Minister Andreas Scheuer will Verkehrsträger besser vernetzen
Während der Debatte über den Etat des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur im Rahmen der Beratungen des Haushaltsgesetzes 2019 (19/3400) am Dienstag, 11. September 2018, übten die Oppositionsfraktionen massive Kritik an der Verkehrs- und Digitalpolitik der Bundesregierung. Die AfD-Fraktion warnte davor, aus „ideologischen Gründen“ Milliarden aus dem Fenster zu werfen. Die FDP-Fraktion kritisierte den fehlenden Mittelabfluss. Grünen- und Linksfraktion bemängelten die Bevorzugung von Investitionen in die Straßen gegenüber Investitionen in Schienen und Wasserstraßen. Kritik an der Bundesregierung gab es auch von Seiten der SPD-Fraktion für die „Blockade der Union bei den technischen Nachrüstungen von Dieselfahrzeugen“.
Minister: Priorität für die Schiene
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) betonte hingegen, mit den zur Verfügung stehenden 17 Milliarden Euro an Investitionen gelte es Verbesserungen in allen Bereichen zu erzielen. Wichtig sei es, die Verkehrsträger besser zu vernetzen, sagte Scheuer bei der Vorstellungen des Verkehrsetats.
Die Mobilität in Deutschland sei einzigartig in der Welt, sagte der Minister. Sein Ziel sei es, sowohl die Straße als auch die Schiene und den Schiffsverkehr „verkehrsübergreifend und mit einem ganzheitlichen Blick“ zu stärken. Es gelte die Schnittstellenproblematik im vernetzten Verkehr anzugehen. Scheuer kündigte zugleich an, die Chancen der Digitalisierung nutzen zu wollen. „Wir wollen mobil und digital verbinden“, sagte der CSU-Politiker. Es gebe bei ihm eine Priorität für die Schiene. „Wir wollen Lust und Leidenschaft für das Bahnfahren entwickeln.“ Die für diesen Bereich geplanten 5,6 Milliarden Euro seien eine gute Botschaft, befand er.
Vollzug gebe es aber auch beim Thema saubere Luft zu vermelden. Nahezu 97 Prozent der verpflichtenden Rückrufe von Dieselfahrzeugen seien abgearbeitet. Jetzt gehe es darum, die zugesagten freiwilligen Software-Updates bis Jahresende umzusetzen. Mit 107 Millionen Euro bei den Dieselbussen gehe man auch in die Hardware-Nachrüstungen, sagte der Verkehrsminister. „Das macht wirklich Sinn“, urteilte er.
AfD: Billionen aus dem Fenster geworfen
Wolfgang Wiehle (AfD) sagte, die Verkehrspolitik sei ein entscheidender Faktor für das tägliche Leben und die wirtschaftliche Zukunft in Deutschland. Gerade deshalb müsse die Verkehrspolitik mit gesundem Menschenverstand weiterentwickelt werden und dürfe nicht zum Spielball von Ideologien werden, forderte der AfD-Abgeordnete.
Das Gerede von einer Verkehrswende komme aber aus der Ecke „grüner Ideologen“. Wenn es dann noch von der Bundeskanzlerin übernommen werde, „müssen die Alarmglocken schrillen“, befand Wiehle. Schon bei der „sogenannten Energiewende“ seien volkswirtschaftliche Mittel in Billionenhöhe „über unsere Köpfe hinweg aus dem Fenster hinausgeworfen“ worden.
SPD: Koalition will Fahrverbote verhindern
Sören Bartol (SPD) machte deutlich, dass Union und SPD Fahrverbote verhindern wollten. Daher sei das Sofortprogramm „Saubere Luft“ im Umfang von einer Milliarde Euro aufgelegt worden. Das Verkehrsministerium müsse – gemeinsam mit den Kommunen vor Ort – nun dafür sorgen, dass die Gelder dort schneller ankommen und Wirkung entfalten können, forderte Bartol. Es sei jedoch auch festzustellen, dass über ein „zentrales Instrument“ zur Verhinderung von Fahrverboten aufgrund der Blockade der Union innerhalb der Bundesregierung nicht entschieden werde.
Es gehe dabei um eine von den Herstellern zu bezahlende regionale Nachrüstung von Dieselfahrern, die von Verboten betroffen sind. Wenn die Bundeskanzlerin nicht in der Lage sei, die abwartende Haltung des Verkehrsministers zu überwinden, sei die SPD-Fraktion – „gemeinsam mit dem Koalitionspartner“ – bereit, einen Antrag einzubringen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, gegenüber der Industrie eine technische Nachrüstung durchzusetzen, kündigte er an.
FDP: Minister setzt auf eine Mammutbehörde
Christoph Meyer (FDP) kritisierte, das vorhandene Geld werde nicht verbaut. „Es gelingt Ihnen nicht, die Mittel schnell auf die Straße oder auf die Schiene zu bekommen“, sagte er an den Verkehrsminister gewandt. Auch mit der geplanten Infrastrukturgesellschaft sei da leider keine Besserung zu erwarten, so Meyer. Statt auf eine schlanke, smarte Lösung setze der Minister auf eine Mammutbehörde.
„Es steht zu erwarten, dass nach dem Jahr 2018 die Ausgabenreste noch weiter aufgewachsen sind“, sagte der FDP-Abgeordnete. Im Bereich der digitalen Infrastruktur werde schon jetzt ein Berg von knapp einer Milliarde Euro an nicht abgeflossenen Mitteln vor sich hingeschoben. „Der Minister kündigt an – effektiv kommt dabei aber nichts rum“, befand Meyer.
Linke bemängelt falsche Schwerpunkte
Victor Perli (Die Linke) bemängelte die falsche Schwerpunktsetzung durch den Verkehrsetat. In Schiene und Wasserwege müsse viel mehr investiert werden, forderte er. Ebenso wie in den Nahverkehr und in sichere Fahrradwege. Ein Vollversagen sei in der Bahnpolitik zu verzeichnen, so Perli.
„Hören Sie auf, die Bahn auf Verschleiß zu fahren“, forderte der Linken-Abgeordnete. Kein Verständnis zeigte er für das Vorhaben, auch künftig die Lkw-Maut durch einen privaten Betreiber zu organisieren. „Das Lkw-Mautsystem muss von der öffentlichen Hand betrieben werden“, verlangte Perli.
Grüne: Klimapolitische Geisterfahrt
Von einer „fortgesetzten klimapolitischen Geisterfahrt“ sprach Stephan Kühn (Bündnis 90/Die Grünen mit Blick auf den Haushalt. Mit dem vorgelegten Straßenbauetat würden jegliche Ambitionen für den Klimaschutz konterkariert. „Das ist Verkehrspolitik aus dem letzten Jahrhundert“, sagte Kühn. Der Grünen-Abgeordnete wies dem Verkehrsminister die politische Verantwortung für die Fahrverbote zu, weil er die Hardware-Nachrüstung für ältere Dieselfahrzeuge blockiere.
Das von der Bundesregierung aufgelegte Sofortprogramm „Saubere Luft“ nannte Kühn „einen Tropfen auf den heißen Stein“, das das Geld in der Bürokratie steckenbleibe. Über die Förderrichtlinie Elektromobilität aus diesem Programm sei bislang genau ein Fahrzeug beschafft worden. „Es ist beschämend, wie diese Bundesregierung das Thema Elektromobilität vergeigt“, urteilte der Grünen-Abgeordnete.
CDU/CSU richtet Blick in die Zukunft
Dr. Christoph Ploß (CDU/CSU) richtete den Blick in die Zukunft. Im Jahr 2030 oder 2040 würden Lkw autonom auf den Straßen unterwegs sein und die Menschen sich mit Flugtaxis fortbewegen. Die Autos würden elektrisch oder mit Gas betrieben und auch die Schiffen würden deutlich weniger Schadstoffe ausstoßen.
Die Luft, so Ploß, werde sauberer und der Lärm deutlich geringer sein, „wenn wir als verantwortliche Politiker im Deutschen Bundestag dafür jetzt die Grundlagen mit dem nächsten Bundeshaushalt schaffen“.
Gut 17 Milliarden Euro für Investitionen
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) soll den Planungen zufolge 29,03 Milliarden Euro (2018: 27,85 Milliarden Euro) ausgeben dürfen. Mehr als die Hälfte des Geldes (17,08 Milliarden Euro) ist für Investitionen eingeplant. Damit ist der Einzelplan 12 der größte Investitionshaushalt des Bundes.
Auf der anderen Seite stehen 8,22 Milliarden Euro an geplanten Einnahmen durch die Lkw-Maut. Die Vorlage soll nach den bis Freitag, 14. September 2018, andauernden Beratungen sämtlicher Einzelpläne des Bundes an den Haushaltsausschuss überwiesen werden
Straßen und Schienen
Die Ausgaben für die Bundesfernstraßen summieren sich auf 10,97 Milliarden Euro (2018: 9,26 Milliarden Euro), von denen 9,32 Milliarden Euro für den Bau, die Erhaltung und den Betrieb der Bundesfernstraßen (Bundesautobahnen und Bundesstraßen) vorgesehen sind (2018: 7,68 Milliarden Euro).
Für die Bundesschienenwege sollen 5,64 Milliarden Euro ausgegeben werden können (2018: 5,45 Milliarden Euro). Davon entfallen 1,65 Milliarden Euro auf Baukostenzuschüsse für Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes (2018: 1,59 Milliarden Euro) und 3,5 Milliarden Euro auf den Infrastrukturbeitrag des Bundes für die Erhaltung der Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes (2018: 3,5 Milliarden Euro).
Bundeswasserstraßen und Digitalisierung
1,28 Milliarden Euro sieht der Etatentwurf für die Bundeswasserstraßen vor (2018: 1,2 Milliarden Euro), darunter 568,66 Millionen Euro für Ersatz-, Aus- und Neubaumaßnahmen (2018: 523,43 Millionen Euro).
Für den Bereich Digitale Infrastruktur enthält der Etatentwurf Ausgaben in Höhe von 319,69 Millionen Euro (2018: 132,29 Millionen Euro). Davon sind 231 Millionen Euro für Maßnahmen zur Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme eingeplant (2018: 54 Millionen Euro). (hau/11.09.2018)