Nahles: Wir wollen unsere Politik konsequent europäisch denken
Aus Sicht der Vorsitzenden der SPD-Fraktion, Andrea Nahles, stellt das Jahr 2017 den „Abschluss einer sehr produktiven Legislaturperiode für die SPD“ dar. „Vom Mindestlohn und besseren Renten profitieren viele Menschen in diesem Land“, sagt Nahles im Interview. Künftig wolle sich ihre Fraktion dafür einsetzen, „den digitalen Kapitalismus nach den Regeln der sozialen Marktwirtschaft zu gestalten“. Viele der damit verbundenen Herausforderungen ließen sich jedoch nicht alleine auf nationaler Ebene bewältigen. „Ich möchte daher, dass wir unsere Politik konsequent europäisch denken und uns erst dann mit einer Lösung zufriedengeben, wenn sie nicht nur national, sondern auch europäisch funktioniert“, sagt die SPD-Fraktionsvorsitzende. Das Interview im Wortlaut:
Frau Nahles, was war aus Ihrer Sicht der wichtigste Erfolg der SPD-Fraktion im Jahr 2017?
Das Jahr 2017 ist der Abschluss einer sehr produktiven Legislaturperiode für die SPD. Vom Mindestlohn und besseren Renten profitieren viele Menschen in diesem Land. In diesem Jahr haben wir mit der Ehe für alle den wohl überraschendsten Erfolg setzen können. Wir haben auch durchgesetzt, dass der Bund künftig direkt in die Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen investieren kann. Damit ist das unsinnige Kooperationsverbot in der Schulpolitik endlich aufgebrochen. Wir haben viel für eine bessere Bildung erreicht: Der Bund steuert allein in dieser Wahlperiode 4,1 Milliarden Euro für Krippen und Kitas bei. Und wir schaffen rund 700.000 zusätzliche Studienplätze. Und wer zukünftig unverschuldet auf eine Erwerbsminderungsrente angewiesen ist, wird deutlich mehr in der Tasche haben.
Was halten Sie für die größte Herausforderung im kommenden Jahr? Welche thematischen Schwerpunkte will Ihre Fraktion 2018 setzen?
Die größte Herausforderung im kommenden Jahr ist es, eine neue Regierung zu bilden. Wir werden verantwortungsbewusst mit dieser Lage umgehen. Andere Parteien haben sich ihrer Verantwortung entzogen. Wir setzen uns für die Stärkung des sozialen Zusammenhalts unserer Gesellschaft ein – in Deutschland und Europa. Daran werden wir unsere Arbeit im Deutschen Bundestag ausrichten.
Welche Ziele werden Sie als Fraktionsvorsitzende verstärkt verfolgen? Gibt es ein Thema, für das Sie sich persönlich besonders einsetzen wollen?
Wir wollen den digitalen Kapitalismus nach den Regeln der sozialen Marktwirtschaft gestalten. Das ist eine riesige Herausforderung, der wir uns annehmen werden. Große Internet-Unternehmen krempeln ganze Märkte um, aber entziehen sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, weil sie kaum Steuern zahlen oder so tun, als seien sie keine Arbeitgeber. Viele Herausforderungen auf diesem Gebiet lassen sich nicht alleine auf nationaler Ebene bewältigen. Das gilt auch für viele andere Bereiche wie die Migrations- oder Sicherheitspolitik. Ich möchte daher, dass wir unsere Politik konsequent europäisch denken und uns erst dann mit einer Lösung zufrieden geben, wenn sie nicht nur national, sondern auch europäisch funktioniert.
(hau/27.12.2017)