Bundeskanzlerin Merkel erwartet schwierige Diskussionen beim G7-Gipfel
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) erwartet „schwierige Diskussionen“ beim G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs sieben führender Industriestaaten am 8. und 9. Juni 2018 im kanadischen Charlevoix. Das sagte die Kanzlerin am Mittwoch, 6. Juni 2018, während der Regierungsbefragung im Bundestagsplenum, in deren Rahmen Merkel erstmalig selbst für Fragen der Abgeordneten zur Verfügung stand.
Zum Auftakt der 60-minütigen Regierungsbefragung informierte Merkel in einem kurzen Bericht das Parlament über das G7-Gipfeltreffen. Schwerpunktthemen dort seien unter anderem Online-Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Bildung von Frauen und Mädchen, künstliche Intelligenz und nachhaltiges Wachstum. Deutschland werde darauf achten, dass frühere Vereinbarungen zum Thema Klima und Handel eingehalten werden, betonte Merkel: „Hinter die Ergebnisse des G20-Gipfels in Hamburg dürfen wir nicht zurückfallen.“ Es sei aber klar, dass angesichts der Strafzölle und des Austritts der USA aus dem Pariser Klimaabkommen sowie aus dem Nuklearabkommen mit dem Iran ein deutlicher „Dissens“ mit den USA bestehe. „Hier wird es strittige Debatten geben“, kündigte die Kanzlerin an.
AfD fordert neue Annäherung an Russland
Als erster Fragesteller erkundigte sich Hansjörg Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD und Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie, nach dem Verhältnis zu Russland. „Werden Sie den destruktiven, US-hörigen deutschen Sonderweg weitergehen?“, fragte der AfD-Abgeordnete. Oder werde die Bundesregierung stattdessen auf eine „neue Ostpolitik“ und eine Annäherung an Russland hinsteuern?
Als Antwort verwies Merkel auf ihr letztes Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Sotschi. Dies zeige, dass die Bundesregierung den Dialog zu Russland nicht abreißen lasse, so die Kanzlerin: „Ich bin immer für Gespräche, auch gerade im Hinblick auf Differenzen.“
SPD fragt nach Zusammenhalt der Staaten
Achim Post (SPD), stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, fragte Merkel nach dem europäischen Zusammenhalt: „Mein Eindruck ist, dass die Amerikaner sich gerade von G7, Europa und den Grundwerten verabschieden. Was tun Sie konkret für den Zusammenhalt und die Zukunft Europas innerhalb der G7?“
Merkel erinnerte daran, schon vor einem Jahr davon gesprochen zu haben, dass sich die Europäer ein Stück weit mehr um sich selbst kümmern müssten. Konkret bedeute dies „konsistent in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik aufzutreten“, so Merkel. Dass die Europäer Einigkeit zeigen könnten, beweise die gemeinsame Reaktion im „Fall Skripal“ oder im Fall des vom US-Präsidenten Donald Trump aufgekündigten Nuklearabkommens mit dem Iran.
FDP: G7 muss Handelsgipfel werden
Alexander Graf Lambsdorff, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion, sah die internationale Handelspolitik in der Krise und forderte von der Kanzlerin, den G7-Gipfel zum Handelsgipfel zu machen. Ein wichtiges Signal sei auch eine baldige Ratifizierung des Ceta-Freihandelsabkommens der EU mit Kanada durch das Parlament, so der Liberale und fragte: „Wann legen Sie das Abkommen vor?“
Merkel kritisierte zunächst, dass es viele falsche Informationen rund um das Thema Ceta gebe, kündigte dann aber an, das Handelsabkommen mit Kanada bald dem Bundestag zur Abstimmung vorzulegen. „Wir werden Sie zeitnah informieren, wann – aber es kommt dazu.“
Merkel: Pariser Klimaabkommen „retten“
Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU), Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, erkundigte sich nach den Konsequenzen des Ausstiegs der USA aus dem Pariser Klimaabkommen. „Welche Erwartungen haben Sie an die anderen Industriestaaten?“, wollte die Abgeordnete wissen.
Merkel betonte, dass die Bundesregierung zu ihren gegebenen Zusagen stehe: „Wir sind nun umso mehr aufgefordert, unsere Klimaziele zu erreichen.“ Das Abkommen sei „überlebenswichtig“ für den Planeten Erde und müsse gerettet werden, so die Bundeskanzlerin.
Linke: Lebensverhältnisse der Bürger verbessern
Fabio de Masi (Die Linke) hielt der Kanzlerin vor, 45 Prozent der Bevölkerung hätten heute einen niedrigeren Reallohn als in den 1990er-Jahren: „Was haben Sie vor, um die Lebensverhältnisse der Bürger zu verbessern und einen Handelskrieg zu verhindern?“, fragte der Abgeordnete.
Dass es Deutschland schlechter gehe, wies Merkel zurück: Die Arbeitslosigkeit sei so niedrig wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Mit dem Mindestlohn habe die Bundesregierung die Lage vieler Menschen in Deutschland verbessert. Hinsichtlich eines drohenden Handelskrieges betonte die Kanzlerin, von fairen und vernünftigen Handelsabkommen hätten in der Vergangenheit Arbeitsmarkt und deutsche Wirtschaft stets profitiert. Dagegen sei Abschottung „ein Fehlweg“.
Grüne: Klimaschutz in Abkommen aufnehmen
Dr. Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, forderte, wie vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron vorgeschlagen, den Klimaschutz künftig in internationale Abkommen zu integrieren. Wenn es Merkel wirklich ernst sei, das von ihr zuvor als „überlebenswichtig“ bezeichnete Pariser Klimaschutzabkommen zu retten, dann müsse sich die Bundesregierung für diesen Vorschlag einsetzen, verlangte Hofreiter.
Es sei zwar „vernünftig“, Klimaschutz in internationale Handelsabkommen aufzunehmen, räumte Merkel daraufhin ein. Aber mit Blick auf die USA fügte sie hinzu: „Alles mit allem zu verbinden, halte ich in deutschem Interesse nicht für den richtigen Weg.“ Deutschland müsse weiterhin gesprächsbereit sein. (sas/06.06.2018)