Recht

Katarina Barley: Rechts­staat und Demo­kratie stark machen

Wie die Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode Recht und Verbraucherschutz verbessern will, legte Bundesjustizministerin Dr. Katarina Barley (SPD) am Freitag, 23.März 2018, im Bundestag dar. In ihrer Regierungserklärung betonte sie die Aufgabe des Rechts, verbindliche Regeln für das Zusammenleben zu setzen. Ihr Appell lautete: „Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie stark zu machen im Interesse aller Menschen in Deutschland.“ Ängste nützten nur den Populisten.

Ministerin verbürgt sich für Datensouveränität der Bürger

Mit Blick auf den jüngsten Datenskandal beim sozialen Netzwerk Facebook sagte Barley, dabei müsse das Recht auch Veränderungen wie durch die Digitalisierung Rechnung tragen. Persönliche Daten als Rohstoff weckten Begehrlichkeiten bei der Wirtschaft und könnten auch für andere Zwecke nutzbar gemacht werden. 

Das sei wie der Kampf von David gegen Goliath, aber der Rechtsstaat sei dazu da, dieses Machtgefälle auszugleichen und in der Diskussion mit der IT-Wirtschaft Regeln zu setzen. „Wir stehen ein für die Datensouveränität unserer Bürger“, sagte Barley.

Facebook am Pranger

Als weitere Schwerpunkte bezeichnete die Ministerin die von ihr auf den Weg gebrachte Musterfeststellungsklage, die zum 1. November in Kraft treten solle, damit die in der Dieselaffäre geschädigten Autobesitzer ihre Ansprüche noch vor der Verjährung geltend machen können. Mit dem Gesetz sollen nach dem Motto „Einer für alle“ beispielsweise Verbraucherschutzzentralen in die Lage versetzt werden, für eine Vielzahl von Betroffenen Verfahren führen können, indem Anspruchsvoraussetzungen verbindlich festgestellt werden können.  

Als Problem Nummer eins bezeichnete Barley die Mietenexplosion in den Ballungszentren. Daher solle die Mietpreisbremse „weiter angeschärft“ und die Modernisierungsumlage abgesenkt werden. In der Justiz würden zusätzlichen Stellen geschaffen, damit die Stärkung des Rechtsstaates auch umgesetzt werden könne.

AfD fordert „Reform an Haupt und Gliedern“

Roman Johannes Reusch (AfD) bezog sich in seiner Rede auf das Thema Justiz in Deutschland und forderte eine „Reform an Haupt und Gliedern“.  Den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD nannte er „ideenlos, ziellos, hilflos“ und forderte, „die Agonie in diesem Land“ zu beenden. 

Nötig seien strukturelle Änderungen, da die Masse von Verfahren „mit dem Instrumentarium des 19. Jahrhunderts nicht mehr zu bewältigen“ sei, sagte Reusch.

CDU/CSU: Starker Rechtsschutz und starke Justiz

Aus Sicht von Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) setzt der Koalitionsvertrag Zeichen insbesondere für einen starken Rechtsschutz und eine starke Justiz. Viele Menschen sorgten sich um ihre Sicherheit, deswegen müsse die Justiz funktionieren. Harbarth sagte, mit dem Pakt für den Rechtsstaat werde die Justiz gestärkt und modernisiert. Er sprach von einem Dreiklang aus effizienterem Verfahrensrecht, besserer Personalausstattung und besserer Ausstattung.

 Zum Thema Schutz der Verbraucher in den sozialen Netzwerken sagte der Abgeordnete, es gehe dabei um viel mehr als um Datenmissbrauch, nämlich um eine mögliche Gefährdung der freiheitlichen Demokratie. Facebook müsse sagen, ob solche Fälle wie den USA auch in Deutschland vorgekommen sind. Es dürfe keinen politischen Kniefall vor den sozialen Netzwerken geben.

FDP: Paragraf 219 a des Strafgesetzbuches ändern

Stephan Thomae (FDP) lenkte die Aufmerksamkeit der Abgeordneten auf die Diskussion über den Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches, der die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verbietet. Deswegen hänge in der jungen Koalition „der Haussegen ein bisschen schief“, sagte Thomae und forderte die SPD auf, sich nicht auf Verzögerungen durch den Koalitionspartner einzulassen. Es stünde der SPD gut an, hier frei abzustimmen. 

Die FDP möchte den Paragrafen ändern, Grüne und Linke wollen ihn abschaffen. Eine Mietpreisbremse wie von der SPD favorisiert lehnte Thomae ab. „Sie werden die Mieten nicht mit dem Gesetzbuch in der Hand bremsen können“, sagte der Abgeordnete an die Ministerin gewandt.

Linke fordert mehr Bürgerbeteiligung 

Friedrich Straetmanns (Die Linke) forderte mehr Bürgerbeteiligung, um der politischen Rechten nicht das Feld zu überlassen. Ebenso sprach er sich für ein verbindliches Lobbyregister aus. Eine Verschärfung des Strafrechts lehnte er ab, denn Angst sei ein schlechter Ratgeber. 

Zum Thema Paragraf 219a stellte er sich hinter den Redner der FDP-Fraktion. Die Vorhaben zum Verbraucherschutz begrüßte Straetmanns. Bei der Musterfeststellungsklage müsse man gesetzgeberisch jedoch weiterdenken. Unternehmen wie Facebook müssten rechtliche Grenzen gesetzt werden.

Grüne sehen offene Fragen

Katja Keul (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, sie habe bei der Antrittsrede Barleys ein wenig  die Justiz vermisst. Der Pakt für den Rechtsstaat lasse Fragen offen. Man dürfe nicht immer nur die „Gesetzgebungsmaschine“ anwerfen, sondern müsse das Vertrauen in den Rechtsstaat stärken. Was im Koalitionsvertrag unter anderem fehle, sei der Whistleblower-Schutz. 

Bei der Musterfeststellungsklage verwies Keul auf den Gesetzentwurf der Grünen, von dem die Ministerin „gerne abschreiben“ könne. Beim Paragrafen 219a kritisierte sie die Haltung der SPD. Er sei „unsäglich“ und müsse endlich abgeschafft werden. Sie warnte die SPD davor, bei der weiteren Verzögerung der Gesetzesreform Beihilfe zu leisten.

SPD weist Kritik der Grünen zurück

Dr. Johannes Fechner (SPD) wies die Kritik Keuls zurück. Die SPD-Fraktion erwarte zeitnah einen Gesetzesvorschlag der Bundesregierung. 

Die SPD werde sich nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag vertrösten lassen. Er sei sich aber sicher, dass die Zusage der Bundeskanzlerin gilt. (mwo/23.03.2018)