Geplante gemeinsame EU-Einlagensicherung in der Kritik
Eine große Mehrheit im Deutschen Bundestag bleibt in der Finanzpolitik auf klarem Europa-Kurs. Ein Vorstoß der FDP-Fraktion, die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Einlagensicherung abzulehnen, da diese für eine stabile und erfolgreiche europäische Währungsunion „weder notwendig noch zielführend“ sei, wurde in der Sitzung am Freitag, 8. Juni 2018, mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen zurückgewiesen. Neben der FDP-Fraktion stimmte nur die AfD-Fraktion für den Antrag (19/2525) zu dem Vorschlag für eine EU-Verordnung im Hinblick auf die Schaffung eines endgültigen europäischen Einlagensicherungssystems (Ratsdokument 14649 / 15).
Darin heißt es, es fehle nicht nur eine Rechtsgrundlage für ein europäisches Einlagensicherungssystem. Die bloße Verlagerung von Risiken von der nationalen auf die europäische Ebene könne außerdem kein sinnvolles Ziel sein. „Eine europäische Einlagensicherung würde das Vertrauen der Sparer in die Sicherheit ihrer Einlagen nicht erhöhen, sondern senken, weil die bislang eigenkapitalstarken Banken nunmehr für viele instabile Institute haften müssten“, schreibt die FDP-Fraktion.
FDP: Auf dem Weg zur Staats- und Steuerzahlerhaftung
Dr. Florian Toncar (FDP) sagte in der Debatte, die Bundesregierung habe bisher weder die Idee einer zentralen Einlagensicherung noch die einer „Letztsicherung“, bei der Steuermittel zur Bankenrettung zum Einsatz kämen, explizit ausgeschlossen. Bei der Einlagensicherung werde auf Zeit gespielt, und bei der Letztsicherung gebe es offenbar eine Bereitschaft zur Zustimmung, dass Kredite an Banken von einem neuen Europäischen Währungsfonds vergeben würden.
Toncar kritisierte dies als Weg zurück dahin, „dass Staaten und Steuerzahler für Banken geradestehen müssen“.
CDU/CSU: Zeit für EU-Einlagensicherung noch nicht reif
Der Zeitpunkt für eine europäische Einlagensicherung sei noch nicht reif, erklärte Antje Tillmann (CDU/CSU). Darauf habe die Koalition bereits früher hingewiesen. Es müssten erst die Risiken in den Bankbilanzen abgebaut werden, „und wir sind auf dem Weg, diese Risiken zu reduzieren“.
Probleme gebe es bei der Vereinbarung der Regeln von europäischem Beihilferecht und Bankenunion, sagte sie mit Blick auf die erfolgte Staatsfinanzierung italienischer Banken.
SPD lobt neue Töne aus Frankfurt
Metin Hakverdi (SPD) zeigte sich erfreut, „dass sich in der Euro-Debatte der Wind gedreht“ und der Pessimismus nachgelassen habe. Die Zeit derjenigen, die Sicherungsmaßnahmen für den Euro als Geld-Pipeline nach Brüssel beschimpft hätten, scheine zu Ende zu gehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe eine Wende für die CDU/CSU eingeleitet, auf die die SPD gedrungen habe.
Im Koalitionsvertrag sei ein „neuer Aufbruch für Europa“ verankert worden, und die Umsetzung nehme Gestalt an. Auch der Präsident der Bundesbank, Jens Weidmann, sei nicht per se gegen eine gemeinsame Einlagensicherung. „Das sind ganz neue Töne aus Frankfurt“, freute sich Hakverdi, der aber auch sagte, vor der gemeinsamen Einlagensicherung müsse über den Abbau von Risiken gesprochen werden.
AfD: Ketten der Gemeinschaftshaftung sprengen
„Wer eine Nullzinspolitik betreibt und damit Kapitalblasen aufpumpt, der sollte sich nicht wundern, wenn ihm diese Blasen mit lautem Knall um die Ohren fliegen“, stellte Dr. Bruno Hollnagel (AfD) fest. „Und wer Risiken bei Staatsanleihen nicht sachgerecht bewertet, steuert sein Kapitalschiff direkt auf die Klippen, ab denen es zerschellen wird“, fuhr der Abgeordnete fort, der bezweifelte, dass durch verordnete Haftungsgemeinschaften Risiken und ihre Ursachen aus der Welt geschafft werden könnten.
„Wir müssen die Ketten der Gemeinschaftshaftung sprengen, sonst werden sie uns in den Abgrund reißen“, appellierte Hollnagel an das Parlament.
Linke: Schattenbankensektor wächst ungehemmt weiter
Die Finanzmarktkrise habe die Unhaltbarkeit des herrschenden Finanzsystems offengelegt, sagte Jörg Cezanne (Die Linke). Die richtigen Lehren seien noch nicht gezogen worden. So gebe es bis jetzt keine Finanztransaktionssteuer, mit der Spekulationen zurückgedrängt werden könnten. Und es gebe keinen Finanz-TÜV für die Genehmigung neuer Finanzprodukte.
Der weitgehend unregulierte Schattenbankensektor wachse ungehemmt weiter. So habe der Vermögensverwalter Blackrock seit der Krise sein verwaltetes Vermögen von 1.300 Milliarden Dollar auf 6.300 Milliarden Dollar fast verfünffacht.
Grüne: Risiko auf mehrere Schultern verteilen
Die europäische Bankenunion müsse endlich auf eine nachhaltige und stabile Grundlage gestellt werden, forderte Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen). Sie wies darauf hin, dass die Institutssicherung der Sparkassen in Deutschland im Fall der Landesbanken nicht ausgereicht habe. „Wenn man die Überforderung nationaler Sicherungssysteme vermeiden will, muss man das Risiko auf mehrere Schultern verteilen“, appellierte sie.
Klüger als die von der EU-Kommission geforderte komplette Vergemeinschaftung wäre eine Rückversicherung der nationalen Töpfe, die nur im Fall der nationalen Überforderung greifen würde. „Wir habe die Aufgabe, das europäische Haus wetterfest zu machen, denn ein zweites Haus haben wir nicht“, so die Abgeordnete.
Antrag der AfD
An den federführenden Finanzausschuss überwiesen wurden zwei Oppositionsanträge, in denen die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung abgelehnt wird. Die AfD-Fraktion bezeichnet in ihrem Antrag (19/2573) die Vergemeinschaftung als „unverantwortlich, unabhängig davon, ob notleidende Kredite bei europäischen Bankinstituten zuvor reduziert werden oder nicht“.
Deutschland solle sich außerdem dafür einsetzen, den Euro-Rettungsfonds ESM abzuwickeln statt ihn zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) auszubauen. „Durch diesen Schritt könnte eine Abwälzung von Verlusten durch Bankpleiten auf den europäischen, insbesondere deutschen Steuerzahler abgewendet werden“, erwartet die AfD-Fraktion.
Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion spricht sich in ihrem Antrag (19/2527) für die Vollendung der europäischen Bankenunion aus, will jedoch auf die Einführung eines gemeinsamen Sicherungssystems für Spareinlagen (EDIS) als dritte Säule der Bankenunion nach dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus und dem einheitlichen Abwicklungsmechanismus verzichten.
Anleger seien bereits heute durch die vorhandenen Vorschriften gut geschützt. Und Anleger bei deutschen Instituten müssten sogar Verschlechterungen im Vergleich zur heutigen Lage hinnehmen. (hle/08.06.2018).