Karlsruhe verwirft Wahlprüfungsbeschwerde gegen Bundestagswahl 2013
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat am Donnerstag, 5. Oktober 2017, bekannt gegeben, dass er eine Wahlprüfungsbeschwerde gegen die Bundestagswahl 2013 mit Beschluss vom 19. September 2017 verworfen hat (Aktenzeichen: 2 BvC 46/14). Der Beschwerdeführer hatte erfolglos die Fünf-Prozent-Sperrklausel, den Verzicht des Gesetzgebers auf die Einführung eines sogenannten Eventualstimmrechts und die „verschleierte Staats- und Wahlkampffinanzierung der Bundestagsparteien durch ihre Fraktionen, Abgeordnetenmitarbeiter und parteinahen Stiftungen“ gerügt. Dadurch seien die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit der Parteien verletzt, das Ergebnis der Wahl erheblich beeinflusst und er in seinem „Grundrecht auf gleiche Wahl“ verletzt worden. Der Zweite Senat forderte den Deutschen Bundestag auf, dafür zu sorgen, dass die „ordnungsgemäße Verwendung der dem Abgeordneten für die Beschäftigung von Mitarbeitern zur Verfügung stehenden staatlichen Mittel nachvollziehbarer Kontrolle unterliegt“.
Einspruch gegen die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013
Nach Angaben des Gerichts hatte der Beschwerdeführer im November 2013 beim Deutschen Bundestag erfolglos Einspruch gegen die Gültigkeit der Bundestagswahl vom 22. September 2013 eingelegt. Gegen den ablehnenden Beschluss habe er im August 2014 Wahlprüfungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erhoben und beantragt, den angegriffenen Bundestagsbeschluss aufzuheben, die Bundestagswahl 2013 für ungültig zu erklären und eine Wiederholungswahl anzuordnen. Der Senat kam zum Ergebnis, dass die Wahlprüfungsbeschwerde unzulässig sei, soweit sie sich gegen die Bereitstellung staatlicher Mittel für politische Stiftungen und Bundestagsfraktionen und deren Verwendung richtet. Im Übrigen sei sie unbegründet.
Der Beschwerdeführer hatte unter anderem vorgebracht, dass aufgrund der Fünf-Prozent-Sperrklausel bei der Wahl 15,7 Prozent der Stimmen auf Parteien entfallen waren, die mit ihrem Zweitstimmenanteil unter fünf Prozent blieben. Dazu heißt es im Beschluss, es sei nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, eigene Zweckmäßigkeitserwägungen an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu setzen. Entschließt sich der Gesetzgeber zur Einführung einer Sperrklausel, dürfe er in aller Regel keines höheres als ein Fünf-Prozent-Quorum begründen. Innerhalb dieser Grenze unterliege es aber seiner Entscheidung, wie weit er die Möglichkeit zur Differenzierung ausschöpft.
Eine „Eventualstimme“ müsste der Gesetzgeber einführen
Die Einführung einer „Eventualstimme“ für den Fall, die die über die „Hauptstimme“ mit Priorität gewählte Partei wegen der Fünf-Prozent-Sperrklausel nicht die erforderliche Mindeststimmenzahl erhält, sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Einführung eines Eventualstimmrechts würde die Komplexität und Fehleranfälligkeit des Wahlvorgangs erhöhen und neue Eingriffe in die Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl herbeiführen, so der Senat.
Daher könne ein Eventualstimmrecht nicht als zweifelsfrei „gleich geeignetes, milderes Mittel“ zur Erreichung des Ziels angesehen werden, die Funktionsfähigkeit des Parlaments zu erhalten. Es wäre Sache des Gesetzgebers, die mit einem Eventualstimmrecht verbundenen Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen und auf dieser Grundlage über dessen Einführung zu entscheiden.
Bundestag soll ergänzende Regelungen schaffen
Weiter heißt es im Beschluss, die Bereitstellung staatlicher Mittel zur Beschäftigung von Abgeordnetenmitarbeitern stelle keinen Wahlfehler dar. Die Unterstützung des Abgeordneten bei der Wahrnehmung seiner Mandatspflichten durch eigene Mitarbeiter und die Erstattung des damit verbundenen Aufwands sei auch in Wahlkampfzeiten kein Eingriff in den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien. Etwas anderes könne nur gelten, wenn Abgeordnetenmitarbeiter im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit für Parteiaufgaben oder Wahlkampfaktivitäten eingesetzt werden.
Nicht von der Hand zu weisen sei jedoch, dass der Einsatz von Abgeordnetenmitarbeitern sich öffentlich weitgehend nicht nachvollziehen lasse. Zugleich führten die „unvermeidbaren Überschneidungen“ zwischen der Wahrnehmung des Abgeordnetenmandats im Wahlkreis und der Beteiligung am Wahlkampf zu einer „in hohem Maße missbrauchsanfälligen Situation“. Vor diesem Hintergrund habe sich der Senat veranlasst gesehen, darauf hinzuweisen, dass der gegenwärtige Regelungsbestand der besonderen Missbrauchsanfälligkeit im Hinblick auf den Einsatz von Abgeordnetenmitarbeitern im Wahlkampf nicht ausreichend Rechnung trägt.
„Der Deutsche Bundestag wird zur Wahrung der Chancengleichheit der Parteien durch ergänzende Regelungen des Abgeordnetengesetzes oder anderer untergesetzlicher Vorschriften dafür Sorge zu tragen haben, dass der Verwendung von Abgeordnetenmitarbeitern im Wahlkampf verstärkt entgegengewirkt wird und die Verwendung der zur Verfügung gestellten Mittel nachvollziehbarer Kontrolle unterliegt“, betont der Senat. (vom/05.10.2017)