Parlament

Eva Bulling-Schröter zieht es in den Bayerischen Landtag

Eva Bulling-Schröter, Die Linke

Eva Bulling-Schröter (Die Linke) (© DBT/Urban)

„Ich glaube, ich bin die einzige klassische Arbeiterin im 18. Deutschen Bundestag“, sagt Eva Bulling-Schröter. Die zierliche Politikerin aus Ingolstadt wirkt mit ihrer blonden Frisur ein wenig exotisch, und man kann sie sich kaum an großen Maschinen in lauten Fabrikhallen vorstellen. Doch das täuscht. Eva Bulling-Schröter ist gelernte Betriebsschlosserin und stolz darauf, dass sie einen Männerberuf erlernt hat. Warum? „Ich wollte Männern beweisen, dass ich als Frau in einem Männerberuf bestehen kann“, sagt die Abgeordnete der Fraktion Die Linke. Ihr eigentliches Berufsziel war Testfahrerin. Weil das nicht klappte, blieb sie in der Schlosserei, engagierte sich für die Rechte der Kollegen und wurde zur Betriebsrätin gewählt.

Zu wenige Arbeiter im Deutschen Bundestag

1994 kandidiert sie erstmals und erfolgreich für den Deutschen Bundestag, doch mehr als 20 Jahre Bundespolitik sind genug für Eva Bulling-Schröter. Ihr Argument: Der Bundestag müsse sich dringend verjüngen, und es wäre wünschenswert, wenn künftig mehr Altenpflegerinnen, Verkäuferinnen, Bergleute oder Handwerker als Volksvertreter im Bundestag sitzen würden.

Eva Bulling-Schröter wurde im letzten Jahr 60 und gibt deshalb ihren Platz frei für eine neue Generation. Was allerdings nicht heißt, dass sie sich in den politischen Ruhestand begibt. „Ich habe in Bayern noch viel vor und werde 2018 für den Landtag kandidieren. Mein Ziel: Die Linke soll die Fünf-Prozent-Hürde schaffen und in den Landtag einziehen. Es wird Zeit, dass das Thema Gerechtigkeit dort eine größere Rolle spielt“, sagt die Abgeordnete.

Mit 18 Jahren Mitglied der DKP in Bayern

Schon als Kind hatte Eva Bulling-Schröter einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Sie verschenkte Spielsachen an Kinder, die weniger hatten. Politisch aktiv wurde sie 1974. Da war sie Gymnasiastin und trat mit 18 Jahren in die DKP ein. Das frühe Interesse für eine kommunistische Partei erklärt sie heute so: „Ich fand die Abschaffung der kostenlosen Milch in Chile nach dem Putsch extrem ungerecht und konnte nicht verstehen, dass niemand etwas dagegen tut. Ich wollte etwas tun, deshalb suchte ich nach Gleichgesinnten und fand sie bei der DKP in Ingolstadt. Nach mehr als drei Jahrzehnten politischer Erfahrung weiß ich natürlich, dass man Rahmenbedingungen schaffen muss, um etwas zu verändern, das wusste ich als 18-Jährige nicht. Damals wollte ich einfach nur, dass es gerecht zugeht“, sagt Eva Bulling-Schröter.

Ihr Engagement in der DKP wurde im CSU-Land von vielen Menschen mit Argwohn betrachtet. „Viele waren erstaunt, dass es in Bayern überhaupt eine kommunistische Partei gab, aber das Misstrauen legte sich, als ich mich als Betriebsrätin engagierte. Da rückte mein Einsatz für die Menschen im Betrieb in den Vordergrund“, sagt die Abgeordnete.

1994 erste erfolgreiche Kandidatur für den Bundestag

Nach dem Fall der Mauer verließ Eva Bulling-Schröter die DKP, schloss sich der PDS an und kandidierte 1994 erstmals erfolgreich für den Deutschen Bundestag. Zu ihren politischen Zielen gehörte von Beginn an die soziale Gerechtigkeit, eine gerechtere Rente, eine soziale Arbeitsmarktpolitik. Ihr besonderer Fokus lag und liegt auf einer nachhaltigen und besseren Klimapolitik, dem Klimawandel und einer verbraucherfreundlichen Energiepolitik.

Diese Themen vertrat Eva Bulling-Schröter als Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag (bis 2013) und jetzt als energie- und klimapolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Sie kommentierte die „konsequente Fortführung der Energiewende“ im Jahreswirtschaftsbericht 2016 mit den Worten „Die Kohlendioxid-Reduktionsziele bis 2020 werden krachend verfehlt“. Und sie mahnte: „Wir müssen viel mehr tun, um das Zwei-Grad-Limit einzuhalten.“

Kritik an der Arbeitsmarktpolitik der Regierung

Wo immer Eva Bulling-Schröter Gelegenheit fand, kritisierte die Abgeordnete der Linken die Erfolgsmeldungen vom Arbeitsmarkt. Denn eines ihrer höchsten Anliegen ist nach wie vor die soziale Gerechtigkeit. In einem Interview sagte Eva Bulling-Schröter: „Die geringfügigen Beschäftigungen steigen, Frauen arbeiten nur in Teilzeit, und es gibt noch immer Leiharbeit und Werkverträge. Für mich bedeutet Beschäftigung aber zukunftsfähige Arbeit, von der die Menschen leben können und die nicht zur Altersarmut führt.“

Auf die Frage nach der schwersten Niederlage ihrer politischen Karriere antwortet Eva Bulling-Schröter ohne zu zögern: „Die verlorene Wahl im Jahr 2002, als die PDS knapp die fünf Prozent verfehlte und nicht im Bundestag vertreten war. Nach acht Jahren im Parlament hieß es für mich: zurück in die Schlosserei. Die ersten Wochen war ich klinisch fast tot, weil ich körperliche Arbeit nicht mehr gewohnt war. Aber ich habe mit Disziplin durchgehalten und mich regelrecht durchgebissen. Zur vorgezogenen Bundestagswahl 2005 zog ich dann erneut in den Bundestag ein, bis heute.“

Landtagswahl in Bayern

Eva Bulling-Schröter verabschiedet sich in diesem Jahr zwar aus dem Parlament in Berlin, aber sie hat ihr neues Ziel klar formuliert: Landtagswahl 2018 in Bayern. Ab Oktober wird sich die Politikerin, die wie Ministerpräsident Seehofer aus Ingolstadt stammt, auf den Wahlkampf vorbereiten. „Ich möchte erreichen, dass die Linke in den Landtag von München einzieht und freue mich auf einen Wahlkampf in meiner Heimatstadt Ingolstadt. Die Themen meiner Partei sind auch schon gesetzt: Wir engagieren uns in der Flüchtlingshilfe und natürlich für eine existenzsichernde Rente, einen guten Mindestlohn und die Abschaffung der Leiharbeit, genauso gegen die Wohnungsnot und für ein Bayern, in dem alle gleiche Chancen haben“, sagt die Abgeordnete.

Vermutlich wird Eva Bulling-Schröter im Wahlkampf mit ihrem knallroten Transportfahrrad unterwegs sein, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und ihnen die Ziele der Linkspartei zu erklären. Begleiten wird sie auf jeden Fall ihr Hund Chico, ein ehemaliger Straßenhund aus einem Tierheim in Madrid, denn der ist immer an ihrer Seite und in Ingolstadt ebenso bekannt wie sein Frauchen.

Kein Zeitdruck und Spaziergänge mit Hund Chico

Und worauf freut sich Eva Bulling-Schröter, wenn sie nicht mehr Bundestagsabgeordnete ist und der Wahlkampf in Bayern noch nicht begonnen hat? „Ich werde es genießen, keinen Zeitdruck zu haben und nicht nach Terminkalender oder Uhr leben zu müssen, und ich freue mich auf Spaziergänge mit Chico, bei denen das Mobiltelefon nicht permanent klingelt.“