Finanzminister Olaf Scholz: Mehr Investitionen ohne neue Schulden
Solide, sozial gerecht und zukunftsorientiert – so umriss Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die Haushaltspolitik der Bundesregierung für das laufende Haushaltsjahr und die kommenden drei Jahre. In seiner 40-minütigen Rede am Dienstag, 15. Mai 2018, im Bundestag zur Einbringung des Haushaltsgesetzes 2018 (19/1700) und des Finanzplans des Bundes für die Jahre 2017 bis 2021 (18/13001) wies Scholz die Kritik an der Sparpolitik der Großen Koalition zurück und bekräftigte die Notwendigkeit einer europäischen Zusammenarbeit.
„Wir nutzen unsere Spielräume“
Den wachsenden Wohlstand zu allen Bürgern zu tragen, Herausforderungen wie der Digitalisierung und der allgemeinen Unsicherheit in der Welt zu begegnen, sind die Ziele des Finanzministers für die kommenden Jahre. „Ein Jahrzehnt nach der Wirtschaftskrise ist es gelungen, an der Krise zu wachsen“, sagte Scholz. Entgegen aller Kritik an der „schwarzen Null“ und der Sparpolitik nutze die Regierung ihre Spielräume.
Im Haushaltsentwurf für das laufende Jahr seien Investitionen von 37 Milliarden Euro vorgesehen. Es sei also möglich, Investitionen zu erhöhen und trotzdem Einsparungen zu generieren. Viele Mittel seien noch nicht sichtbar, könnten aber bis 2020 abgerufen werden, bekräftigte der Minister. Das Vorgehen der Regierung sei solide, sozial gerecht und zukunftsorientiert, so Scholz. Die Regierung gehe sorgfältig mit dem Geld der Bürger um: „Erstmals seit 17 Jahren liegt die Schuldenquote unter 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.“
Europa als wichtiges Anliegen
Einen Schwerpunkt seiner Rede bildete die Situation in Europa. So wies der Minister auf die Problematik des Austritts Großbritannien aus der EU und des Austritts der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran hin. Gerade jetzt sei der Zusammenhalt in der Europäischen Union gefragt. „Europa ist Deutschlands wichtigstes Anliegen“, betonte Scholz. Kriege, Flucht, Populismus und Terrorismus könnten nur zusammen bekämpft werden. Jedoch müssten die Regierungen ihre Ziele für den Bürger klar und ersichtlich artikulieren und mit einer Stimme sprechen.
Dazu gehört laut Scholz auch, die Zukunft der Banken zu stärken. So solle der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), der im Zuge der Bankenkrise geschaffen wurden, in Richtung eines Europäischen Währungsfonds weiterentwickelt werden. Ein zweiter Schritt sei die Einführung eines sogenannten Common Backstops bis zum Jahr 2024. Diese Letztabsicherung solle Banken vor der Pleite bewahren. „Deutschland braucht eine starke EU, eine Stärkung der Banken und des Finanzmarktes“, sagte der Minister.
„Staatsfinanzen in einer gesunden Verfassung“
Für den Haushalt 2018 setzte der Minister vier große Themenschwerpunkte: Der wachsende Wohlstand solle bei allen Bürgerinnen und Bürgern ankommen. Geringe Arbeitslosigkeit und steigende Gehälter seien nicht überall zu spüren. „Unsere Staatsfinanzen befinden sich in einer gesunden Verfassung“, sagte Scholz. „Jedoch ist die Stimmung vielerorts eine andere.“ Daher werde ab 2019 die Steuerlast für kleine und mittlere Einkommen verringert und bis zum Jahr 2021 schrittweise der Solidaritätszuschlag verringert beziehungsweise gänzlich abgeschafft. Ebenso sieht der Finanzplan eine Erhöhung des Kinderfreibetrages und des Kindergeldes vor. Sachgrundlose Befristungen von Arbeitsverträgen sollen gesetzlich geregelt und es solle ein sozialer Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose geschaffen werden.
Auch der demografischen Veränderung und der steigenden Wohnungsnot will der Minister entgegenwirken. So seien zwei Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau und weitere zwei Milliarden Euro für das sogenannte Baukindergeld vorgesehen. Bis 2022 sollen zudem 2,8 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investiert werden. Um die digitale Infrastruktur zu verbessern werde dafür ein Digitalfonds für den Breitbandausbau eingerichtet.
Mehr Investitionen in Bildung und Nahverkehr
Um den Bund direkt an Investitionen in Bildung und Nahverkehr zu beteiligen, warb Schulz zudem für eine Grundgesetzänderung. Diese sei nur mit einer Zweidrittelmehrheit aller Fraktionen gemeinsam möglich. Auch für die innere Sicherheit habe die Regierung die Mittel im zweiten Entwurf für den Haushalt 2018 gegenüber dem ersten Entwurf vom August 2017 noch einmal erhöht.
Deutschland stehe auch zu seiner internationalen Verantwortung, sagte Scholz. Für die Jahre 2019 bis 2022 seien Verteidigungsausgaben in Höhe von 173 Milliarden Euro geplant. „Jetzt ist die Aufgabe zu handeln“, sagte der Minister zum Abschluss. Dabei werde die Regierung die Prinzipien von Solidarität, Gerechtigkeit und Zukunft in den Blick nehmen. Es gehe darum, die Lebenslagen der Bürger „jetzt und in Zukunft zu verbessern“.
Ausgaben von 341 Milliarden Euro geplant
Der Haushaltsentwurf sieht Ausgaben und Einnahmen von 341 Milliarden Euro vor, das sind 11,9 Milliarden Euro mehr als für das Jahr 2017. Vorgesehen ist, dass der Bund im Haushaltsjahr 2018 keine Kredite zur Deckung von Ausgaben aufnimmt, die sogenannte „schwarze Null“ also bestehen bleibt.
Größter Einzelplan bleibt der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit 139,76 Milliarden Euro, das sind 2,18 Milliarden Euro mehr als 2017. Es folgen die Budgets des Bundesverteidigungsministeriums mit 38,49 Milliarden Euro (plus 1,49 Milliarden Euro) und des Bundesverkehrsministeriums mit 27,65 Milliarden Euro (minus 264,09 Millionen Euro). Die Verpflichtungsermächtigungen für künftige Haushaltsjahre summieren sich auf 91,22 Milliarden Euro, von denen 33,39 Milliarden Euro auf den Verkehrsetat und 26,28 Milliarden Euro auf den Verteidigungsetat entfallen.
Steuereinnahmen von fast 319 Milliarden Euro erwartet
Kleinste Einzeletats sind die der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit mit 17,77 Millionen Euro (plus 2,38 Millionen Euro), des Bundesrates mit 30,44 Millionen Euro (plus 1,95 Millionen Euro) und des Bundesverfassungsgerichts mit 30,81 Millionen Euro (minus 752.000 Euro). Das Bundesverfassungsgericht soll 30,81 Millionen Euro ausgeben können (minus 752.000 Euro), das Bundespräsidialamt 41, 83 Millionen Euro (plus 5,29 Millionen Euro) und der Deutsche Bundestag 955,64 Millionen Euro (plus 85,4 Millionen Euro).
Größter Einzeletat bei den Einnahmen ist der der Allgemeinen Finanzverwaltung, in dem unter anderem die Steuereinnahmen verbucht werden. Er umfasst 326,53 Milliarden Euro mit einem Zuwachs gegenüber 2017 von 10,77 Milliarden Euro. Die erwarteten Steuereinnahmen summieren sich auf 318,96 Milliarden Euro, das sind 17,93 Milliarden Euro mehr als 2017. Die zweithöchsten Einnahmen sind beim Verkehrsetat angesiedelt mit sechs Milliarden Euro (plus 382,91 Millionen Euro), gefolgt vom Etat für Arbeit und Soziales mit 2,04 Milliarden Euro (plus 53,85 Millionen Euro).
Finanzplan des Bundes 2017 bis 2021
Ebenfalls an den Haushaltsausschuss überwiesen werden soll der Finanzplan des Bundes 2017 bis 2021 (18/13001), den die vorherige Bundesregierung bereits im August 2017 vorgelegt hatte. Er enthält die Eckpfeiler für die Etats 2019 bis 2021. Ausgaben und Einnahmen sollen demnach von 329,1 Milliarden Euro (Soll 2017) auf 356,8 Milliarden Euro im Jahr 2021 steigen. Eine Neuverschuldung ist nicht vorgesehen. Die Schuldenstandsquote soll von 66,25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (Soll 2017) auf 57 Prozent im Jahr 2021 fallen. Die Unterschreitung des Maastricht-Referenzwertes von 60 Prozent soll 2020 erreicht werden.
Größter Ausgabeposten in den kommenden Jahren sind laut Finanzplan Rentenversicherungsleistungen des Bundes. Sie steigen demnach von 91 Milliarden Euro (Soll 2017) auf 103,3 Milliarden Euro im Jahr 2021. Die Steuereinnahmen des Bundes sollen von 308 Milliarden Euro (Soll 2017) auf 341,6 Milliarden Euro steigen, das Gesamtsteueraufkommen im selben Zeitraum von 732,4 Milliarden Euro auf 852,2 Milliarden Euro.
Die Bundesregierung geht in dem Finanzplan von einer robusten wirtschaftlichen Entwicklung aus. Das Bruttoinlandsprodukt wird nach ihrer Prognose im Schnitt bis 2021 um jährlich real 1,5 Prozent wachsen, der Arbeitsmarkt mittelfristig in guter Verfassung bleiben. „Das Wirtschaftswachstum wird im gesamten mittelfristigen Vorausschätzungszeitraum rein rechnerisch von der Inlandsnachfrage getragen“, schreibt die Bundesregierung. Das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte wird nach der Prognose um jährlich 3,2 Prozent wachsen. (lau/sas/vom/16.05.2018)