Svenja Schulze sieht Schwerpunkte bei Forschung und Klimaschutz
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) kann im Jahr 2019 mit Ausgaben in Höhe von 2,27 Milliarden Euro (2018: 1,98 Milliarden Euro) planen. Das geht aus dem im Regierungsentwurf für den Haushalt 2019 (19/3400, 19/3401) enthaltenen Einzelplan 16 hervor, über den der Bundestag am Dienstag, 11. September 2018, beraten hat. Um rund 15 Prozent wächst der Haushalt des Bundesumweltministeriums im kommenden Jahr. Das begrüßten die Parlamentarier grundsätzlich. Die Umweltpolitiker der Oppositionsfraktionen machten allerdings deutlich, dass sie andere Schwerpunkte bei der Verwendung des Geldes setzen wollen.
Ministerin: Umweltpolitik muss versöhnen
Die Ministerin sagte in ihrer Rede, in politisch aufgeladenen Zeiten müsse deutlich werden, dass Umweltpolitik angesichts der bereits erzielten Erfolge „Mut machen“ müsse. Sie könne sich auf „verlässliche wissenschaftliche Fakten“ stützen und genieße im Regierungshandeln hohe Priorität. Schulze nannte als Schwerpunkt für die kommenden Monate die Forschung, den internationalen Klimaschutz, den Schutz der Artenvielfalt und den geplanten Wildnisfonds. Mit dem Haushalt, der nach jetzigem Stand 2,27 Milliarden Euro für das Umweltministerium vorsieht, sei ihr Haus in der Lage, sich den Herausforderungen zu stellen.
Schulze kündigte einen Aktionsplan gegen das Insektensterben an, zudem seien der Atomausstieg und die Digitalisierung weiter wichtige Schwerpunkte. Umweltpolitik müsse einerseits „Treiberin von Fortschritt und Innovation“ sein, müsse aber gleichzeitig soziale und ökonomische Konsequenzen „mitdenken“. Sie müsse versöhnen und dürfe „nicht spalten“. Das wichtige Themenfeld des Klimaschutzes, dessen Bedeutung erst dieser Jahrhundertsommer wieder unterstrichen habe, müsse in Ausgleich mit sozialen Anliegen gedacht werden, sei aber gleichzeitig auch ein Bereich, in dem Arbeitsplätze entstünden.
CDU/CSU: Bei Klimazielen soziale Folgen mitdenken
Für die Unionsfraktion betonte Marie-Luise Dött, dieser Sommer sei mit seinen immensen Problemen etwa für Landwirte, Schiffer und Kraftwerksbetreiber ein Signal dafür, dass man in der Klimapolitik „nicht nachlassen“ dürfe. Mit Blick auf den Ausstieg aus der Braunkohle sage sie jedoch, dass dieser nicht ohne den Blick auf die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen geschehen dürfe. Dass man bei der Erfüllung der Klimaziele auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Deutschland mitdenken müsse, spiele etwa bei den Grünen offenbar keine Rolle.
Wichtig sei es für die Zukunft, insbesondere im Bereich der Kreislaufwirtschaft, weitere Erfolge zu erzielen: Es sei bereits gelungen, die Entsorgungskosten zu einem Teil der Produktionskosten zu machen, nun müsse es darum gehen, dafür zu sorgen, dass die Recyclingmaterialien besser genutzt würden. Dött kündigte auch an, es müsse künftig stärker als bisher um Maßnahmen zur Vorsorge gegen die Folgen des Klimawandels gehen: zum Beispiel ein besseres Wassermanagement der Flüsse oder der Einsatz klimaresistenter Pflanzen sowie die Reaktion auf Extremwetterlagen mit Starkregen und Sturm.
SPD: Klimaschutz ist Politik für Menschen und Industrie
In Richtung des Koalitionspartners sagte der SPD-Abgeordnete Dr. Matthias Miersch, es sei ein „falscher Blickwinkel“, wenn Klimaschutz als Politik gegen die Interessen der Menschen oder der Industrie betrachtet werde. Vielmehr sei er Politik in ihrem Sinne.
Mit Blick auf den Kohleausstieg sagte Miersch, es solle ein anderer Weg als beim Atomausstieg beschritten werden, der heute noch von „maßgeblichen Kräften im Parlament“ abgelehnt werde. Vielmehr müssten alle Beteiligten an den Tisch geholt werden, um einen Konsens zu finden. Er stimme seiner Parteivorsitzenden Andrea Nahles zu, dass beim Kohleausstieg die betroffenen Regionen „nicht im Stich gelassen“ werden dürften.
AfD: Sinnhaftigkeit der Klimapolitik auf den Prüfstand
Der AfD-Umweltpolitiker Martin Hohmann nannte den Aufwuchs des Umweltetats „in Teilen“ sehr wünschenswert; vor allem da, wo es um die biologische Vielfalt und den Wildnisfonds gehe. Er sei aber sehr skeptisch, wenn Geld in die Biodiversität im Ausland fließen solle; hier müsse die „Sinnhaftigkeit“ der Klimapolitik „auf den Prüfstand“.
Hohmann kritisierte zudem die geplanten Sperrzonen für Dieselfahrzeuge. Unter dieser nachträglichen staatlichen Regeländerung würden die Bürger leiden, die sich im Vertrauen auf die Rechtssicherheit Dieselfahrzeuge gekauft hätten. Hohmann forderte die Ministerin auf, sich für eine Veränderung der entsprechenden Grenzwerte einzusetzen.
FDP will effizientere Programme
Kritik am Programm der Ministerin äußerten auch die Liberalen: So sagte Ulla Ihnen, Schulze betreibe „die Politik des ,Weiter so'“ der alten Regierung; sie verheddere sich in ineffizienten und sich überschneidenden Förderprogrammen und solle endlich den „Förderdschungel“ lichten und etwas gegen den „katastrophalen Mittelabfluss“ tun.
Ihnen forderte die Ministerin zudem auf, sich dafür einzusetzen, dass der europäische Emissionshandel endlich zu einem funktionierenden und gerechten System werde.
Linke: Mehr Klimaschutz braucht mehr Geld
Für die Fraktion Die Linke sagte Heidrun Bluhm, Schulze verfolge im Bereich der Dieselaffäre die richtige Politik gegenüber der Automobilwirtschaft. Sie solle sich weiterhin für eine Nachrüstung der entsprechenden Hardware zulasten der Konzerne einsetzen; es dürfe nicht sein, dass Bürger neue Fahrzeuge kaufen müssten und die Unternehmen für ihren Betrug „zum zweiten Mal belohnt“ würden.
Kritisch sehe ihre Fraktion aber, dass die Mittel für die nationale Klimaschutz-Initiative und die internationale Zusammenarbeit gekürzt würden: Mehr Klimaschutz brauche „mehr Geld“.
Grüne: „Klüngelei“ mit Automobilwirtschaft beenden
Der Grünen-Abgeordnete Sven-Christian Kindler sagte, der Klimaschutz sei „das Menschheitsthema dieses Jahrhunderts“. Weil der allergrößte Teil des Aufwuchses im Etat mit der Zwischen- und Endlagerung des Atommülls in „Altlasten“ gehe, rechne die Koalition die Zahlen schön. Gleichzeitig würden zudem Milliarden für klimaschädliche Politik ausgegeben.
Kindler forderte in seiner Rede ein Ende des Dieselprivilegs; diese Technologie sei verantwortlich für die schlechte Luft in den Städten. Die „Klüngelei“ mit der Automobilindustrie müsse aufhören.
56,46 Millionen Euro für Nationale Klimaschutzinitiative
Im Bereich des Umweltschutzes sieht die Etatplanung 60,27 Millionen Euro für den Titel „Forschungen, Untersuchungen und Ähnliches“ vor (2018: 56,37 Millionen Euro). 56,46 Millionen Euro sind für die Nationale Klimaschutzinitiative eingeplant (2018: 65,4 Millionen Euro).
Ausgaben in Höhe von 578,39 Millionen Euro (2018: 452,22 Millionen Euro) sind für Endlagerung und Standortauswahlverfahren vorgesehen. Dem stehen geplante „Einnahmen für die Zwischenlagerung und Endlagerung radioaktiver Abfälle“ in Höhe von 765,37 Millionen Euro (2018: 577,04 Millionen Euro) gegenüber. (suk/11.09.2018)