Parlament

Mobilfunk- und Internet­abdeckung kritisch analysiert

Von „nicht zufrieden“ bis „Skandal“ – in der kritischen Analyse des derzeitigen digitalen Zustands im Land sind sich die Abgeordneten am Donnerstag, 1. März 2018, im Bundestag einig gewesen wie selten. So diente die von der FDP verlangte Aktuelle Stunde zu „Deutschlands LTE-Netz am unteren Ende der europäischen Ranglisten“ zunächst mehr der von Beispielen gespickten Rückschau denn konkreten Lösungsvorschlägen für die nahe Zukunft. LTE steht für „Long Term Evolution“ und bezeichnet den Mobilfunkstandard der dritten Generation mit Downloadraten bis zu 300 Megabit pro Sekunde. 

Magere Netzabdeckung, hohe Kosten

Der Begriff „weißer Fleck“ sei eher häufig als „weiße Fläche“ zu bezeichnen, monierte etwa der FDP-Abgeordnete Frank Sitta. Bei der Datenrate hinke Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern noch weiter hinterher. Sitta verwies auf entsprechende Studien, die den Impuls zu der Aussprache geliefert hatten.

Thomas Jarzombek (CDU/CSU) zitierte weitere Statistiken, die vor allem auf die Kosten von Mobilfunk- und Internet-Verbindungen abzielten. Deutschland sei offensichtlich einer der teuersten Mobilfunk-Standorte in Europa, sagte Jarzombek. „Hier muss etwas passieren.“ Matthias Büttner von der AfD bezeichnete den Zustand als skandalös, Dr. Jens Zimmermann (SPD) gestand „große Probleme“ ein, was die Versorgungsabdeckung betrifft.

Roaming und technische Innovationen fördern

„Deutschland steigt ab“, bilanzierte Anke Domscheit-Berg (Die Linke) – und führte konkrete Gründe dafür an. Domscheit-Berg zitierte aus Ausschreibungen der Bundesnetzagentur, bei der sich Auflagen beispielsweise auf einen Prozentsatz der Bevölkerung bezogen hätten und nicht auf die Fläche. Roaming, also das Nutzen eines Netzes durch einen fremden Anbieter, werde abgelehnt, anstatt es zu fördern – auch so entstünden Versorgungslöcher.

Margit Stumpp (Bündnis 90/ Die Grünen) sah die Schuld auch im Vertrauen auf die Telekom - die Hälfte der Förderungen sei bisher an das Unternehmen gegangen, das ehrgeizige Glasfaser-Ausbauprojekte immer noch mit Kupfer konterkariere. Technologische Innovationen hätten in der vergangenen Legislaturperiode nur eine Nebenrolle gespielt.

Wettbewerb und mehr Masten für 5G-Standard

Bei der Frage nach Lösungsstrategien zeigten sich offenere Differenzen zwischen den Abgeordneten und ihren Fraktionen. Während der CDU-Abgeordnete Jarzombek mehr Wettbewerb im Mobilfunk anmahnte und bei der nächsten Frequenzauktion weitere Bieter ins Boot holen möchte, brachte seine Kollegin Nadine Schön (CDU/CSU) eine App ins Gespräch, mit der Bürger weiße Versorgungsflecken melden könnten.

Zimmermann erinnerte an die Notwendigkeit einer dichten Infrastruktur – es brauche mehr Masten für den zukünftige 5G-Standard, sagte Zimmermann. „Wo Funkzellen nicht aufgebaut werden können, ziehen Anbieter schnell weiter.“

Forderung nach Digitalministerium

Domscheit-Berg forderte, Fehler bei diesem künftigen Standard nicht zu wiederholen. Regulierungen im Sinne des Verbraucherschutzes und Open Access beim Netzausbau seien zu garantieren. Echter Wettbewerb finde über Dienste statt, nicht über Netze. Stumpp indes kanzelte den wahrscheinlichen Zuschnitt der Ministerien in einer neuen Regierung ab. Anstatt eine Ministerium für Digitales einzurichten, blieben die Themen beim Verkehr hängen, dafür gebe es ein Heimatministerium. So werde Deutschland den Anschluss an die Avantgarde nicht schaffen.

Schließlich erinnerte allen voran die Fraktion der FDP daran, welches Potenzial ein Land auf hohem digitalen Stand bietet: Der ländliche Raum könne aufgewertet werden und so etwa angespannte Wohnungsmärkte in den Ballungsräumen entlasten. Digitalisierung könne hier im wahrsten Sinne des Wortes verbinden, sagte Sitta. Der AfD-Abgeordnete Büttner pflichtete dem bei. LTE in der Fläche würde eine Diskussion über die Mietpreisbremse erübrigen, sagte er. Auch Redner der Unionsfraktion verwiesen auf die Chancen für ländliche Gegenden als Lebensräume. (pez/01.03.2018)