Die Bundeswehr beteiligt sich ein weiteres Jahr an der EU-Operation „Sophia“ (EUNAVFOR MED) im Kampf gegen Schleuser im Mittelmeer. 445 Abgeordnete votierten am Donnerstag, 14. Juni 2018, in namentlicher Abstimmung für eine entsprechende Beschlussempfehlung (19/2668) zum Antrag der Bundesregierung (19/2581), das Mandat zu verlängern. 210 Abgeordnete stimmten dagegen, es gab zwei Enthaltungen. Damit können wie bisher bis zu 950 Soldaten entsendet werden, um zur Aufklärung krimineller Schleusernetzwerke beizutragen und die der libyschen Einheitsregierung unterstehende Küstenwache und Marine durch Ausbildung und Kapazitätsaufbau zu unterstützen.
SPD: 48.000 Menschen aus Seenot gerettet
Aydan Özoğuz (SPD) unterstrich, dass durch die EU-Mission in den vergangenen drei Jahren 48.000 Menschen aus Seenot gerettet worden seien. „Das ist bei aller Kritik am Mandat ein wichtiger Erfolg für Europa.“
Perspektivisch gehe es darum, die Schleuserstrukturen in Libyen selbst aufzubrechen, was derzeit unter anderem wegen der Schwäche der libyschen Regierung noch nicht möglich sei. „Staatlichkeit wird nicht schneller wiederhergestellt, wenn wir uns zurückziehen und die Mission ad acta legen.“
AfD: Migranten zurück nach Afrika bringen
Jan Ralf Nolte (AfD) warf der Koalition „Symbolpolitik zum Nachteil Deutschlands und zum Nachteil der Migranten“ vor. Die Mission führe nur dazu, dass kriminelle Schleuser die Menschen in immer billigere und seeuntauglichere Boote setzen würden. Es müsse darum gehen, „Migranten konsequent zurück nach Afrika“ in ihre Heimatländer zu bringen.
Ein sinnvoller Beitrag wäre es in diesem Zusammenhang, den Vereinten Nationen beim Aufbau von Aufnahmezentren mit menschenwürdigen Bedingungen in Libyen zu helfen.
CDU/CSU: Einfache Antworten lösen das Problem nicht
Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) warnte vor der einfachen nationalen Antworten. „Diese lösen das Problem vor Afrikas Küste nicht.“ Es gehe in Libyen um strategische Geduld und darum, nachhaltige staatliche Strukturen aufzubauen und das gehe nur, wenn man diplomatisch auf Akteure wie Katar und die Türkei auf der einen und Ägypten auf der anderen Seite einwirke, die Einfluss in Libyen ausüben würden.
Die Operation „Sophia“ sei in dieser Strategie nur ein Baustein, aber ein entscheidender für den Aufbau der libyschen Staatlichkeit.
FDP: Skrupellose Schlepper angreifen
Christian Sauter (FDP) betonte, dass die Bekämpfung von Schleusernetzwerken auch eine polizeiliche Aufgabe sei. Der europäische Datenaustausch sei ein wichtiger Bestandteil des Mandats, doch müsste hier mehr investiert werden.
Die beste Option sei es, den Apparat der „skrupelloser Schlepper“ anzugreifen.
Linke: Abschreckung, Abschiebung, Abschottung
Michel Brandt (Die Linke) warf der Bundesregierung vor, dass es bei „Sophia“ um „Abschreckung, Abschiebung, Abschottung“ gehe und die Rettung von Menschen „nur lästiges Beiwerk“ sei, die über die Seenotrettungspflicht nicht hinausgehe.
Mit der Mission würden „dubiose Milizen“ als „staatliche Küstenwache“ deklariert und zum „Türsteher Europas“ gemacht. Angesichts von 800 Ertrunkenen in diesem Jahr sollte man nicht Soldaten schicken, sondern eine „staatliche organisierte zivile Seenotrettung“.
Grüne: Verfehlte Libyen- und Migrationspolitik
Auch Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Bundesregierung vor, dass es ihr darum gehe, „so schnell wie möglich so viele Menschen wie möglich“ davon abzuhalten, nach Europa zu kommen.
Das Mandat sei Ausdruck „einer vollkommen verfehlten Libyen- und Migrationspolitik im Mittelmeer“. Eine Küstenwache auszubilden, die von Schleusern betrieben würde, sei „schlicht fahrlässig“.
Entschließungsanträge abgelehnt
Bei Enthaltung der Grünen abgelehnt hat der Bundestag den Entschließungsantrag der Linken (19/2703). Die Fraktion wollte die Bundesregierung auffordern, die Bundeswehr aus ihrem Einsatz im Mittelmeer zurückzuziehen und sich in der EU für ein Ende der Operation „Sophia“ einzusetzen. International müsse sich die Regierung dafür stark machen, dass die an Geflüchteten in Libyen begangenen Verbrechen geahndet werden. Die libysche Regierung sollte ermahnt werden, die Menschenrechte der Geflüchteten zu achten. Andernfalls sei ihr jegliche Unterstützung zu entziehen.
Mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt wurde auch der Entschließungsantrag der Grünen (19/2708). Die Fraktion wollte die Bundesregierung auffordern, die Seenotrettung als oberste Priorität des Einsatzes der Bundeswehr im Mittelmeer festzuschreiben und die Arbeit der zivilen Rettungsmissionen zu unterstützen. Die militärische Bekämpfung der Schlepper im Rahmen dieser Mission sei jedoch zu beenden. In erster Linie sollte das zugrunde liegende Geschäftsmodell durch sichere Fluchtwege nach Europa bekämpft werden. (ahe/14.06.2018)