Zuspruch und Mängelrügen für Svenja Schulzes Umweltetat
Mit dem Etatentwurf für die Umweltpolitik setze sie „die richtigen Signale“. Davon gab sich die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Svenja Schulze (SPD), am Dienstag, 15. Mai 2018, bei der Haushaltsdebatte im Bundestag zum Etat ihres Ministeriums (19/1700, Einzelplan 16) überzeugt. Die einstige Vision, der Himmel über der Ruhr müsse wieder blau werden, sei ja Wirklichkeit geworden. Nun müssten die Visionen von heute Realität werden bei Klimaschutz, Artenvielfalt, intakter Umwelt von Luft über Wasser bis zum Boden.
Ministerin will „Teilzeitheilige in Sachen Umweltschutz“
Umweltschutz dürfe einerseits „kein Eliteprojekt“ sein von Leuten, die den Zeigefinger heben. Andererseits dürfe die Masse der Bevölkerung den Umweltschutz nicht auf eine Minderheit abwälzen. Alle Bürger sollten „Teilzeitheilige in Sachen Umweltschutz“ werden.
Nicht etwa Unternehmensstilllegungen, sondern erfolgreiche Technologien hätten dazu beigetragen, dass der Himmel über der Ruhr wieder blau geworden sei. Solche Innovationen seien weiterhin bedeutend, wenn es um Deutschlands Zukunftssicherheit gehe. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung werde mit „guter Regionalentwicklung“ einhergehen. Schulze kündigte an, dass Aktionsprogramm gegen das Artensterben werde zügig angegangen. „Ich bin für Fluglärm“, meinte sie – nämlich von Insekten über den Wiesen.
AfD: Fehlinvestitionen und Ressourcenverschwendung
Für Martin Hohmann (AfD) zeugt der Haushaltsentwurf für das Umweltministerium von „Fehlinvestitionen und Ressourcenverschwendung“. Die falsche Politik der Vergangenheit werde „durch Fortsetzung nicht richtig“. Der Klimawandel sei „nicht ungewöhnlich“. Über die Erdzeit hinweg habe es nie ein konstantes Klima gegeben. Kohlendioxid sei zudem kein Schadstoff, sondern lebenswichtig für Pflanzen.
Hohmann kritisierte, dass die Stromkunden mit Milliardensummen den Atomausstieg finanzieren müssten. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) müsse „ganz abgeschafft“ werden Er gab sich überzeugt: „Wir brauchen Atomkraft als Brückentechnologie.“ Mit der Windenergie müsse „Schluss“ sein, weil die Landschaft zerstört werde.
CDU/CSU: Genehmigungsverfahren dauern zu lange
Marie-Luise Dött (CDU/CSU) hob hervor, dass es nicht nur im Etatentwurf des Umweltministeriums mit seinen knapp zwei Milliarden Euro um Umweltschutz gehe, sondern im gesamten Haushaltsentwurf der Regierung über neun Milliarden Euro vorgesehen seien: „Das ist gut angelegtes Geld.“ Sie lobte, dass deutsche Firmen „technologisch führend“ seien bei der Sammlung und Verwertung von Abfällen.
Jetzt komme es darauf, wie das Recycling-Material noch besser für neue Produkte genutzt werden könne. Sie machte sich für einen Bürokratieabbau auch in der Umweltpolitik stark. Zwar gebe es etwa im Bereich der Energieeffizienz ein „gutes Klima für Investitionen“. Doch die Genehmigungsverfahren dauerten zu lange.
FDP: Keine „Umweltpolitik aus einer Hand“
Ulla Ihnen (FDP) zeigte sich „bitter enttäuscht“ über den Etatentwurf. Es handle sich um ein „Weiter-so der bisherigen Politik ohne eigene Ideen und Akzente“. Sie kündigte an, dass ihre Fraktion bei den Haushaltsberatungen insbesondere zur End- und Zwischenlagerung atomarer Abfälle noch „viele Nachfragen“ stellen werde. Sie rief Schulze auf, dafür zu sorgen, dass die Fördermittel ihres Ministeriums auch wirklich abgerufen werden – nicht so „katastrophal“ wie in der Vergangenheit. Das sei wichtiger als noch neue Fördermöglichkeiten zu eröffnen.
Ihnen kritisierte, dass die Bundesregierung keine „Umweltpolitik aus einer Hand“ betreibe, sondern „jedes Haus sein eigenes Süppchen kocht“. Nachdrücklich fragte sie Schulze: „Was ist bei Ihnen mit der Digitalisierung?“
Linke: Strategie gegen Insektsterben fehlt
Heidrun Bluhm (Die Linke) unterstützte die von Schulze angekündigten Aktivitäten von Klimaschutz bis Artenschutz. Allerdings sei das Ministerium zu klein und werde mit den im Etatentwurf vorgesehenen zwei Milliarden Euro auch zu wenig Geld haben. Überdies vermisste Bluhm eine „konsequente Linie“. Sie machte sich stark für einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr. Sie beklagte, es fehle eine „umfassende Strategie gegen das Insektensterben“.
Sie hoffe dass Schulze und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) Erfolg hätten bei der Einschränkung von Pestiziden. Allein Glyphosat ins Auge zu fassen, reiche nicht aus. Die dafür zur Verfügung stehenden Mittel sollten aufgestockt werden.
Grüne vermissen konkrete Aussagen
Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) prangerte an, dass Schulze über Visionen geredet habe. Sie erwarte „Regierungshandeln und keine Märchenstunde“, meinte Lemke. Die Ministerin habe zur Lösung der von ihr angesprochenen Probleme „keine einzige konkrete Aussage“ gemacht. Im Übrigen sei der wieder blaue Himmel über der Ruhr „wegen der Gesetzgebung auf Bundesebene“ entstanden, nämlich dem Bundes-Immissionsschutzgesetz.
Lemke betonte, dass sich der größte Teil des Etatplans des Umweltministeriums auf den Umgang mit dem Atommüll beziehe. Sollte die Ministerin „weiter schwadronieren“, werde sie in den Grünen eine „sehr, sehr harte Opposition“ finden.
SPD: Gute Nachrichten für die Umwelt
Carsten Träger (SPD) befand, Schulze habe mit ihrem Haushaltsentwurf „schon Vieles erreicht“. Das seien „gute Nachrichten für die Umwelt“. Er strich heraus, dass die Bekämpfung des Artensterbens „ganz oben auf der Agenda“ stehe: „Nach den Insekten sterben die Singvögel.“ Kritischen Vorrednern in der Debatte hielt er vor: „Vorwürfe reichen nicht, Vorschläge wären besser gewesen.“ Er wolle Landwirte fördern, die den Artenschutz im Blick haben.
Träger verteidigte es, dass der Etatentwurf auch Förderung von Klimaschutzprojekten im Ausland vorsieht: „Deutschland bleibt ein verlässlicher Partner in der globalen Klimaschutzpolitik.“ Bei den bevorstehenden Beratungen in der Strukturkonferenz über ein Datum für den Ausstieg aus der Kohleverstromung werde auch beachtet: „Kein Kumpel wird ins Bergfreie fallen.“
Weniger Ausgaben aufgrund geänderter Zuständigkeiten
Die Regierung plant in ihrem Haushaltsentwurf für 2018 (19/1700) für dieses Ressort Ausgaben in Höhe von 1,97 Milliarden Euro. Das sind 3,65 Milliarden Euro weniger als 2017, als es noch 5,62 Milliarden Euro waren. Der Rückgang ist darauf zurückzuführen, dass der Bereich Wohnungsbau und Stadtentwicklung, der in der vergangenen Wahlperiode beim Umweltministerium angesiedelt war, nun im Haushalt des Ministeriums für Inneres, Bau und Heimat zu finden ist.
Von den Ausgaben entfallen 1,23 Milliarden Euro auf Investitionen (2017: 3,92 Milliarden Euro). Für den Klimaschutz sind 527,98 Millionen Euro vorgesehen (2017: 477,98 Millionen Euro), davon 436,83 Millionen Euro für Investitionen zum Schutz des Klimas und der Biodiversität im Ausland (2017: 386,83 Millionen Euro) und 65,4 Millionen Euro für die nationale Klimaschutzinitiative (2017: 65,2 Millionen Euro). Die Ausgaben für den Umweltschutz belaufen sich auf 151,98 Millionen Euro (2017: 148,51 Millionen Euro).
Endlagerung und Standortauswahlverfahren
Die Zwischenlagerung und Endlagerung radioaktiver Abfälle schlägt im Etatentwurf mit 770,56 Millionen Euro zu Buche, denen Einnahmen von 583,59 Millionen Euro gegenüberstehen. Davon entfallen 452,22 Millionen Euro auf Endlagerung und Standortauswahlverfahren (Projekt Schacht Konrad in Niedersachsen 249,2 Millionen Euro, Stilllegung der Schachtanlage Asse in Niedersachsen 109,4 Millionen Euro, Stilllegung des Endlagers für radioaktive Abfälle Morsleben in Sachsen-Anhalt 49,8 Millionen Euro, Standortauswahlverfahren 24,98 Millionen Euro, Projekt Gorleben in Niedersachsen zehn Millionen Euro sowie weitere Ausgaben von 8,85 Millionen Euro).
Die Einnahmen resultieren daher, dass Kernkraftwerksbetreiber die Kosten für das Standortauswahlverfahren und die Endlagerung einschließlich der späteren Stilllegung der Endlager tragen müssen. Auch die bei den Abfallverursachern bis zur Ablieferung an ein Endlager oder eine Landessammelstelle anfallenden Kosten, etwa für die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle, werden von den Abfallverursachern getragen. Bis zur Erhebung von Beiträgen für die Planung und Errichtung von Endlagern werden die Kosten vor allem über Vorausleistungen finanziert, die das Bundesumweltministerium auf zu entrichtende kostendeckende Beiträge erhebt.
Nachgeordnete Behörden
Von den nachgeordneten Behörden entfallen auf das Umweltbundesamt Ausgaben von 124,27 Millionen Euro (2017: 124,07 Millionen Euro), auf das Bundesamt für Strahlenschutz 65,46 Millionen Euro (2017: 75,87 Millionen Euro), auf das Bundesamt für Naturschutz 34,23 Millionen Euro (2017: 32,39 Millionen Euro) und auf das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit, das am 1. September 2014 seine Tätigkeit aufnahm und sich in der ersten Aufbauphase befindet, 27,11 Millionen Euro (2017: 463,04 Millionen Euro). (fla/sas/vom/15.05.2018)