Opposition hält Auswärtiges Amt für unterfinanziert
Liberale, Linke und Grüne halten mit Blick auf die weltweiten Konflikte und die damit verbundenen diplomatischen und humanitären Herausforderungen das Auswärtige Amt in den Planungen für die nächsten Jahre für unterfinanziert. In der Debatte zum Haushalt des Auswärtigen Amtes für das Jahr 2018 (19/1700, Einzelplan 05) sahen am Mittwoch, 16. Mai 2018, aber auch Vertreter der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD in diesem Punkt noch „Diskussionsbedarf“. In eine ganz andere Richtung ging die Kritik der AfD-Fraktion, die eine aus ihrer Sicht mangelnde Transparenz bei den Mitteln für die politischen Stiftungen aus dem Haushalt des Auswärtigen Amtes beklagte.
Minister: Fundamentaler Umbruch der Weltordnung
Außenminister Heiko Maas (SPD) sprach von einem fundamentalen Umbruch „in der uns vertrauten Weltordnung“, wenn die Prinzipien des Multilateralismus und des Völkerrechts infrage gestellt würden. Es gebe Versuche, von außen Keile in das europäische Gefüge zu treiben, von China, Russland „und leider auch der USA“. Es müsse deshalb gehen, dass die EU „mit einer Stimme“ für eine regelbasierte internationale Ordnung eintrete. „Europa muss in diesem Moment Lücken schließen, die andere aufreißen, auch solche, von denen wir nie dachten, dass sie diese Lücken aufreißen.“
Maas kündigte an, dass die Bundesregierung gemeinsam mit Großbritannien, Frankreich und der EU am Atomabkommen mit dem Iran festhalten werde. Die Nichtverbreitung von Nuklearwaffen sei „unser eigenes unmittelbares Sicherheitsinteresse“. Es sei besser, ein Abkommen zu haben, bei dem mehr Kontrolle iranischer Aufrüstungsambitionen wünschenswert wäre, „als keines und überhaupt nicht zu wissen, wohin die Reise geht“.
AfD kritisiert Zuwendungen an politische Stiftungen
Birgit Malsack-Winkemann (AfD) kritisierte, dass im Haushaltsentwurf von einer echten parlamentarischen Kontrolle keine Rede sein könne. Durch Deckungsvermerke für zahlreiche Titel könne die Regierung Mittel hin und her schieben wie sie wolle. Das Auswärtige Amt habe geradezu einen „Deckungskreislauf“ entwickelt, mit dem fast die Hälfte des Gesamtetats der konkreten Kontrolle des Bundestages entzogen sei.
Kritik übte Malsack-Winkemann außerdem an den Zuwendungen für die politischen Stiftungen mit ihren zahlreichen Auslandsbüros: So unterhielten die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung und die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung insgesamt rund 180 Büros im Ausland und damit mehr Einrichtungen als das Auswärtige Amt mit seinen 153 Botschaften.
CDU/CSU: Europa hat klar Vorfahrt
Jürgen Hardt (CDU/CSU) warnte, dass die regelbasierte internationale Ordnung heute in beispielloser Weise herausgefordert sei. Zu den Entwicklungen, die das Vertrauen der Völkergemeinschaft in gemeinsame Regeln erschüttert hätten, gehöre etwa der Bruch des Budapester Memorandums und der Charta von Paris durch die Annexion der Krim durch Russland im Jahre 2014, aber auch das „Vom-Tisch-Wischen unterschriebener Verträge“ durch US-Präsident Donald Trump, sei es beim Pariser Klimaabkommen, in der Zollpolitik und nun beim Atomabkommen mit dem Iran.
Die einzig wirksame Antwort auf diese Verschiebungen bezeichnete Hardt als „europäischen Imperativ“: Die Maxime müsse sein, die EU-Mitglieder „beisammenzuhalten“ und stets eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu suchen: „Europa hat hier klar Vorfahrt.“
FDP sieht Substanz des Auswärtigen Dienstes bedroht
Michael Georg Link (FDP) kritisierte, dass die Substanz des Auswärtigen Dienstes zu bröckeln drohe. Deutschland übernehme 2020 die EU-Ratspräsidentschaft und werde womöglich für zwei Jahre einen Sitz im UN-Sicherheitsrat haben, der Haushalt treffe dafür aber keine Vorkehrungen. Es sei ein Fehler, wenn die „Diplomatie gerade dann unter den Tisch fällt“, wenn Deutschland außenpolitisch gefragt sei.
Es müsse zudem darum gehen, im Sinne eines vernetzten Ansatzes Außen-, Entwicklungs- und Verteidigungspolitik enger zu verzahnen. Im Augenblick habe man aber den Eindruck, dass sich die Ressorts „auf den Füßen stehen“ und nur der am meisten Mittel bekomme, der am lautesten rufe.
Linke: Außenpolitische Konzepte überdenken
Michael Leutert (Die Linke) kritisierte, dass das Auswärtige Amt laut mittelfristiger Finanzplanung Kürzungen hinnehmen solle. Mit Blick auf die großen Konflikte in Syrien, im Irak, in der Ukraine und mit Blick auf Millionen Menschen auf der Flucht mache das „sprachlos“. Leutert plädierte angesichts der jüngsten Eskalation im Nahen Osten dafür, außenpolitische Konzepte zu überdenken. So müsse man fragen, ob es hilfreich sei, Infrastruktur in Palästina aufzubauen und gleichzeitig dort Schulen zu finanzieren, in denen zum Hass gegen Israel aufgerufen werde.
Die Lösung könne nicht darin liegen, sich wie die USA aus solchen Programmen zurückzuziehen, sondern mehr in qualifiziertes Personal zu investieren, um das Feld nicht anderen Akteuren zu überlassen. „Das ist mit diesem Haushalt aber nicht möglich.“
Grüne verteidigen Ansatz für humanitäre Hilfe
Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, dass die Koalition sich von ihrem Vorsatz, die geplanten Steigerungen im Verteidigungsetat an Steigerungen für Auswärtiges und Entwicklung zu koppeln, offenbar verabschiedet habe: „Versprochen – gebrochen.“ In der Diplomatie und der Entwicklungszusammenarbeit bleibe die mittelfristige Finanzplanung hinter der Verteidigung zurück.
Deligöz verteidigte die im Haushalt vorgesehenen 1,5 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe (2017: 1,21 Milliarden Euro) gegenüber Kürzungsansinnen aus der AfD-Fraktion. 65 Millionen Menschen seien weltweit auf der Flucht. Ihnen beizustehen sei eine „historische, empathische und politische Pflicht“.
Ausgaben von 5,36 Milliarden Euro geplant
Die Bundesregierung plant gemäß ihrem Entwurf für das Haushaltsgesetz 2018 (19/1700) für das Auswärtige Amt Ausgaben in Höhe von 5,36 Milliarden Euro ein (2017: 5,23 Milliarden Euro). 1,05 Milliarden Euro entfallen demnach auf Personalausgaben (2017: 989,09 Millionen Euro), 3,71 Milliarden Euro auf Zuweisungen und Zuschüsse (2017: 3,64 Milliarden Euro).
Für die Pflege der kulturellen Beziehungen zum Ausland sind 906,49 Millionen Euro (2017: 923,08 Millionen Euro) eingeplant. Die institutionelle Förderung der allgemeinen Auslandskulturarbeit schlägt mit 458,57 Millionen Euro zu Buche (2017: 477,1 Millionen Euro). Die Leistungen an die Vereinten Nationen summieren sich auf 649,44 Millionen Euro (2017: 872,21 Millionen Euro). Die Zahlungen im Rahmen des Stabilitätspaktes Afghanistan sollen konstant bei 180 Millionen Euro bleiben. (ahe/sas/vom/16.05.2018)