Umweltausschuss befasste sich mit den Folgen von Tschernobyl
Mit der Situation rund um das havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine haben sich am Mittwoch, 25. April 2018, die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit unter Leitung des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Michael Thews (SPD) befasst. Dem öffentlichen Tagesordnungspunkt der ansonsten nichtöffentlichen Ausschusssitzung lagen ein Bericht des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie ein Bericht der Ausschussvorsitzenden Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) zugrunde. Kotting-Uhl hatte die Unglücksregion vom 10. bis 13. April besucht. Am Donnerstag, 26. April, jährt sich die Reaktorkatastrophe zum 32. Mal.
Verzögerungen bei Arbeiten an der neuen Schutzhülle
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), berichtete über Verzögerungen bei den Arbeiten an der neuen Schutzhülle (New Safe Confinement), die den verunglückten Block 4 des Kraftwerkes abschirmen soll. Aufgrund eines hohen Strahlungsniveaus in einem Teilgebiet um den Reaktor könne dort nur zeitlich eingeschränkt gearbeitet werden.
Die Fertigstellung werde nun für Ende 2018 erwartet, sagte die Staatssekretärin. Beim Bau des Brennelementezwischenlagers würden „gute Fortschritte“ erzielt, es gebe aber auch bei diesem Projekt Verzögerungen. Ob der avisierte Abschluss der Arbeit Anfang 2019 zu halten sei, sei aktuell unklar. Die Finanzierung der Arbeiten in Tschernobyl sei nach aktuellem Stand gesichert. Die Ukraine habe ausstehende Beiträge überwiesen, berichtete die Sozialdemokratin.
Florierender Tourismus
Kotting-Uhl ging in ihrem Bericht unter anderem auf die wirtschaftliche Verwertung der Sperrzone rund um das havarierte Kraftwerk ein. So floriere der Tourismus und solle auch noch ausgebaut werden. Zudem vermutet sie, dass das Gebiet auch als Atommüllzentrum etabliert werden soll. So seien Endlager für schwach- und mittelradioaktiven sowie ein Zwischenlager für hochradioaktiven Abfall geplant. Allerdings gebe es noch keine Planungen für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in dem Land.
Die Ukraine wolle zunächst die Erfahrungen in Deutschland und den skandinavischen Ländern abwarten, berichtete Kotting-Uhl. Weiterhin plane ein Konsortium, eine Solaranlage mit 1,2 Gigawatt Leistung in Tschernobyl aufzubauen. Von Vorteil sei, dass vor Ort die Infrastruktur, etwa Leitungen und Strommasten, schon vorhanden sei. An dem Projekt gebe es innerhalb der Ukraine Kritik von Nichtregierungsorganisationen, die eine dezentrale Versorgung befürworten würden, führte die Grünen-Abgeordnete aus.
Kritik äußerte Kotting-Uhl an den unzureichenden Entschädigungszahlungen an die Betroffenen der Katastrophe. Diese würden nicht im gesetzlich vorgesehenen Umfang geleistet. Ebenfalls kritisch betrachtete die Grünen-Politikerin die Energiepolitik die Ukraine, die weiter auf Atomkraft setze. Die EU-Kommission unterstütze diese Politik etwa durch Kredite für Sicherheitsmaßnahmen, um Laufzeitverlängerungen für die ukrainischen Atomkraftwerke zu ermöglichen, betonte Kotting-Uhl. (scr/25.04.2018)