Kontroverse über die Digitalstrategie der Regierung
Der Deutsche Bundestag hat im Vorfeld am Mittwoch, 28. November 2018, des Digital-Gipfels 2018 am 3. und 4. Dezember in Nürnberg auf Antrag der Koalitionsfraktionen zu einer Aktuellen Stunde zusammengefunden. Dabei kritisierten Redner der Opposition die aus ihrer Sicht fehlende Digitalstrategie der Bundesregierung. Breiten Raum in der Debatte nahm die anstehende Versteigerung der 5G-Frequenzen ein.
Staatsministerin: Wir wollen 5G-Leitmarkt werden
Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin für Digitales, äußerte ihre Freude über den anstehenden Digital-Gipfel, der „sicherlich ein Highlight wird“. Was das Thema 5G angeht, so machte Bär eine „kommunikative Verwirrung“ aus. Es gebe in der Bundesregierung zu dem Thema keinen Streit, betonte sie. „Wir wollen nach wie vor 5G-Leitmarkt werden, und wir wollen natürlich flächendeckend 5G“, stellte die Staatsministerin klar.
Dabei werde auch der ländliche Raum nicht vergessen. Es würden Frequenzen „exklusiv für innovative Industrieanwendungen zur Verfügung gestellt“. Das sei wichtig für die „hidden Champions“, die bundesweit großartigen kleinen und mittelständischen Unternehmen, sagte Bär.
AfD rügt „permanenten Ankündigungsmodus“
Es sei höchste Zeit, dass sich im Bereich der Digitalisierung etwa bewegt, sagte Uwe Schulz (AfD). Bisher habe sich die Bundesregierung in einem „permanenten Ankündigungsmodus“ befunden. „Daher schneidet Deutschland in den internationalen Vergleichen zu Innovation und Digitalisierung nicht gut ab“, sagte Schulz. In vielen Ländern habe man verstanden, dass Digitalisierung viel mehr ist, als das Einscannen alter Familienfotos. Digitalisierung sei dort eine Geisteshaltung, „um die Bürger auf das Neue vorzubereiten, um sie mitzunehmen“.
In Deutschland hingegen glaubten einige, man könne die Digitalisierung nach Belieben anhalten oder einfach mal entschleunigen, etwa dann, „wenn man es nicht schafft, die notwendigen Rahmenbedingungen zu setzen“, bemängelte der AfD-Abgeordnete.
SPD: Digitale Zukunft erfolgreich zu gestalten
Aus Sicht von Dr. Jens Zimmermann (SPD) ist die Bundesregierung in Sachen 5G-Lizenzvergabe „nicht auf dem schlechtesten Weg“. Wenn die einen sagten, das sei immer noch nicht genug und die Netzprovider klagten, das sei alles viel zu viel, eigentlich müssten sie jetzt noch Geld bekommen, damit sie ausbauen, dann zeige das: „Was die Austarierung angeht, sind wir ganz gut unterwegs.“
Zimmermann warnte davor, zu denken, der digitale Strukturwandel sei einfach zu bewerkstelligen. „Es ist entscheidend und es ist wichtig, dass wir diese Ängste, die es auch gibt, ernst nehmen“, forderte er. Die Koalition sei aber auf einem guten Weg, „die digitale Zukunft in Deutschland erfolgreich zu gestalten“.
FDP bemängelt schlechte Netzabdeckung
Bezugnehmend auf den anstehenden Digital-Gipfel sagte Manuel Höferlin (FDP): „Wir haben mehr Gipfel als die Schweiz, aber schlechtere Netzabdeckung als Rumänien.“ So könne das aber nicht bleiben, forderte er. Der Koalitionsvertrag und die verschiedenen Digitalisierungspapiere der Bundesregierung stellen aus Sicht des Liberalen „hervorragende Problemanalysen“ dar. Es mangle aber an Konsequenzen daraus und an der Umsetzung einer Strategie, „die koordiniert quer durch alle Gebiete läuft“.
Mit Blick auf 5G sagte Höferlin, bei der aktuellen 5G-Versteigerung rede man gar nicht über Flächendeckung, sondern über hochbreitbandige Netze in Zentren. Es gebe aber derzeit keinen Plan, „wie wir die 5G-Netze in die Fläche bekommen“, kritisierte er.
Linke moniert fehlende Gesamtstrategie
Für Anke Domscheit-Berg (Die Linke) ist das größte Problem, „dass der Strategie der Bundesregierung keine Vision zugrunde liegt, welche Art digitaler Gesellschaft sie damit eigentlich erreichen möchte“. Genau genommen fehle aber selbst die Strategie, fügte sie hinzu. Das zeige sich auch bei 5G. Da es keine Gesamtstrategie gehe, gebe es auch kein nationales Roaming, mit dem auch Netze anderen Anbieter genutzt werden könnten, bemängelte sie.
Die Bundesregierung erkläre zwar, Deutschland zum Leitmarkt für 5G machen zu wollen, „aber nennt wie die Bundesnetzagentur in ihren 5G-Versteigerungskriterien nicht ein einziges Ziel, bis wann und wo sie eine 5G-Versorgung erreichen will“ Mit dieser „Nichtstrategie“ werde die Bundesregierung Deutschland genauso zum 5G-Leitmarkt machen, wie sie das beim Glasfaserausbau geschafft hat – „also gar nicht“, urteilte Domscheit-Berg.
Grüne: Digitalisierung ambitionierter gestalten
Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen) warnte: „Wenn wir die Digitalisierung nicht deutlich ambitionierter gestalten, dann werden wir von ihr gestaltet.“ Dieser Problematik müsse man sich ernsthaft stellen.
Das Energiesystem smarter machen, die Mobilität intelligenter steuern, im ländlichen Raum neue Geschäftsmodelle in die Fläche bringen, damit die Menschen auf ihr Zweitauto verzichten können, wären aus Sicht des Grünenabgeordneten Elemente einer Digitalisierungsstrategie, die die Menschen mitnimmt. Eine solche Strategie habe die Bundesregierung aber nicht, kritisierte er.
CDU/CSU: Die Landwirtschaft macht es vor
Maik Beermann (CDU/CSU) nannte die Digitalisierung der Landwirtschaft ein wichtiges und spannendes Thema. Während noch über Industrie 4.0 und viele andere Dinge geredet worden sei, „hat es die Landwirtschaft einfach gemacht“, sagte der Unionsabgeordnete.
Jetzt komme man aber an den Punkt, wo der Staat mitgestalten müsse. „Ich habe mir die Digitalisierungsstrategie der Bundesregierung genau angeschaut und finde gut was dort zur digitalisierten Landwirtschaft steht“, gab er sich optimistisch. (hau/29.11.2018)