Unterschiedliche Reaktionen auf angekündigte Siemens-Entlassungen
SPD-Chef Martin Schulz hat den vom Siemens-Management angekündigten massenhaften Abbau von Arbeitsplätzen bei seiner ersten Rede im Bundestag scharf verurteilt. Die Mitteilung bedeutet nach seinen Worten: „Wir schmeißen die Leute raus, das steigert den Gewinn.“ Dies erklärte er am Dienstag, 21. November 2017, in einer von der SPD-Fraktion verlangten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Arbeitsplatzverlust bei Siemens vermeiden – neue Perspektiven für Beschäftigte schaffen“.
SPD: Inakzeptables Verhalten des Managements
Schulz vertrat die Ansicht, die Konzernleitung wolle nun Beschäftigte „für krasse Managementfehler bluten“ lassen. Dies sei „inakzeptabel“ und „nicht das Verhalten eines verantwortungsbewussten Managements“. Das Unternehmen habe sich in zurückliegenden Krisenzeiten „auf die Belegschaft verlassen“ können.
Dieses Vertrauen sei ein „hohes Gut“ gewesen. Die „Zerschlagung“ dieses Vertrauens schade dem Wirtschaftsstandort Deutschland. Es seien gerade im Osten Deutschlands Regionen betroffen, „die das nicht leicht verkraften können“, in denen aber zuvor „staatliche Fördergelder geflossen“ seien.
CDU/CSU: Neue Arbeitsplätze in anderen Sparten
„Siemens-Bashing hilft nicht“, hielt Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) Schulz entgegen. Politiker seien „nicht die besseren Unternehmer“. Es handle sich um eine „ureigene unternehmerische Entscheidung“, die Produktion an die „veränderten Bedingungen“ anzupassen. Der Weltmarkt für konventionelle Stromerzeugung habe sich „sehr stark verändert“. Dass die erneuerbaren Energien stärker wachsen, sei „politisch gewollt“.
In anderen Sparten bei Siemens entstünden neue Arbeitsplätze – 5.000 in diesem, 5.000 im nächsten Jahr. Pfeiffer setzt darauf, dass das Unternehmen möglichst viele der betroffenen Standorte mit „anderen Inhalten“ beibehalten werde. Er propagierte, auf Instrumente wie Arbeitsplatzwechsel und Altersteilzeit zu setzen.
AfD rügt „kopflose Energiepolitik“
Tino Chrupalla (AfD) nannte es „heuchlerisch“, dass die SPD nun versuche, sich „als Arbeiterpartei zu inszenieren“. Sie sei doch zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel „mitverantwortlich“ dafür, dass eine „Klimaschutzideologie durchgedrückt“ worden sei. Eine „kopflose Energiepolitik“ bringe jetzt „unsere besten Unternehmen ins Straucheln“.
Bei den Wahlen sei ja Schwarz-Rot ein „Denkzettel verpasst“ worden, weil deren „Inkompetenz durchschaut“ worden sei. Die Rahmenbedingungen für den beabsichtigten Arbeitsplatzabbau habe „nicht Siemens geschaffen, sondern die Politik“. Die Betroffenen hätten das Nachsehen für die „totale Abkehr von fossilen Brennstoffen“.
FDP hofft auf „Nachdenken“ des Managements
Torsten Herbst (FDP) machte klar, dass ja nicht „der Bundestag über Arbeitsplätze entscheidet“. Dem Konzern hielt er vor, er habe nicht nur die Verantwortung für Aktionäre, sondern auch für die Standorte.
Er könne „nicht nachvollziehen“, dass ausgerechnet im Osten Standorte – besonders betroffen die Lausitz – geschlossen werden sollen. Denn dort seien doch die Produktionskosten eher günstig. „Ich kann den Frust der Menschen in der Region verstehen.“ Er stellte die Frage, warum es nicht um „neue Produkte in Görlitz und anderswo“ gehen könne. Er hoffe, dass das Siemens-Management doch „nachdenkt“ und „noch nicht das letzte Wort gesprochen“ sei.
Linke: Stellenabbau dient nicht dem Gemeinwohl
Klaus Ernst (Die Linke) warf dem Siemens-Management vor, sich weder am Grundgesetz, noch an der bayrischen Verfassung zu orientieren. Denn der Stellenabbau „dient nicht dem Gemeinwohl“ und sei „unsittlich“. Er machte sich dafür stark, es „rechtlich einzuschränken, dass trotz Gewinnen Massenentlassungen“ möglich seien.
Dies könne über Änderungen beim Kündigungsschutz, im Betriebsverfassungsgesetz und im Aktienrecht erreicht werden: „Die Bürger erwarten, dass wir hier eingreifen.“ Er fragte: „Wollen wir dem einfach zusehen?“ Konzerne wie Siemens trügen auch eine regionale Verantwortung.
Grüne: Siemens-Maßnahmen verantwortungslos
„Schlicht verantwortungslos“ sind für Stephan Kühn (Bündnis 90/Die Grünen) die Siemens-Maßnahmen: „Die Belegschaft muss aushalten, dass das Management an der alten Energiewelt festgehalten hat.“ Speziell in Görlitz gehe es um Turbinen, die etwa auch in Windkraftanlagen eingebaut würden.
Er beklagte die Abhängigkeit der ostdeutschen Wirtschaft von Konzernzentralen und verwies auf die in den Jamaika-Sondierungen angesprochene steuerliche Forschungsförderung, die auch gerade kleineren Firmen hätte zugutekommen sollen. Kohleregionen wie die Lausitz müssten „beim Strukturwandel unterstützt“ werden. (fla/21.11.2017)