Konträre Positionen zum Thema Mietpreisentwicklung vertraten die Fraktionen in der Debatte zu mehreren Anträgen und einem Gesetzentwurf der Linksfraktion am Donnerstag, 7. Juni 2018, im Plenum des Bundestages. Nach der zum Teil emotional geführten Debatte wurde ein Antrag in den Rechtsausschuss überwiesen, ein weiterer Antrag und der Gesetzentwurf wurden abgelehnt. Zuvor hatte Caren Lay (Die Linke) auf die Notwendigkeit verwiesen, die sogenannte Mietpreisbremse zu schärfen. Seit deren Einführung habe sich die Mietpreisexplosion unvermindert fortgesetzt. Das entsprechende Gesetz funktioniere nicht und müsse nachgebessert werden. Sprecher der anderen Fraktionen wiesen die Argumente der Linken zurück und verwiesen auf die Notwendigkeit, stattdessen mehr Wohnungen zu bauen.
Drei Anträge der Linksfraktion
Nach erster Lesung überwies der Bundestag den Antrag (19/2516), die „Mietenexplosion“ zu stoppen, indem die Bestandsmieten gedeckelt werden, zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss. Darin fordert Die Linke eine gesetzliche Neuregelung der Mietspiegel, sodass alle Entgelte für Mietwohnungen in einer Kommune in deren Berechnung einbezogen und qualifizierte Mietspiegel als verbindlich zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete ausgestaltet werden.
Absenken will die Fraktion die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nach der Maßgabe, dass Mieten höchstens um zwei Prozent im Jahr steigen dürfen. Die Kommunen sollen ermächtigt werden, in Gebieten mit Erhaltungssatzungen zum Milieuschutz spezifische Verordnungsmieten festzulegen.
„Mietpreisbremse im Sinne der Mieter schärfen“
Gegen das Votum der Linken und der Grünen lehnte der Bundestag einen Antrag der Linken mit dem Titel „Für eine echte Mietpreisbremse“ (19/259) ab. Der Rechtsausschuss hatte dazu eine Beschlussempfehlung vorgelegt (19/1907). Die Linke wollte die Bundesregierung auffordern, umgehend einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der sogenannten Mietpreisbremse vorzulegen. Neben einer Reihe schärferer Verpflichtungen für Vermieter sollte die Mietpreisbremse künftig bundesweit gelten und ihre Befristung auf fünf Jahre aufgehoben werden, heißt es in der Vorlage.
In namentlicher Abstimmung lehnte der Bundestag einen Gesetzentwurf der Linksfraktion (19/258) ab, der vorsieht, die sogenannte Mietpreisbremse an zwei Stellen im Sinne der Mieter zu schärfen. 542 Abgeordnete stimmten gegen den Entwurf, 119 befürworteten ihn. Auch dazu liegt eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vor (19/1907). Nach dem Willen der Linken soll die Auskunftspflicht der Vermieterinnen und Vermieter erweitert und die Rügepflicht der Mieterinnen und Mieter abgeschafft werden. Die Fraktion begründet dies damit, dass die 2015 in Kraft getretene Mietpreisbremse ihre beabsichtigte Wirkung in vielen Bereichen verfehlt habe. Viele Vermieter hielten sich nicht an die gesetzlichen Regelungen, und für die Mieter sei es schwer, dies festzustellen und ihre Rechte durchzusetzen. Deshalb soll zum einen vorgeschrieben werden, dass Vermieter „bei Mietbeginn“ über die Berechnungsgrundlagen der Miete informieren. Zum anderen sollen Mieter die zu viel gezahlte Miete von Beginn des Mietverhältnisses an zurückfordern können und nicht erst ab dem Zeitpunkt einer Rüge.
Linke kritisiert Blockadehaltung der Union
Breiten Raum in der Diskussion nahm der aus der Presse bekannt gewordene Referentenentwurf für ein Gesetz zur Reform der Mietpreisbremse aus dem von Dr. Katarina Barley (SPD) geführten Justizministerium ein. Nach dem Entwurf sollen Vermieter unter anderem im Rahmen einer vorvertraglichen Auskunftspflicht Mietern künftig von sich aus mitteilen, dass sie eine höhere als die gesetzlich zulässige Miethöhe verlangen sowie den Grund hierfür.
Lay sagte dazu, sie erwarte, dass dieser Entwurf an der Blockadehaltung der Union scheitern werde. Zudem sei er fehlerhaft und könne daher nicht funktionieren. Bei einer konsequenten Mietpreisbremse müssten alle Ausnahmen abgeschafft und wirkungsvolle Sanktionen eingeführt werden. Vertreter von CDU/CSU und SPD warfen sich gegenseitig vor, sich nicht an die im Koalitionsvertrag zu diesem Thema vereinbarten Festlegungen zu halten.
CDU/CSU: Problem bei den Wurzeln packen
Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) sagte, die Gewährleistung bezahlbarer Mieten sei eine der größten sozialpolitischen Herausforderungen. Das Thema sei der Union wichtig, und es müssten Maßnahmen gegen eine Verdrängung von Mietern ergriffen werden. Es dürfe jedoch nicht nach schnellen und einfachen Lösungen gerufen werden, die sich am Ende nicht einhalten ließen. Eine Verschärfung der Mietpreisbremse würde die Lage vieler Mieter verschlimmern.
Das Problem müsse bei den Wurzeln gepackt werden, es müsse daher mehr und kostengünstiger gebaut werden. Nur so sei die Lage in den Griff zu bekommen. Der Koalitionsvertrag enthalte dazu gute und ausgewogene Regelungen, die eingehalten werden müssten. Er sei daher irritiert von dem nicht abgestimmten Referentenentwurf aus dem Justizministerium, in dem Dinge stünden, über die in der Koalition nicht gesprochen worden seien. Offenbar solle mit der Verbreitung des Entwurfs Druck auf die Union aufgebaut werden. Luczak sprach sich dafür aus, die Mietpreisbremse nur an „Stellschrauben“ zu justieren und zunächst die laufende Evaluation abzuwarten.
SPD: Entwurf sorgt für mehr Gerechtigkeit
Dr. Johannes Fechner (SPD) sagte, mehr bezahlbare Wohnungen zu bauen, werde seine Zeit dauern. Deshalb müsse man jetzt ran an das Mietrecht.
Er lobte den Referentenentwurf aus dem Justizministerium. Es handele sich dabei um Dinge, die im Koalitionsvertrag festgelegt und geregelt worden seien. Er schütze Mieter vor explodierenden Mieten und sorge für mehr Gerechtigkeit im Mietrecht. Fechner kritisierte, dass das Bundeskanzleramt den Entwurf blockiere.
Grüne: Koalition muss endlich handeln
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen forderte Christian Kühn die Koalition auf, endlich zu handeln. Neubau sei nicht alles, auch der Bestand müsse geschützt werden. Er warf den Unionsparteien vor, seit Jahren Verbesserungen des Mietrechts zu blockieren.
Kühn appellierte an die SPD, dafür zu sorgen, dass der Entwurf nicht hängenbleibt. Seine Fraktionskollegin Canan Bayram kündigte einen eigenen Entwurf der Grünen an.
AfD und FDP gegen die Mietpreisbremse
Sprecher von AfD und FDP sprachen sich klar gegen eine Mietpreisbremse aus. Jens Maier (AfD) sagte, „Mietpreissozialismus“ könne kein Problem lösen und sprach von einem „Ruf aus der Gruft des Klassenkampfes“. Eine Mietpreisbremse würde den Wohnungsmangel weiter vergrößern. Katharina Kloke (FDP) sagte, die Mietpreisbremse sei gescheitert und gehöre abgeschafft. Sie bremse das Ziel, angemessenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Stattdessen müssten mehr Anreize für den Wohnungsbau gegeben werden.
Der fraktionslose Abgeordnete Mario Mieruch sagte, die Mietpreisbremse komme einer teilweisen Enteignung der Vermieter gleich. (mwo/07.06.2018)
(nal/pst/07.06.2018)