehen die Grünen jedoch nur den ersten wichtigen Schritt. Die Vertragsstaaten müssten umgehend mit der Umsetzung beginnen. Nur dann könnten die Rechte von Migrantinnen und Migranten sowie Geflüchteten, die in den beiden Pakten niedergelegt sind, ihre Wirkung entfalten. (sas/vom/08.11.2018)