Petitionsausschuss meldet rückläufige Zahl der Eingaben im Jahr 2016
Auch im Jahr 2016 ist die Zahl der Eingaben, die an den Petitionsausschuss gerichtet wurden, zurückgegangen. Das geht aus dem Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für 2016 (18/12000) hervor, über den der Bundestag am Mittwoch, 17. Mai 2017, debattiert hat. 11.236 Petitionen erreichten den Ausschuss im Jahr 2016 – 1.901 weniger als im Vorjahr. Für den Rückgang machen die Fraktionen unterschiedliche Gründe geltend, wie sich im Verlauf der Debatte zeigte.
Vorsitzende kündigt Expertenanhörung an
Sie glaube nicht, dass die gesunkene Zahl an Petitionen damit zu tun hat, „dass die Menschen zufriedener geworden sind“, sagte die Ausschussvorsitzende Kersten Steinke (Die Linke). Nicht zuletzt um den Gründen für den Rückgang auf die Spur zu kommen, werde der Petitionsausschuss am Montag, 29. Mai 2017, eine öffentliche Expertenanhörung veranstalten, kündigte sie an.
Auch wenn der Petitionsausschuss nach wie vor in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert habe, so Steinke weiter, liege es am Ausschuss selbst, das Vertrauen der Bevölkerung nicht zu enttäuschen. Mehr Öffentlichkeit und Transparenz seien geeignet, um dieses Vertrauen zu stärken, sagte die Ausschussvorsitzende und sprach sich dafür aus, sich „von der starren Anzahl von 50.000 Unterstützern in vier Wochen, die für eine öffentliche Beratung derzeit erforderlich ist, zu lösen“.
SPD: Den Klickaktivisten nicht das Feld überlassen
Auch Udo Schiefner (SPD) vermochte in der gesunkenen Zahl der Eingaben keinen Ausdruck der zugenommenen Zufriedenheit erkennen. „Das ist ein Trugschluss“, urteilte er. Die Bürger wollten ihre Anliegen „direkter und schneller“ anbringen. „Den Klickaktivisten dürfen wir das Feld nicht überlassen“, forderte er mit Blick auf die wachsende Zahl an privaten Petitionsplattformen.
Der SPD-Abgeordnete erinnerte daran, dass die letzte große Reform des Petitionsrechts vor zwölf Jahren unter einer SPD-geführten Bundesregierung stattgefunden habe. „Einigen hier im Haus fehlt der Wille und der Mut wieder eine große Reform auf den Weg zu bringen“, kritisierte Schiefner.
CDU/CSU: Heißer Draht zwischen Bürgern und Parlament
Aus Sicht von Michael Vietz (CDU/CSU) liegt der Rückgang der Zahl an Petitionen hingegen auch daran, „dass die Menschen in unserem Land dank der guten Arbeit des Bundestages und der Bundesregierung von Jahr zu Jahr zufriedener sind“.
Der Petitionsausschuss, so Vietz weiter, „ist und bleibt der heiße Draht zwischen Bürgern und Parlament“. Jede Petition, so betonte er, werde gleich behandelt. Vietz nannte den Petitionsausschuss ein gutes Beispiel, wie man über Fraktionsgrenzen hinweg konstruktiv „im Sinne der Bevölkerung“ zusammenarbeite.
Grüne rügen Entscheidungen „nach Koalitionsvertrag“
Corinna Rüffer (Bündnis 90/Die Grünen) teilte diese Einschätzung nicht. Viel zu oft sei „nach dem Koalitionsvertrag und nicht nach der Sache entschieden worden“, kritisierte sie. Für Verdruss sorge auch, dass beispielsweise eine schon 2014 in öffentlicher Sitzung behandelte Petition gegen das Freihandelsabkommen zwischen EU und USA (TTIP) noch immer nicht durch den Ausschuss abschließend behandelt worden sei.
Der Rückgang der Petitionen ist nach Ansicht der Grünen-Abgeordneten nicht damit zu erklären, „dass die Leute so froh und glücklich sind in diesem Land“. Vielmehr habe es auch damit zu tun, „dass die Leute nicht mehr damit rechnen, dass dieses Parlament sich ernsthaft mit ihren Nöten beschäftigt“.
Linke plädiert für öffentliche Ausschusssitzungen
Kerstin Kassner (Die Linke) plädierte dafür, sämtliche Sitzungen des Petitionsausschusses öffentlich stattfinden zu lassen. Sei dies aus Datenschutzgründen nicht möglich, müsse zumindest das Quorum von 50.000 Unterstützern deutlich verringert werden, forderte sie. Wichtig, so Kassner, sei auch die Art der Erledigung der Petition.
Bei mehr als 35 Prozent der Eingaben sei „leider“ nicht im Sinne der Petenten entschieden worden, was vielfältige Ursachen habe. „Was mir aber überhaupt nicht gefällt ist, dass mehr als jede dritte Petition dem Parlament gar nicht vorgelegt wird und stattdessen mit einer Stellungnahme des betroffenen Ministeriums zu den Akten gelegt wird“, kritisierte die Linke-Abgeordnete.
Der Ausschuss hatte seinen Jahresbericht 2016 am Dienstag, 16. Mai, an Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert übergeben. Lammert, der den Bericht letztmalig entgegennahm (er kandidiert nicht wieder für den Bundestag), sagte angesichts der rückläufigen Zahl der Eingaben, dass die Lebensverhältnisse offenbar für nicht ganz so prekär gehalten werden, wie in Wahlkampfzeiten gern behauptet werde.
„Erfolgreichstes Internetangebot des Deutschen Bundestages“
Dem Bericht zufolge hat sich die Gesamtzahl der Petitionen im Vergleich zum Vorjahr um 1.901 verringert. Bei 254 Werktagen, so heißt es in dem Bericht weiter, ergebe sich ein täglicher Durchschnitt von etwa 44 Zuschriften. 3.698 und damit 33 Prozent davon seien auf elektronischem Wege, also als Web-Formular über www.bundestag.de, eingegangen. Mit mittlerweile mehr als zwei Millionen registrierten Nutzern auf der Internetseite des Petitionsausschusses ist www.epetitionen.bundestag.de nach wie vor „das mit Abstand erfolgreichste Internetangebot des Deutschen Bundestages“, schreibt der Petitionsausschuss.
In der Rangliste der Zuständigkeiten der einzelnen Ministerien liegt laut dem Bericht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit 19 Prozent der Eingaben (2.158) vorn, gefolgt vom Innenministerium (14,5 Prozent, 1.627) und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit 1.455 Petitionen (13 Prozent). Am eingabefreudigsten - ausgehend von der Anzahl der Petitionen, die im Durchschnitt auf eine Million Einwohnerinnen und Einwohner des jeweiligen Bundeslandes entfielen - hätten sich wie schon in den vergangenen Jahren die Bürger aus Berlin und aus Brandenburg gezeigt, heißt es weiter. Bremen und Baden-Württemberg belegten danach die Plätze 15 und 16.
„Petition ist nicht gleich Petition“
Wie es in dem Bericht weiter heißt, war das Jahr 2016 zwar von einer weiter rückläufigen Anzahl an eingereichten Petitionen gekennzeichnet. Zugleich hätten sich jedoch mehr als doppelt so viele Personen auf der Petitionsplattform des Ausschusses registriert als noch im Vorjahr, um Petitionen mitzudiskutieren oder zu unterstützen. Die Gründe für den Rückgang der Zahl der Neueingaben seien nicht ohne Weiteres zu benennen, könnten aber mit dem Aufkommen diverser privater „Petitionsplattformen“ verbunden sein, schreibt der Ausschuss und stellt fest: „Petition ist jedoch nicht gleich Petition.“
Mit einer Eingabe an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages werde von dem Petitionsrecht nach Artikel 17 des Grundgesetzes Gebrauch gemacht. Damit biete die „Bundestags-Petition“ die Gewähr, dass jede Petition nicht nur entgegengenommen, sondern auch durch den Petitionsausschuss sorgfältig geprüft und beschieden wird.
Impuls für Gesetzesinitiativen
Zudem würden die an den Ausschuss gerichteten Petitionen dem Bundesgesetzgeber eine wichtige Rückkopplung zu seinen Gesetzen geben. Dies gelte nicht nur für Petitionen mit Vorschlägen zur Gesetzgebung. Auch die zahlreichen Beschwerden im Einzelfall könnten direkt oder indirekt auf Missstände hinweisen. So hätten unabhängig vom Ausgang des konkreten Petitionsverfahrens in der Vergangenheit nicht selten gerade die Einzelfallschilderungen einen Impuls für Gesetzesinitiativen gegeben.
Laut dem Tätigkeitsbericht fanden im Jahr 2016 23 Sitzungen des Petitionsausschusses statt. In den Sitzungen wurden insgesamt 743 Petitionen zur Einzelberatung aufgerufen. Zweimal tagte der Ausschuss im vergangenen Jahr öffentlich und beriet dabei fünf Petitionen. (hau/vom/17.05.2017)