Die Bundeswehr wird weiterhin die irakische Armee sowie Sicherheitskräfte in der Region Kurdistan-Irak ausbilden und dafür bis zu 150 Soldatinnen und Soldaten entsenden. Ein entsprechender Antrag der Bundesregierung (19/25) fand am Dienstag, 12. Dezember 2017, eine Mehrheit im Bundestagsplenum. 435 Abgeordnete stimmten in namentlicher Abstimmung dafür, 196 lehnten den Antrag ab, es gab 37 Enthaltungen. Grundlage war eine Beschlussempfehlung des Hauptausschusses (19/178), in dem AfD und Die Linke gegen den Antrag gestimmt hatten. Das Mandat ist befristet bis Ende April 2018. Die einsatzbedingten Zusatzausgaben beziffert die Bundesregierung für diesen Zeitraum auf rund 6,9 Millionen Euro.
SPD: Territoriale Integrität des Iraks nicht aufs Spiel setzen
Niels Annen (SPD) sprach von einem „schwierigen Mandat in einem ausgesprochen komplexen Sicherheitsumfeld“. Sowohl die Lieferung von Waffen wie auch die Ausbildung der Peschmerga seien im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS) im Irak erfolgreich gewesen.
Aber man habe mit Nachdruck immer wieder signalisieren müssen, dass diese Unterstützung nicht missbraucht werden dürfe, die territoriale Integrität des Iraks aufs Spiel zu setzen.
CDU/CSU: Epochale und kluge Entscheidung
Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) nannte den damaligen Beschluss des Bundestages, die Peschmerga im Kampf gegen den IS zu unterstützen, eine „epochale und kluge Entscheidung“, die einen Beitrag für mehr Frieden „in diesem geschundenen Irak“ geleistet habe.
Der Auftrag sei nicht beendet, denn der IS sammle nach wie vor Waffen und schmiede Anschlagspläne. „Es ist weiter wichtig, aktiv zu bleiben.“
AfD befürchtet neuen Bürgerkrieg im Irak
Dr. Birgit Malsack-Winkemann (AfD) betonte, das die Regierung des Iraks den Krieg gegen den IS für beendet erklärt und die Kontrolle über die Grenze zu Syrien zurückerlangt habe.
Den Einsatz zu verlängern bedeute mit Blick auf die innerirakische Konfliktlage zwischen Kurden und Zentralregierung, einen „neuen Bürgerkrieg in Kauf zu nehmen, in dem wir eine Seite militärisch unterstützen“.
FDP: Nicht Partei werden beim Staatszerfall des Iraks
Alexander Graf Lambsdorff (FDP) zog eine positive Bilanz des Einsatzes gerade mit Blick auf den Schutz der Jesiden und anderer Minderheiten in der Region.
Ein Fehler sei jedoch die Ausstattung mit Kleinwaffen gewesen, deren Verbleib sich in einem Land wie dem Irak nicht kontrollieren lasse. Deutschland dürfe auf solchen Wegen nicht „Partei werden beim einem Staatszerfall des Iraks“.
Linke: Deutschland mitten in einem innerirakischen Konflikt
Matthias Höhn (Die Linke) sah Deutschland bereits mitten in einem solchen innerirakischen Konflikt. Jesiden würden mittlerweile mit deutschen Waffen vertrieben.
Aus Deutschland gelieferte Panzerabwehrraketen würden im Konflikt zwischen Zentralregierung und Kurden eingesetzt.
Grüne: Zentrifugale Kräfte im Irak unter Kontrolle bringen
Auch Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) argumentierte, dass Deutschland mit diesem Einsatz Teil des innerirakischen Konfliktes geworden sei. Ein Zerfall des Iraks wäre fürchterlich würde erneut zu einer Situation führen, die den IS einst hatte groß werden lassen.
„Wir müssen alles dafür tun, die zentrifugalen Kräfte im Irak unter Kontrolle zu bringen, statt Separatisten militärisch zu trainieren.“
Mehr als 16.000 Sicherheitskräfte ausgebildet
Insgesamt ist für die Mission der Einsatz von bis zu 150 Soldatinnen und Soldaten vorgesehen. Zu den Aufgaben gehören militärische Ausbildungslehrgänge, die zeitlich begrenzte Koordinierungsverantwortung in Rotation mit internationalen Partnern, Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben, die beratende Unterstützung internationaler Partner in Ausbildungszentren im Raum Erbil und Nordirak sowie Führungs-, Warn- und Schutzaufgaben.
Die Bundesregierung sieht in der Ausbildungsunterstützung einen Beitrag zum nachhaltigen Aufbau von Fähigkeiten der Sicherheitskräfte der Region Kurdistan-Irak sowie der irakischen Streitkräfte. Seit Beginn der Ausbildungsunterstützung am 15. Februar 2015 im Raum Erbil habe die Bundeswehr gemeinsam mit internationalen Partnern insgesamt mehr als 16.000 Sicherheitskräfte ausgebildet. In geringerem Umfang seien zudem irakische Streitkräfte in Deutschland ausgebildet worden.
Spannungen zwischen Nordirak und Zentralregierung
Deutschland habe die 2014 begonnene materielle Unterstützung der Regierung der Region Kurdistan-Irak und der irakischen Zentralregierung fortgesetzt, heißt es in dem Antrag weiter. Im Mittelpunkt stehe bedarfsgenaue Vermittlung von Ausbildungsinhalten und gleichzeitig die Stärkung der Fähigkeit der irakischen Kräfte, das gelieferte Material angemessen zu verwalten, zu lagern und instand zu setzen. Damit die bisher im Irak erzielten Erfolge auf Dauer gesichert werden und um zu verhindern, dass der sogenannte „Islamische Staat“ wieder erstarkt, ist es aus Sicht der Regierung unerlässlich, das internationale Engagement fortzusetzen.
Im Hauptausschuss gab die Bundesregierung folgende Erklärung zu Protokoll: „Angesichts der infolge des kurdischen Unabhängigkeitsreferendums eingetretenen Spannungen zwischen der irakischen Zentralregierung und der Regierung der Region Kurdistan-Irak unterstützt die Bundesregierung Bemühungen für einen Dialogprozess aller beteiligten Parteien. Im Falle einer Wiederaufnahme substanzieller Kampfhandlungen zwischen den Sicherheitskräften der Regierung der Region Kurdistan-Irak und den irakischen Streitkräften wird die Bundesregierung unter Berücksichtigung der Sicherheitslage und in Abstimmung mit ihren internationalen Partnern unverzüglich entscheiden, die Ausbildung von Sicherheitskräften im Nordirak auszusetzen, sofern und solange die Sicherheitslage dies erfordert.“
Entschließungsantrag der Linken abgelehnt
Der Bundestag lehnte einen Entschließungsantrag der Linken (19/223) ab, die Ausbildungshilfe der Bundeswehr im Nordirak zu beenden und die deutschen Soldaten sofort und vollständig abzuziehen. Die Lieferung von Waffen und Rüstungsgütern in den Nordirak sollte nach dem Willen der Fraktion künftig ausgeschlossen werden.
CDU/CSU, SPD und FDP stimmten gegen den Entschließungsantrag, AfD und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. (ahe/vom/12.12.2017)