Parlament

Fragestunde: Rita Stock­hofe fragt nach wei­teren Labo­ren für Wolfs­genetik

Im Anschluss an die Regierungsbefragung folgte in der Plenarsitzung am Mittwoch, 23. Juni 2017, die Fragestunde (18/12876), in der Vertreter der Bundesregierung Fragen der Abgeordneten beantworteten, die getrennt nach Ressortzuständigkeit aufgerufen wurden. 

Eine der Fragestellerinnen war Rita Stockhofe, jagdpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion. Sie erkundigte sich, wann die Bundesregierung plant, weitere Labore für Wolfsgenetik auszuschreiben. 40 Wolfsrudel, fünf Paare und drei Einzeltiere: Das ist die vorläufige Bilanz des Wolfsmonitorings 2016/2017 der bundesweiten Dokumentations- und Beratungsstelle zum Thema Wolf. Seit es im Jahr 2000 einem Wolfspaar gelang, ihre Welpen in der Niederlausitz aufzuziehen, wächst der Bestand in Deutschland – und damit auch die Diskussion über den Umgang mit den Raubtieren. Während sich Naturschützer über die Rückkehr der lange ausgerotteten Tiere freuen, wächst vielerorts das Unbehagen: Insbesondere Landwirte fürchten um ihre Schafe und Rinder. Bislang, so Rita Stockhofe, sei bei einem Wolfsriss allein das „Senckenberg Institut“ für die DNA-Nachweise zuständig, welche Viehalter benötigen, um sich Wolfsschäden erstatten zu lassen: „Aber solche Analysen benötigen viel Zeit.“ Im Interview plädiert die Abgeordnete aus Recklinghausen für die Einrichtung weiterer Labore, „um die betroffenen Weidetierhalter nicht so lange auf den Kosten sitzen zu lassen“. In der aktuellen Debatte um eine Bejagung der Wölfe spricht sie sich zudem dafür aus, angesichts der wachsenden Population den strengen Artenschutz, unter dem das Raubtier steht, zu lockern. Das Interview im Wortlaut:


Frau Stockhofe, Sie fragen die Bundesregierung, wann mit der Ausschreibung für weitere Labore neben für Wolfsgenetik zu rechnen ist. Was ist der Hintergrund Ihrer Frage?

Wenn zum Beispiel ein Schaf gerissen wurde, muss nachgewiesen werden, dass es auch wirklich ein Wolf war, der diesen Schaden verursacht hat. Nur dann ist es möglich, eine Entschädigung zu bekommen. Der Nachweis erfolgt per DNA-Analyse bislang ausschließlich über das Senckenberg Institut. Aber solche Analysen benötigen viel Zeit. Teilweise braucht es sogar mehrere Monate, bis ein Ergebnis vorliegt. Um die betroffenen Weidetierhalter wie Schafzüchter nicht so lange auf den Kosten sitzen zu lassen, sollte es unser Bestreben sein, diesen Zeitraum zu verkürzen. Daher sind weitere Labore dringend erforderlich.

Sie setzen sich zudem für einen nationalen Wolfsmanagementplan ein. Ist es nicht Aufgabe der Länder, eigene Pläne aufzustellen?

Doch, aber die Länder haben leider sehr verschiedene Herangehensweisen. Während zum Beispiel in Niedersachsen die Kosten für die Erhöhung von Zäunen zur Wolfsabwehr vollständig vom Land übernommen werden, muss in Nordrhein-Westfalen, das bislang als Wolfserwartungsland galt, erst ein Schaden entstanden sein, bevor sich das Land an den Kosten beteiligt. Aus meiner Sicht ist das ein Fehler, denn wenn der Wolf erst einmal da war, weiß er, wo der gedeckte Tisch steht. Es ist sehr wichtig, frühzeitig zu handeln und in Zäune zu investieren. Schließlich hat der Wolf Reproduktionsraten von über 30 Prozent pro Jahr – es ist also absehbar, bis Rudel auch dort vorkommen, wo es sie bislang noch nicht gab. Im Wolfsmanagement deutschlandweit einheitlich zu agieren, wäre daher sehr sinnvoll.

Was müsste ein bundesweites Wolfsmanagement leisten?

Es müsste in erster Linie die Daten, die in Bundesländern gesammelt werden, zusammenführen und auswerten. Im vergangenen Jahr wurde zwar die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf eingerichtet. Doch mangelt es noch an der Auswertung der Daten und vor allem an klaren Empfehlungen an die Bundesländer. Auch wurde noch nicht festgelegt, ab welcher Populationsgröße von einem ‚günstigen Erhaltungszustand‘ des Wolfes gemäß der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU zu sprechen ist.

Trotz wachsender Population gilt der Wolf als gefährdete Art. Doch die Stimmen derer werden lauter, die fordern, den strengen Artenschutz zu lockern. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) etwa befürwortet eine begrenzte Abschussfreigabe. Wie stehen Sie dazu?

Angesichts der Populationsentwicklung ist eine Regulierung aus meiner Sicht unausweichlich. Langfristig halte ich es deshalb auch für richtig, den Wolf ins Jagdrecht zu übernehmen.

Viele Viehalter fühlen sich mit den Kosten der Wolfabwehr allein gelassen – dabei bezuschussen die Länder den Bau von Elektrozäunen oder die Anschaffung von Hütehunden. Reicht das nicht aus?

Nein, die Kosten sind oftmals viel höher als die Zuschüsse. Abgesehen davon: Auf lang gezogenen Deichen zum Beispiel können Schafhalter ihre Tiere gar nicht mit Zäunen schützen. Auch Hütehunde eignen sich hier nicht, denn oft gehen Spaziergänger mitten durch Herden hindurch. Damit können diese Hunde gar nicht umgehen, weil sie darauf abgerichtet wurden, die Herde zu schützen. Unter Umständen können sie so auch Menschen gefährlich werden. Schäfer stehen hier vor großen Herausforderungen – und dass, wo sie doch ohnehin nur schwer vom Verkauf von Wolle oder Fleisch allein leben können und auf zusätzliche Einnahmen aus der Kulturlandschaftspflege angewiesen sind. Wenn wir Schäfer unterstützen und Kulturlandschaften wie Deichwiesen oder die Heide erhalten wollen, müssen wir Wege finden, die praktikabel und wirtschaftlich sind.

Und das wäre ein Abschuss von Wölfen?

Wenn ein Wolf in einer Region mal ein Schaf reißt, kann damit – so denke ich – jeder leben. Das passiert durchaus auch mit wildernden Hunden oder Füchsen. Aber wenn die Schäden Überhand nehmen, muss regelnd eingegriffen werden. Das gilt auch dann, wenn Wölfe auffällig werden, wenn sie sich beispielsweise in dicht besiedelten Gegenden aufhalten oder sich Menschen nähern.

Aber in solchen Fällen einzugreifen, ermöglicht die bisherige Rechtslage mit ihren Sonderregelungen bereits. Warum braucht es darüber hinaus die Festlegung von Abschussquoten?

Unter der gegenwärtigen Rechtlage ist es in der Tat in Ausnahmefällen möglich, Wölfe zu schießen. Doch bislang wird diese Möglichkeit einfach nicht genutzt. Wenn der Wolfsbestand in Deutschland aber weiter wächst, ist das Miteinander mit anderen Tieren, seien es Wild- oder Nutztiere, in Gefahr. Deswegen brauchen wir auch so dringend eine Definition, wann ein ‚günstiger Erhaltungszustand‘ erreicht ist. Erst dann können wir regelnd eingreifen.

(sas/28.06.2017)

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