Der Bundestag hat am Donnerstag, 21. Februar 2019, für eine Neufassung des Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches gestimmt. In namentlicher Abstimmung votierten 371 Abgeordnete für den Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch (19/7693): Dagegen stimmten 277 Parlamentarier und vier enthielten sich. Mit der Mehrheit von 460 Nein-Stimmen gegen 184 Ja-Stimmen bei sechs Enthaltungen lehnten die Abgeordneten eine Vorlage der Fraktion Die Linke zur Änderung des Strafgesetzbuches (Aufhebung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche) (19/93) ab.
Ebenfalls abgelehnt wurde ein Entwurf von Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Strafgesetzbuches – Aufhebung von Paragraf 219a StGB (19/630) mit 458 Nein-Stimmen bei 185 Ja-Stimmen und fünf Enthaltungen. Ein Antrag der FDP (19/6425), den Paragrafen 219a unverzüglich zu streichen und Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zuzulassen, wurde mit der Mehrheit von CDU/CSU, SPD, AfD gegen die Stimmen der Linksfraktion, FDP und Grünen zurückgewiesen. Den Abstimmungen zugrunde lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (19/7965).
Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen
Mit dem Gesetz wird Paragraf 219a des Strafgesetzbuches in einem neuen Absatz 4 um einen weiteren Ausnahmetatbestand ergänzt. Danach dürfen Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen zukünftig auch öffentlich ohne Risiko der Strafverfolgung darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Sie sollen darüber hinaus weitere Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch durch Hinweis – insbesondere durch Verlinkung in ihrem Internetauftritt – auf entsprechende Informationsangebote neutraler Stellen, die im Gesetz ausdrücklich benannt werden, zugänglich machen dürfen.
Außerdem soll durch eine Änderung im Schwangerschaftskonfliktgesetz sichergestellt werden, dass es zukünftig eine von der Bundesärztekammer zentral geführte Liste mit Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenhäusern und Einrichtungen gibt, die mitgeteilt haben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des Paragrafen 218 Absatz 1 bis 3 des Strafgesetzbuches vornehmen. Diese Liste enthält auch Angaben über die dabei jeweils angewendeten Methoden.
Die Bundesärztekammer aktualisiert diese Liste monatlich und veröffentlicht sie im Internet. Die Liste wird auch durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit weiteren Informationen veröffentlicht. Der bundesweit zentrale Notruf nach Paragraf 1 Absatz 5 Satz 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (Hilfetelefon „Schwangere in Not“) sowie die Schwangerschaftsberatungsstellen und -konfliktberatungsstellen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz erteilen Auskunft über die in der Liste enthaltenen Angaben.
Linke will Paragrafen ersatzlos streichen
Laut dem Gesetzentwurf der Linken macht sich nach Paragraf 219a des Strafgesetzbuches strafbar, wer „des Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise“ die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs anbietet. Aufgrund des Paragrafen sei jüngst eine Ärztin in Gießen zu einer Geldstrafe verurteilt worden, so die Fraktion.
Nach ihrer Ansicht besteht seit der Reform des Abtreibungsparagrafen 218 im Jahr 1976 „die widersprüchliche Rechtslage, dass Ärztinnen und Ärzte zwar unter den in Paragraf 218 StGB geregelten Bedingungen Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, jedoch diese Leistung nicht öffentlich anbieten dürfen“. Um diesen Widerspruch aufzulösen, müsse Paragraf 219a ersatzlos gestrichen werden.
Grüne wollen sachliche Information ermöglichen
Die Grünen wollten mit ihrem Gesetzentwurf Ärztinnen und Ärzten ermöglichen, umfassende sachliche Informationen über legale Schwangerschaftsabbrüche öffentlich zugänglich zu machen und potenzielle Patientinnen darauf hinzuweisen, dass sie derartige Abbrüche vornehmen. Die Gesetzesänderung sei zwingend erforderlich, um Straffreiheit für Ärztinnen und Ärzte zu gewährleisten und Patientinnen Zugang zu Informationen und eine freie Arztwahl zu ermöglichen.
Die Fraktion wollte den Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches daher aufheben und Werbung für Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren. Da das Berufsordnungsrecht der Ärzte anpreisende Werbung untersage, bleibe empfehlende oder lobende Werbung für Schwangerschaftsabbrüche durch Ärztinnen und Ärzte auch in Zukunft unzulässig, betonten die Abgeordneten.
FDP fordert Streichung des Paragrafen 219a
Die Fraktion forderte die Bundesregierung in ihrem Antrag auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Streichung dieser Vorschrift vorsieht. Paragraf 219a ist überschrieben mit „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“. Darin heißt es, wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, werde mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Dies gilt dem Paragrafen zufolge nicht, wenn Ärzte oder aufgrund Gesetzes anerkannte Beratungsstellen darüber unterrichtet werden, welche Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch unter den Voraussetzungen des Paragrafen 218a Absätze 1 bis 3 des Strafgesetzbuches vorzunehmen. Es gelte auch nicht, wenn die Tat gegenüber Ärzten oder Personen, die zum Handel mit den erwähnten Mitteln oder Gegenständen befugt sind, oder durch eine Veröffentlichung in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachblättern begangen werde.
Verhütungsmittel-Anträge abgelehnt
Darüber hinaus hat der Bundestag den Antrag der Linken (19/2699), Verhütungsmittel kostenfrei zur Verfügung zu stellen, bei Enthaltung der Grünen mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen abgelehnt. Ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (19/2514), der selbstbestimmte Familienplanung und den kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln für Menschen mit geringem Einkommen ermöglichen soll, wurde in namentlicher Abstimmung bei 523 Nein-Stimmen gegen 65 Ja-Stimmen bei 64 Enthaltungen abgelehnt. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (19/7858) zugrunde.
Die Linke wollte verschreibungspflichtige Verhütungsmittel und operative Eingriffe ohne Alters- und Indikationseinschränkung in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen aufnehmen. Die Bundesregierung sollte aufgefordert werden, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der auch wirksame, nicht verschreibungspflichtige Verhütungsmittel erstattungsfähig macht.
Nach Ansicht der Grünen muss für alle, unabhängig von Einkommen und Wohnort, ein selbstbestimmter Zugang zu zuverlässigen, qualitativ hochwertigen und individuell passenden Verhütungsmitteln gewährleistet werden. Daher sei eine bundeseinheitliche Regelung notwendig, die für Empfängerinnen und Empfänger von Transferleistungen den kostenlosen Zugang zu ärztlich verordneten Verhütungsmitteln ihrer Wahl garantiert. (vom/sas/21.02.2019)