Innenminister Seehofer: Ein Haushalt für die nationale Sicherheit
Mit der Aussprache über den Etatentwurf 2018 des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat hat der Bundestag am Donnerstag, 17. Mai 2018, seine viertägigen Haushaltsberatungen fortgesetzt. Der in erster Lesung debattierte Entwurf sieht für das Haus von Ressortchef Horst Seehofer (CSU) im laufenden Jahr ein Ausgabenvolumen von knapp 13,76 Milliarden Euro vor. Das sind rund 4,78 Milliarden Euro mehr als im vergangenen Jahr der Etat des damaligen Bundesinnenministeriums umfasste. Der Anstieg ist unter anderem auf die Verlagerung des Bereichs Wohnungsbau und Stadtentwicklung vom Umweltministerium in das Seehofer-Ressort zurückzuführen.
Jeder zweite Euro für Sicherheitsbehörden
Die Gesamteinnahmen des Innen-, Bau- und Heimatministeriums werden im Etatentwurf 2018 auf knapp 1,14 Milliarden Euro beziffert. Von den geplanten Ausgaben entfallen allein 4,36 Milliarden Euro auf Personalausgaben und 4,11 Milliarden Euro auf Investitionen.
Rund die Hälfte der Ausgaben des Einzelplans sollen für den Bereich der Sicherheitsbehörden aufgewendet werden. Der vom früheren Umwelt- und Bauministerium übernommene Bereich ,,Wohnungswesen und Städtebau„ schlägt mit Ausgaben von 3,58 Milliarden Euro zu Buche.
Minister: Große Koalition hat Wort gehalten
Seehofer betonte zu Beginn der Debatte, sein Etat sei vor allem ein “Haushalt für die nationale Sicherheit„. Die Große Koalition habe der Bevölkerung mehr Stellen für die Sicherheitsbehörden sowie mehr Mittel für die Ausstattung ebenso zugesagt wie Investitionen “auf Rekordniveau„ in die Integration und eine Stärkung der “Ordnung der Migration„. Auch habe sie erhebliche Mittel für Bau und Wohnen versprochen.
In all diesen Punkten habe man Wort gehalten. Die Mittel für den Bau von 1,5 Millionen Wohnungen seien bereitgestellt, das Gesetz zum Familiennachzug zu subsidiär geschützten Flüchtlingen sei vom Kabinett beschlossen und auch die Vorlage zur geplanten Ausweisung weiterer sicherer Herkunftsstaaten werde noch vor der Sommerpause das Parlament erreichen.
Anker-Einrichtungen für schnellere Asylverfahren
Zu den geplanten Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen für Asylbewerber, den sogenannten Anker-Einrichtungen, kündigte Seehofer an, dass entsprechende Pilot-Einrichtungen “Ende August/Anfang September„ in Betrieb genommen würden. Durch diese Zentren sollten die Asylverfahren beschleunigt werden. Dazu würden die Betroffenen in “überschaubaren Einrichtungen„ versammelt, “um dort dann gebündelt die Verfahren schnell und sicher durchzuführen„.
Mit Blick auf die “Unregelmäßigkeiten„ in der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) betonte der Minister, dass die betreffenden Asylbescheide vom Bamf nochmals überprüft würden. Auch werde der Bundesrechnungshof prüfen, ob sich beim Bamf “systemische Mängel ergeben, die zu Veränderungen führen müssen„. Zugleich machte er deutlich, dass er eine parlamentarische Aufarbeitung der Vorfälle begrüßen würde, falls das Parlament einen Untersuchungsausschuss einsetzen sollte.
AfD: Temporär Schutzbedürftige zurückführen
Dr. Gottfried Curio (AfD) sagte, bei der Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit werde “geknausert„, beim “Import„ von Zuwanderern dagegen “schöpfen wir aus dem Vollen„. Was “hier bei innerer Sicherheit skandalös fehlt„, werde dort “gerne verschwendet„. Dies sei Veruntreuung.
“Wer seinen Haushalt berechnen will, schließe erst mal die Haustür„, fügte Curio hinzu. Wer über sichere Länder nach Deutschland gekommen sei, müsse zurück, und “temporär Schutzbedürftige„ seien nicht zu integrieren, “sondern baldmöglichst zurückzuführen„.
SPD: Gelungene Integration beste Sicherheitspolitik
Martin Gerster (SPD) hob hervor, dass die Große Koalition der Bundespolizei allein in diesem Jahr mehr als 1.850 neue Stellen verschaffe. Hinzu kämen weitere neue Stellen unter anderem beim Bundeskriminalamt und beim Verfassungsschutz. Damit würden die Sicherheitsbehörden des Bundes in bisher ungekanntem Ausmaß gestärkt.
Gerster verwies zugleich darauf, dass die Mittel für Integrations- und Orientierungskurse binnen weniger Jahren verdreifacht worden seien. Eine gelungene Integration sei auch die beste Sicherheitspolitik.
FDP kritisiert Koalitionspläne zum Familiennachzug
Dr. Stefan Ruppert (FDP) kritisierte die Koalitionspläne zum Familiennachzug zu subsidiär geschützten Flüchtlingen als “nicht sehr praktikabel„. “Hier müssen Sie dringend nacharbeiten – das ist keine gute Konzeption, die Sie da vorlegen„, fügte er hinzu.
Zugleich mahnte er eine Aufklärung der Vorgänge in der Bremer Bamf-Außenstelle an. Dabei verstöre es jedoch, “wenn diejenige, die sich die Aufklärung zum Anliegen gemacht hat„, nicht gehört, sondern strafversetzt werde.
Linke gegen “Hochrüsten von Spezialeinheiten„
Victor Perli (Die Linke) hielt Seehofer vor, das “Unsicherheitsgefühl„ zu stärken. Der Minister mache “nichts gegen Mietenwahnsinn und die Verdrängung aus den Städten„, sei aber sehr spendabel, wenn es um das “Aufrüsten der Sicherheitsbehörden„ gehe.
So stiegen die Ausgaben für Polizei und Geheimdienste um 200 Millionen Euro nach 250 Millionen Euro im Vorjahr. Die Linke sei für eine gute Ausrüstung und Bezahlung der Polizei, aber “nicht einverstanden mit dem Hochrüsten von Spezialeinheiten„.
Grüne: Seehofer spaltet statt zusammenzuführen
Dr. Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) warf dem Minister vor, mit diesem Haushalt kein stimmiges Konzept vorgelegt zu haben, was er für die innere Sicherheit machen und wie er “Integration voranbringen„ wolle. Auch spalte der Ressortchef, statt zusammenzuführen, wenn er den Muslimen in Deutschland sage, “dass ihre Religion nicht zu diesem Land gehört„.
Lindner fügte hinzu, seine Fraktion werde in den Haushaltsberatungen deutlich machen, wie sie dazu beitragen wolle, “dass Integration gelingt„ und nicht “Angstmacherei obsiegt„.
CDU/CSU: Viele Georgier missbrauchen Visumfreiheit
Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) drang auf Fortschritte bei der Einstufung weiterer Länder als asylrechtlich sichere Herkunftsstaaten. Dies gelte insbesondere für die Maghrebstaaten Algerien, Marokko und Tunesien, aber auch für Georgien.
Es sei nicht hinnehmbar, “dass offensichtlich viele Georgier die Visumfreiheit missbrauchen, um in Deutschland ohne jede Erfolgsaussicht Asyl zu beantragen und hier Leistungen in Anspruch zu nehmen„, während Georgier gleichzeitig in der Kriminalstatistik “eine relativ prominente Rolle spielen„.
Bundespolizei, Migration, Integration
Die Personalausgaben machen mit 4,36 Milliarden Euro etwa ein Drittel des gesamten Etats aus (2017: 4,14 Milliarden Euro). Für die Bundespolizei sind 3,42 Milliarden Euro eingeplant (2017: 3,29 Milliarden Euro), von denen wiederum 1,96 Milliarden Euro auf die Personalausgaben entfallen (2017: 1,91 Milliarden Euro).
Für Integration und Migration, Minderheiten und Vertriebene sieht die Regierung Ausgaben von 1,07 Milliarden Euro vor (2017: 896,83 Millionen Euro). Davon sind 990,49 Millionen Euro (2017: 811,3 Millionen Euro) für den Bereich Integration und Migration vorgesehen, unter anderem allein 765,08 Millionen Euro für Integrationskurse (2017: 610,08 Millionen Euro). Die Rückführung, Erstaufnahme und Eingliederung von Spätaussiedlern schlägt mit 6,68 Millionen Euro zu Buche (2017: 6,83 Millionen Euro). Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) soll 819,84 Millionen Euro erhalten (2017: 781,7 Millionen Euro).
Netzpolitik und moderne Verwaltung
Für Informationstechnik (IT), Netzpolitik, Digitalfunk und die Modernisierung der Verwaltung sind 650,11 Millionen Euro eingestellt (2017: 524,84 Millionen Euro).
Davon entfallen auf den Digitalfunk 258,03 Millionen Euro (2017: 239,42 Millionen Euro), auf die Umsetzung der IT-Konsolidierung des Bundes 184,67 Millionen Euro (2017: 100,52 Millionen Euro), auf IT und Netzpolitik 107,89 Millionen Euro (2017: 176,74 Millionen Euro) und auf die Modernisierung der Verwaltung 52,22 Millionen Euro (2017: 7,68 Millionen Euro), die durch deutliche Mehrausgaben für die Digitalisierung vorangetrieben werden soll (47,8 Millionen Euro statt 3,64 Millionen Euro 2017).
Für den Sport sieht der Etatentwurf Ausgaben von 164,98 Millionen Euro (2017: 167,69 Millionen Euro), für Heimat und gesellschaftlichen Zusammenhalt einschließlich dem interreligiösen Dialog 164,24 Millionen Euro (2017: 166,7 Millionen Euro), für Ausgaben unter der Überschrift “Verfassung„ 130,31 Millionen Euro (2017: 127,79 Millionen Euro) und für die Raumordnung 6,04 Millionen Euro.
Wohnungswesen und Städtebau
Der vom früheren Umwelt- und Bauministerium übernommene Bereich “Wohnungswesen und Städtebau„ umfasst Ausgaben von 3,58 Milliarden Euro, von denen 2,81 Milliarden investiert werden sollen. Die Ausgaben für Wohngeld belaufen sich dabei auf 540 Millionen Euro. 1,52 Milliarden Euro gehen als Kompensationszahlungen wegen der Beendigung der Finanzhilfen des Bundes zur sozialen Wohnraumförderung an die Länder.
Für die Städtebauförderung plant die Regierung 808,75 Millionen Euro ein, für “Zukunftsinvestitionen„ 141,5 Millionen Euro und für Hochbau- und Förderungsmaßnahmen in Berlin und Bonn 294,55 Millionen Euro, darunter 69,34 Millionen Euro für Baumaßnahmen des Bundes und der Bundesregierung im Berliner Parlamentsviertel.
Die Zunahme bei den Einnahmen von 620,43 Millionen Euro auf 1,14 Milliarden Euro resultiert vor allem aus den Rückflüssen aus Darlehen des Bundes zur Förderung des Wohnungsbaus und aus Reichsbaudarlehen, die nun im Etat des Innenministeriums statt im Etat des Umweltministeriums verbucht werden. (sto/sas/vom/17.05.2018)