Koalition will Strafrahmen für Wohungseinbrüche verschärfen
Das Vorhaben der Koalitionsfraktionen, Wohnungseinbrüche künftig härter zu bestrafen, stößt bei den Oppositionsfraktionen auf Widerspruch. Das wurde während der ersten Lesung zu dem von CDU/CSU und SPD dazu vorgelegten Gesetzentwurf (18/12359) am Freitag, 19. Mai 2017, deutlich. Frank Tempel (Die Linke) warf der Bundesregierung vor, mit „Law-and-Order-Ideologie“ beim Wähler punkten zu wollen. Der große Hammer der Rechtsverschärfung werde aber nicht benötigt. Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte die Planung, künftig die Vorratsdatenspeicherung auf die Einbruchskriminalität ausweiten zu wollen. Wichtiger sei es, die Präsenz der Polizei vor Ort zu stärken.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verteidigte die geplante Strafverschärfung. Benötigt werde ein „kluger Mix“ aus mehr Prävention, höherer Aufklärung und härteren Strafen. Unterstützung erhielt er aus den Reihen der Koalitionsfraktionen. Der derzeitige Strafrahmen spiegle das Unrecht, das mit einem Wohnungseinbruch begangen werde, nicht wieder, sagte Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU). Dr. Eva Högl (SPD) sprach von einem guten Paket. Die darin enthaltene Verschärfung des Strafrechts sei keine Symbolik, betonte sie.
Mindeststrafe von einem Jahr
Das Strafgesetzbuch sieht bisher für den Wohnungseinbruchdiebstahl eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor, in minder schweren Fällen von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Die Neuregelung soll einen neuen Straftatbestand des Einbruchdiebstahls in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung schaffen. Bei ihm soll kein minder schwerer Fall mehr möglich sein sowie die Mindeststrafe ein Jahr betragen.
Mit der Neuregelung kann der Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung nicht mehr als Vergehen gewertet werden, sondern gilt in jedem Fall als Verbrechen. Ein Aussetzen der Strafe zur Bewährung ist damit ausgeschlossen, die Haft muss in jedem Fall angetreten werden. Durch die Ermöglichung einer rückwirkenden Funkzellenabfrage bei Einbrüchen in dauerhaft genutzte Privatwohnungen soll zudem die Fahndung nach Einbrechern, insbesondere Einbrecherbanden erleichtert werden.
Minister: Mehr als 150.000 Wohnungseinbrüche 2016
Mehr als 150.000 Wohnungseinbrüche seien im vergangenen Jahr zu verzeichnen gewesen, sagte Justizminister Maas. Vor zehn Jahren habe die Zahl noch bei 100.000 gelegen. „Diesen Anstieg kann man nicht ignorieren“, befand er. Wohnungseinbrüche, so der Minister, führten zu erheblichen materiellen und ideellen Schäden. Noch schlimmer seien aber die psychischen Folgen, wenn in die absolute Intimsphäre der Menschen eingedrungen werde.
Laut Maas muss auf drei Wegen gegen Einbrecher vorgegangen werden. Zum einen müsse die Prävention verbessert werden. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) stelle Finanzierungshilfen zum besseren Einbruchsschutz in Wohnungen von bis zu 1.500 Euro pro Wohnung zur Verfügung. Vor dem Hintergrund, dass 2016 nur 17 Prozent der Wohnungseinbrüche aufgeklärt worden seien, müsse durch mehr Personal bei der Polizei und bessere Instrumente die Aufklärungsquote massiv erhöht werden, forderte er und begründete so auch die zu schaffende Möglichkeit der Funkzellenabfrage.
Schließlich müsse aber auch der Strafrahmen angehoben werden. Der Staat müsse Einbrechern klarmachen: „Wer in eine Privatwohnung einbricht begeht ein Verbrechen, für das ihn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr erwartet“, sagte Maas.
Linke: Koalition schürt Ängste
Die angekündigten härteren Strafen, trotz der im Vergleich zum Vorjahr gesunkenen Zahl der Wohnungseinbrüche, seien dem Wahlkampf geschuldet, befand hingegen Frank Tempel. Statt wirkliche Probleme zu benennen und anzugehen, wie etwa die Altersarmut oder die um 24 Prozent unter Westniveau liegenden Löhne im Osten, wollten Union und SPD, dass das Thema Sicherheit den Wahlkampf bestimmt. „Deshalb schüren Sie Ängste, ähnlich wie es die AfD tut“, sagte der Linke-Abgeordnete.
Einbrecher, insbesondere wenn sie in Banden unterwegs sind, ließen sich nicht mit einer Strafverschärfung abschrecken, befand Tempel. Angesichts der geringen Aufklärungsquote würden sich Einbrecher sicher fühlen. Hier müsse angesetzt werden. Allerdings seien dafür oft aufwendige Ermittlungen nötig. „Der Personalabbau bei der Polizei hat aber negative Spuren hinterlassen“, sagte Tempel. So gebe es auch immer weniger Präventivstreifen, die zur Nachtzeit unterwegs sind. Folge davon sei, dass das Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung sich weiter erhöhe und die Hemmschwelle der Täter sinke.
CDU/CSU: Speicherung von Verbindungsdaten richtig
Die Reform des Strafrechts sei schon aus Gründen des Opferschutzes geboten, sagte Volker Ullrich. „Wer einen Wohnungseinbruch begeht, raubt den Menschen die Freiheit auf ungestörte Privatsphäre“, sagte er. Ullrich begrüßte es, dass Einbruchdiebstahl in den Katalog der Verkehrsdatenabfragen aufgenommen werden soll. Keinen Unterschied dürfe es mache, ob der Einbruch von einem Einzelnen oder einer Bande ausgeführt wurde. Auch das gebiete der Opferschutz, sagte der Unionsabgeordnete, der – auch vor diesem Hintergrund – die beschlossene „Speicherung von Verbindungsdaten“ als richtig und wichtig bezeichnete.
Ullrich ging außerdem auf die „unterschiedliche Betroffenheit von Einbruchsdiebstählen in den einzelnen Ländern ein“. Aus den Zahlen gehe hervor: „Dort, wo die Union den Innenminister stellt, leben die Menschen sicherer.“
Grüne gegen ein höheres Strafmaß
Statt Symbolpolitik zu betreiben, sollte der Staat dabei helfen, Einbrüche zu vermeiden, forderte Hans-Christian Ströbele. Schutzmaßnahmen in der eigenen Wohnung seien möglich, kosteten aber Geld, was Geringverdiener nicht zur Verfügung hätte, sagte der Grünen-Abgeordnete. Den Verweis des Justizministers auf das entsprechende Förderungsprogramm durch die KfW aufgreifend, sagte Ströbele, die Mittel seien ausgeschöpft. Er sprach sich für gesetzgeberisches Handeln derart aus, dass beispielsweise Mieter, die ein sicherndes Stangenschloss an ihrer Wohnungstür anbringen, bei Auszug nicht mehr verpflichtet werden können, dieses auszubauen.
Außerdem sollten seinen Vorstellungen nach Vermieter verpflichtet werden, neue Wohnungen mit einem ausreichenden Sicherheitssystem auszustatten. Eine Erhöhung des Strafmaßes lehnte Ströbele ab. Schon einmal sei die Mindeststrafe von drei auf sechs Monate erhöht worden – ohne jedes Ergebnis allerdings, sagte er.
SPD beklagt viel zu niedrige Aufklärungsquote
Eva Högl kritisiert die „viel zu niedrige Aufklärungsquote“. Hier seien vor allem die Länder gefordert. Eine große Bedeutung habe aber auch das Thema Eigensicherung. Die Koalition habe 50 Millionen Euro für das KfW-Programm zur Verfügung gestellt und so die Bürger unterstützt, damit sie sich selber besser sichern können.
Noch nicht geschafft habe man eine Überarbeitung der Landesbauordnungen, damit diese Schutzmaßnahmen als Vorschrift eingefügt werden, räumte die SPD-Abgeordnete ein. „Wir nehmen uns in der nächsten Legislaturperiode vor, mit unseren Kollegen zu sprechen“, sagte sie. (hau/19.05.2017)