„Auf technologische Leistungsfähigkeit kommt es entscheidend an“
Für Deutschlands Zukunft kommt es entscheidend darauf an, dass die technologische Leistungsfähigkeit des Landes gesichert bleibt. In diesem Urteil waren sich die Redner aller Fraktionen bei der Debatte über mehrere Unterrichtungen der Bundesregierung zur Forschungspolitik (18/11810, 18/11270, 18/9670, 18/12442) am Donnerstag, 22. Juni 2017, einig. Die Vorlagen wurden im Anschluss zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (18/11810, 18/11270, 18/9670) sowie den Ausschuss für Wirtschaft und Energie (18/12442) überwiesen.
Abgelehnt wurde hingegen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8711) mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (18/12776) zugrunde.
CDU/CSU: Deutsche Forschungspolitik ist nachhaltig
Michael Kretschmer (CDU/CSU) lobte, der Forschungsbericht für das Jahr 2017 beschreibe deutlich, wie sich Deutschland in den vergangenen zehn Jahren im internationalen Wettbewerb zurückgemeldet habe. Durch Investitionen sei „eine große, starke Leistungsfähigkeit für unsere Wirtschaftsnation Deutschland“ zurückgewonnen worden: „Wir sind eben nicht durch Zufall innovativer Exportweltmeister, sondern durch eine kluge Politik.“
In dieser Zeit sei es gelungen, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf inzwischen rund 90 Milliarden Euro zu verdoppeln. „Diesen Weg gilt es weiter fortzusetzen“, sagte der CDU-Abgeordnete: „Das Wichtigste in der Forschungspolitik ist, dass sie nachhaltig ist.“
Linke: Regierung erschwert Wissenschaft die Arbeit
Ralph Lenkert (Die Linke) betonte die Bedeutung der Wissenschaftler für technologische Leistungsfähigkeit und Forschungsqualität. Sie seien „entscheidend für den Forschungsstandort“.
Trotzdem mache die Regierung „der Wissenschaft das Arbeiten sehr schwer“. Hochschulen müssten sich aufwändigen Exzellenzbewertungen unterziehen, die Praxis der Projektfinanzierung schränke die Forschungsfreiheit ein. Die Wissenschaftler bräuchten „stabile, bessere Rahmenbedingungen“. Nötig sei dafür eine „höhere Grundfinanzierung für Hochschulen“.
SPD: Kapazitäten in der Arbeitsforschung aufbauen
René Röspel (SPD) betonte im Gegensatz zu Kretschmer, der Aufwuchs der Mittel für Forschung und Innovation sei maßgeblich auf SPD-geführte Bundesregierungen zurückzuführen. In Zukunft gehe es nicht nur um mehr Geld, sondern darum „Impulse zu setzen für Forschung und Entwicklung“.
Der SPD-Abgeordnete beklagte, die Arbeitsforschung sei in der Vergangenheit zu wenig gefördert worden. Dazu würden nun wieder Kapazitäten aufgebaut. Nachgebessert werden solle auch im Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen, bei denen Deutschland laut dem Forschungsbericht 2017 schlecht aufgestellt sei. Im Bereich der Produktionsforschung wolle die Koalition ebenfalls mehr investieren.
Grüne: Koalition blockiert sich ständig selbst
Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) sprach sich ebenfalls dafür aus, die staatlichen Ausgaben für die Bildungs- und Forschungsförderung weiter anzuheben. Der Abgeordnete mahnte einen „abgestimmten Kabinettsentwurf“ zur steuerlichen Forschungsförderung an. „Sie könnten schon so viel weiter sein, wenn Sie sich als Koalition nicht ständig selbst blockieren würden“, kritisierte er.
Ohne steuerliche Forschungsförderung drossele die Bundesregierung die Kreativität und Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen. Dieses „Unvermögen“ sei symptomatisch für die „innovationslose Innovationspolitik“ von Ministerin Wanka. Auch für deren Hightech-Strategie gelte: „Neues wird kaum gewagt.“ Anders als von der Bundesregierung nun geplant, müsse die Republik „zum Pionierland für technische und sozialökologische Innovationen“ gemacht werden. Nachhaltigkeit und die Ausrichtung auf große globale Herausforderungen müssten „endlich Leitschnur für die Hightech-Strategie werden“.
Ministerin: Deutschland ist ein Spitzenstandort
Bildungs- und Forschungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU) erklärte, die Politik der Bundesregierung werde durch den aktuellen Forschungsbericht eindrucksvoll bestätigt. „Deutschland ist ein Spitzenstandort, was die Produktion und die Dienstleistung von Hightech angeht.“ Dafür habe die Hightech-Strategie der Bundesregierung die Grundlage geliefert. Zur Kritik der Opposition sagte sie: „Ich kann es manchmal einfach nicht mehr ertragen, wenn man immer wieder dieselben Fragen in Reden hört. Wir sind schon bei den Antworten.“
Von der Opposition angemahnt Ansätze wie Nachhaltigkeit und soziale Innovation würden in der Forschungspolitik der Koalition längst berücksichtigt: „Jeden dieser Punkte sind wir angegangen.“ Zur Förderpolitik der Koalition meinte sie: „Drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung Entwicklung haben wir jetzt erreicht in Deutschland als große Industrienation, aber wir wollen und müssen weiter.“
Umsetzung der Hightech-Strategie
In ihrem „Bericht zur Umsetzung der Hightech-Strategie – Fortschritt durch Forschung und Innovation“ (18/11810) schreibt die Regierung, Deutschland gehöre im internationalen Vergleich in der Forschungs- und Innovationspolitik zur Spitzengruppe. „Wir müssen und wollen den eingeschlagenen Weg der Stärkung unseres Innovationssystems weiter gehen.“ Die Hightech-Strategie (HTS) habe in den vergangenen zehn Jahren maßgeblich dazu beigetragen, die Position Deutschlands im globalen Wettbewerb zu verbessern und ein Umfeld zu schaffen, das die Umsetzung von Ideen in marktfähige Produkte und Dienstleitungen befördere.
In dem „Gutachten zu Forschung, Innovation und technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands 2017“ (18/11270) heißt es, Deutschland könne auf wichtige Erfolge in seiner Forschungs- und Innovationspolitik blicken. Seit 2005 seien beachtliche Verbesserungen in den Bereichen der öffentlichen und privaten Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE), bei der Positionierung deutscher Forschungseinrichtungen und Hochschulen hinsichtlich Attraktivität und Exzellenz sowie bei der Modernisierung der deutschen Wirtschaft gelungen.
Neben den Erfolgen sei aber unübersehbar, dass Deutschland vor allem im Bereich der digitalen Technologien und Geschäftsmodelle erheblichen Nachholbedarf habe. Trotz einzelner positiver Entwicklungen gebe es hier noch keinen Durchbruch. Es bedürfe auf der politischen Seite zudem dringend einer stärkeren Bündelung der Zuständigkeiten, heißt es in der Vorlage.
Nanotechnologie als Zukunftstechnologie
„Nanotechnologie ist eine der Zukunftstechnologien, die in den letzten Jahren wirtschaftlich an Bedeutung gewonnen haben und Einzug in den Alltag halten“, heißt es im „Aktionsplan Nanotechnologie 2020 der Bundesregierung“ (18/9670).
Die Bundesregierung wolle die Chancen und Potenziale der Nanotechnologie nutzen, ohne dabei mögliche Risiken für Mensch und Umwelt außer Acht zu lassen. „Eine verantwortungsvolle Innovationspolitik adressiert sowohl Chancenwahrung als auch Risikoforschung“, heißt es in der Vorlage.
Innovations- und Technologieförderung
Im Bericht über die Programme zur Innovations- und Technologieförderung (18/12442) wird auf die die strategische Neuausrichtung „Von der Idee in den Markt“ mit ihren vier Fördersäulen: Gründung, Kompetenz, vorwettbewerbliche Forschung und marktnahe Forschung und Entwicklung eingegangen.
Dieses Konzept sei in diesem Jahr weiter ausgebaut worden, heißt es in der Vorlage. Insgesamt seien in dieser Legislaturperiode die Fördermittel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie für den innovativen Mittelstand von 870 Millionen Euro (2012) auf 980 Millionen Euro (2017) gestiegen.
Grüne wollen mehr Nachhaltigkeit
In ihrem Antrag (18/8711) fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, eine Innovationsstrategie, die auf mehr Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Innovationspolitik müsse Zukunftsvorsorge sein, schreiben die Abgeordneten. Verbindliche Nachhaltigkeitskriterien würden jedoch in der Hightech-Strategie fehlen.
Das illustriere auch der aktuelle Bundesbericht Forschung und Innovation 2016 erneut. Die Bundesregierung bemesse den Erfolg ihrer Innovationspolitik vor allem am Export wissensintensiver Güter, an Patenten und Industriebeteiligungen. So würde Deutschland jedoch keine Zeitenwende für mehr Nachhaltigkeit in allen Dimensionen schaffen. (rol/hau/22.06.2017)