Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 28. Juni 2018, eine Reihe von Vorlagen zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überweisen:
Europäisches Forstinstitut in Bonn: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (19/2858) vorgelegt, der die Finanzierung einer Niederlassung des Europäischen Forstinstituts (EFI) in Bonn auf eine gesetzliche Grundlage stellt. Das Abkommen vom 7. Dezember 2017 zwischen der Regierung und dem EFI über die Errichtung eines Büros in der Bundesrepublik soll eine gesicherte rechtliche Grundlage bilden. Darüber hinaus sollen die Rechte und Befugnisse des Instituts sowie seines Personals und der Delegationen seiner Mitglieder in Deutschland geregelt werden. Die Bundesregierung verpflichtet sich darin, in den nächsten zehn Jahren die Grundfinanzierung für das Büro von jährlich 250.000 Euro bereitzustellen. Außerdem sollen die Miet- und Unterhaltskosten für die Liegenschaft von rund 125.000 Euro jährlich sowie eine Sekretariatskostenpauschale von bis zu 50.000 Euro jährlich für das Büro übernommen werden. Das Land Nordrhein-Westfalen habe sich zudem verpflichtet, zu den Ausgaben der Herrichtung der anzumietenden Räumlichkeiten in Bonn einen finanziellen Beitrag in Höhe von bis zu 40.000 Euro zu leisten. Das EFI hat seinen Hauptsitz in Finnland und arbeitet das Forschungswissens in Europa im Bereich Wald und Umwelt für die Mitgliedstaaten und die europäischen Entscheidungsträger auf. Es ist eine internationale Organisation mit 26 Mitgliedsländern. Das EFI unterhält mehrere Büros in ganz Europa. Der Entwurf wurde an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen.
Markenrechtsmodernisierungsgesetz: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2015/2436 vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (19/2898) vorgelegt. Durch dieses Markenrechtsmodernisierungsgesetz sollen die Eintragung, Verwaltung und der Schutz von Marken erleichtert werden. Zudem solle Rechtssicherheit in Bezug auf den Schutzumfang von Markenrechten gewährleistet und der Zugang zum Markenschutz erleichtert werden. Die Vorlage wurde an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen.
Strukturausgleichsfonds für Namibia: Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung in einem Antrag (19/1256) auf, der Regierung in Namibia die Einrichtung eines „Strukturausgleichsfonds“ vorzuschlagen. Mit dessen Hilfe sollten die aus der deutschen Kolonialzeit resultierenden strukturellen Benachteiligungen der indigenen Bevölkerung vor allem im Hinblick auf die Landfrage und die unzureichende Infrastruktur ausgeglichen werden. Die Bundesregierung solle sich ohne Vorbehalte „zur Schuld des Deutschen Kaiserreichs für den Völkermord in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika bekennen und der daraus resultierenden Verantwortung und Verpflichtung umfassend nachkommen“, heißt es darin weiter. Es habe mit der kolonialen Unterdrückung und Vernichtung der indigenen Bevölkerungsgruppen der Herero und Nama schwere Schuld auf sich geladen. Die Befehle des Generalleutnants Lothar von Trotha vom 2. Oktober 1904 gegen die Herero und vom 22. April 1905 gegen die Nama belegten ebenso wie die praktische Kriegsführung der deutschen Kolonialtruppen eindeutig einen Vernichtungsvorsatz. Zwischen 1904 und 1908 waren bis zu 80 Prozent der Herero und mehr als die Hälfte der Nama während der Aufstände im heutigen Namibia getötet worden. Im Juni 2014 begann die Bundesregierung mit dem Ziel der Versöhnung einen Dialogprozess mit der Regierung in Namibia. Der Antrag wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung überwiesen.
Zinssatz für Nachzahlungszinsen: Die FDP-Fraktion fordert in einem Antrag (19/2579), den von den Finanzbehörden erhobenen Zins bei Steuernachzahlungen zu senken. Die Abgeordneten verweisen in der Vorlage auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs, in dem schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel bezüglich der Nachzahlungszinsen von 0,5 Prozent für jeden vollen Monat (sechs Prozent pro Jahr) erhoben worden seien. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreite den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität beträchtlich, da sich ein niedriges Marktzinsniveau strukturell und nachhaltig verfestigt habe, schreibt die FDP-Fraktion unter Berufung auf das Urteil. Der Richterspruch mache deutlich, dass der seit 50 Jahren bestehende Zinssatz von sechs Prozent im Jahr in Zeiten von langandauernden Niedrigzinsen unverhältnismäßig und eine ungerechte Behandlung der Steuerzahler sei. Eine Absenkung sei geboten, so die FDP-Fraktion, die die Regierung zu einer Prüfung auffordert, ob der Zinssatz an einen Referenzzinssatz gekoppelt werden kann. Der Antrag wurde zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss überwiesen.
Rudi-Dutschke-Stipendium für kritische Sozialwissenschaften: Die Fraktion Die Linke fordert die Bundesregierung in einem Antrag (19/2591) auf, die Voraussetzungen für die Einrichtung eines Rudi-Dutschke-Stipendiums zu schaffen Das Erbe von 1968 sei trotz aller Kritik und Ambivalenzen weiterhin Inspiration für viele, die sich für eine menschenwürdige Gesellschaftsordnung, Gleichberechtigung, soziale Gerechtigkeit, Frieden und den Erhalt der natürlichen Grundlagen des Lebens einsetzen und sollte in diesem Sinne lebendig gehalten werden, schreibt die Fraktion. Das Rudi-Dutschke-Stipendium solle Studenten und Promovierende in sozialwissenschaftlichen Fächern fördern, die als Schwerpunkt ihrer Ausbildung und Forschung emanzipatorische und kritische Theorieansätze verfolgen. Das Rudi-Dutschke-Stipendium solle sie dabei unterstützen, durch ihr wissenschaftliches Arbeiten und ihr gesellschaftliches Engagement positive Beiträge gegen alle Formen des Chauvinismus, von Unterdrückung und Ausbeutung sowie ideologischer und gesellschaftlicher Ausgrenzung und Abschottung zu leisten. Die Stipendien sollen vollständig aus Mitteln des Bundes finanziert werden. Der Antrag wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen.
Ausbildung und Studium für Asylbewerber: Die FDP-Fraktion will Asylbewerbern Ausbildung und Studium ermöglichen und dazu eine „Förderlücke“ Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) schließen. Ihr Antrag (19/2691) zielt darauf ab, sich mit den Ländern über eine bundesweit einheitliche Anwendung der Härtefallregelung in Paragraf 22 Absatz 1 Satz 2 SGB XII zu verständigen und im Herbst 2018 einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Förderlücke schließt. Nach Angaben der Fraktion haben Geflüchtete, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland Anspruch auf Grundleistungen für den Lebensunterhalt, auch während eines Studiums oder einer Ausbildung. Nach 15 Monaten greife allerdings der Leistungsausschluss nach Paragraf 22 SGB XII. Eine Studiums- oder Ausbildungsfinanzierung über BAföG sei ausgeschlossen. Durch den ersatzlosen Wegfall der Unterstützung könnten diese Geflüchteten ihren Lebensunterhalt während einer Ausbildung oder eines Studiums nicht mehr sicherstellen, was einer erfolgreichen Integration zuwiderlaufe. Der Antrag wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.
Krise in Kamerun: An den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur federführenden Beratung wurde ein Antrag der FDP (19/2997) überwiesen, Prävention ernst zu nehmen und die Krise in Kamerun einzudämmen. Die Bundesregierung solle sich um eine Lösung des Konflikts zwischen der anglophonen Minderheit und der Zentralregierung gemeinsam mit den europäischen Partnern und dem Europäischen Auswärtigen Dienst bemühen.
Für Meinungsfreiheit und gegen Upload-Filter: Die FDP-Fraktion hat einen Antrag (19/3002) vorgelegt, der eine Stellungnahme der Bundesregierung in EU-Angelegenheiten zum Ziel hat. Die Bundesregierung soll sich nach dem Willen der Fraktion in Brüssel zur Meinungsfreiheit und gegen Upload-Filter bekennen, vor allem zur Position im Koalitionsvertrag, wonach eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden Inhalten zu filtern, als unverhältnismäßig abgelehnt werde. Die Koalitionsfraktionen wollten den Antrag zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überweisen, die FDP wollte über ihn namentlich abstimmen lassen. Nach einer Abstimmung im Hammelsprung-Verfahren sprachen sich 332 Abgeordnete für die Überweisung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz aus, die somit beschlossen wurde, während 264 Abgeordnete für die Abstimmung votierten. (vom/28.06.2018)