Der Bundestag hat die Beteiligung der Bundeswehr an der Friedensmission der Vereinten Nationen (UN) in Südsudan (Unmiss) zunächst befristet bis Ende März 2018 verlängert. In namentlicher Abstimmung votierten am Mittwoch, 13. Dezember 2017, 601 Abgeordnete für den Antrag (19/20) der geschäftsführenden Bundesregierung und 68 dagegen. Insgesamt wurden 669 Stimmen abgegeben, der Hauptausschuss hatte zuvor eine Beschlussempfehlung (19/175) vorgelegt.
Die Mandate bleiben unverändert: Für die Mission sollen bis zu 50 Soldaten eingesetzt werden können, derzeit sind 16 Bundeswehrkräfte vor Ort. Sie nehmen dort nach Regierungsangaben Führungs-, Verbindungs-, Beratungs-, Beobachtungs- und Unterstützungsaufgaben wahr. Darüber hinaus helfen sie bei der technischen Ausrüstung und Ausbildung truppenstellender Nationen.
SPD: Mission schützt Menschenleben
Christoph Matschie (SPD) bezeichnete die Lage im Südsudan als „dramatisch“. Trotz aller Bemühungen habe sie sich sogar weiter verschlechtert. So habe sich die Zahl der Flüchtlinge im vergangenen Jahr auf fast vier Millionen verdoppelt. Dass die Vereinten Nationen daraus die Konsequenz gezogen hätten, den Einsatz in Südsudan zu verstärken, befürworte die SPD.
„Die Mission wird weiter gebraucht, sie schützt Menschenleben und wird hoffentlich in Zukunft einen Beitrag leisten zur Stabilisierung des Landes können“, betonte Matschie.
CDU/CSU: Ohne Soldaten keine humanitäre Hilfe
Für die CDU/CSU nannte Elisabeth Motschmann den von der Linksfraktion in einem Entschließungsantrag (19/238) geforderten sofortigen Abzug „unverantwortlich“. Dies hieße, den Menschen in Südsudan „Hilfe zu verweigern und sie ihrem Schicksal zu überlassen“.
Ohne Soldaten könne es dort keine humanitäre Hilfe geben, erklärte Motschmann. Voraussetzung sei, die Sicherheit von Helfern und Transporten zu gewährleisten.
FDP: Afrika braucht entwicklungspolitische Perspektive
Ähnlich argumentierte Bijan Djir-Sarai (FDP). „Eine erfolgreiche humanitäre Hilfsarbeit ohne die Unterstützung durch Streitkräfte ist unvorstellbar“, warnte er. Ein „kopfloser Abzug“ sei „jenseits jeglicher Vernunft“.
Dennoch brauche der afrikanische Kontinent insgesamt eine „echte entwicklungspolitische Perspektive“.
Afd bemängelt Effizienz des Einsatzes
Gerold Otten (AfD) kritisierte, die Mission in Südsudan werde ihren Aufgaben nicht gerecht. Es sei Aufgabe der Politik, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Soldaten vor Ort die ihnen gesteckten Ziele auch erreichen können.
Deutschland müsse dafür als drittgrößter Beitragszahler der Vereinten Nationen sein Gewicht in die Waagschale werfen. Zu überprüfen sei unter anderem, ob der militärische Anteil von Unmiss nicht „signifikant“ verringert werden könnte.
Grünen fordern mehr Engagement der Bundesregierung
Die Situation im Südsudan sei „zum Verzweifeln und zum Heulen“, sagte Agniezska Brugger (Bündnis 90/Die Grünen). In Richtung der Linksfraktion sagte sie: „Man will sich nicht vorstellen, was es für die Menschen bedeuten würde, wenn Unmiss ihnen nicht in den Schutzzonen Zuflucht gewähren würde.“
Der Bundesregierung warf sie mit Blick auf die bei Weitem nicht ausgeschöpfte Personalobergrenze ein zu geringes Engagement vor. „Da geht mehr“, betonte sie. Zudem bezeichnete sie ein weltweites Waffenembargo gegen den Südsudan als „längst überfällig“.
Linke will Abzug und mehr zivile Friedensarbeit
Unmiss sei nicht das richtige Mittel, um den in Südsudan dringend benötigten Frieden zu schaffen, argumentierte demgegenüber Kathrin Vogler (Die Linke). Aus Sicht ihrer Fraktion gibt es Alternativen zum Einsatz von Soldaten. Vogler verwies auf zivilgesellschaftliche Organisationen, die die Bevölkerung im Südsudan mit gewaltfreien Methoden wirksam vor Übergriffen schützten.
Der Bundestag lehnte mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der AfD den Entschließungsantrag der Linken (19/238) ab, den Einsatz der Bundeswehr in Südsudan sofort und vollständig zu beenden und die zivile Friedensarbeit in Südsudan finanziell und politisch stärker zu unterstützen.
Unterstützende und beratende Aufgaben
Nach Regierungsangaben besteht die Aufgabe der deutschen Streitkräfte in der Wahrnehmung von Führungs-, Verbindungs-, Beratungs-, Beobachtungs- und Unterstützungsaufgaben. Darüber hinaus sollen sie bei technischer Ausrüstung und Ausbildung für truppenstellende Nationen sowie für die Vereinten Nationen helfen.
Der Einsatz ist Teil der von den Vereinten Nationen geführten Friedensmission „Unmiss“ (United Nations Mission in the Republic of South Sudan) auf der Grundlage von Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Auch gut zwei Jahre nach dem zwischen der südsudanesischen Regierung, der Rebellenorganisation „Sudan People's Liberation Movement/Army-in-Opposition“ und einer Gruppe ehemals inhaftierter politischer Führungspersönlichkeiten (sogenannte „Former Detainees“) geschlossenen Friedensabkommen steht der Südsudan laut Bundesregierung vor massiven Problemen.
Humanitäre Lage zugespitzt
Nach dem Wiederausbruch des Bürgerkriegs im Juli 2016 habe sich die humanitäre Lage zugespitzt. Humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte würden massiv verletzt: Von ursprünglich gut zwölf Millionen Einwohnern seien aktuell 7,6 Millionen auf humanitäre Hilfe angewiesen, darunter über zwei Millionen Flüchtlinge in den Nachbarstaaten und 1,87 Millionen Binnenvertriebene. Humanitäre Helfer seien Behinderungen, Übergriffen und Erpressungen ausgesetzt und übten ihre Arbeit unter erhöhter Lebensgefahr aus; allein 2017 seien bisher 18 von ihnen zu Tode gekommen.
Als desaströs bezeichnet die Regierung auch die Menschenrechtslage. Das Ausmaß an konfliktbezogener Gewaltanwendung gegenüber der Zivilbevölkerung habe ein besorgniserregendes Niveau erreicht. Frauen und Kinder seien davon besonders betroffen: Unmiss und Nichtregierungsorganisationen berichteten wiederholt von weitverbreiteter und systematischer sexueller Gewalt, Verstümmelungen und Morden als Kriegstaktiken, brutalen Mitteln ethnischer Auseinandersetzungen und Racheakten.
Alle Konfliktparteien führen ihre militärischen Aktivitäten uneingeschränkt fort, die Regierung halte sich nicht an den im Rahmen des „Nationalen Dialogs“ im Mai 2017 von Staatspräsident Salva Kiir Mayardit einseitig ausgerufenen Waffenstillstand. Die Beilegung des Konflikts, die Minderung seiner Folgen für die Zivilbevölkerung und der (Wieder-)Aufbau seien ohne intensive Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft nicht vorstellbar, lautet die Einschätzung der Bundesregierung. (joh/13.12.2017)