Die Bundesregierung will den Ausbau erneuerbarer Energien mit einer Neuregelung zu Mieterstrom anschieben. Am Donnerstag, 29. Juni 2017, verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD ein Gesetz, das Vermietern einen Zuschuss verspricht, wenn sie auf dem Hausdach produzierten Strom direkt an Mieter weiterleiten (18/12355). Er folgte damit einer Beschlussempfehlung des Ausschuss für Wirtschaft und Energie (18/12988). Die Oppositionsfraktionen enthielten sich. Ein wortgleicher Gesetzentwurf (18/12728), der von der Bundesregierung eingebracht worden war, wurde einstimmig für erledigt erklärt.
Deckelung stößt auf Widerstand der Opposition
Die Regelung gilt dem Gesetz zufolge für Mieter und Bewohner in „Wohngebäuden oder Nebenanlagen im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit diesem Gebäude“. Letzteren Passus hatten die Regierungsfraktionen in einem Änderungsantrag ergänzt; damit sollen wie von der Wohnungswirtschaft gefordert auch Quartierslösungen möglich werden. Bedingung ist, dass 40 Prozent des Gebäudes zu Wohnzwecken genutzt werden. Die Höhe des Zuschlags hängt von der Größe der Solaranlage und dem Fotovoltaik-Zubau insgesamt ab und liegt laut Bundeswirtschaftsministerium voraussichtlich zwischen 3,81 Cent und 2,21 Cent pro Kilowattstunden. Der Zuschlag werde über die EEG-Umlage finanziert. Für den Strom, der nicht an Mieter geht und ins Netz eingespeist wird, sollen Anlagebetreiber eine Vergütung nach dem EEG erhalten. Die Größe der förderfähigen Anlagen ist auf 500 Megawatt pro Jahr begrenzt.
Vor allem diese Deckelung stieß bei der Opposition auf Widerstand. Die Potenziale würden bei weitem nicht ausgeschöpft, wenn bei 500 Megawatt jährlich Schluss mit der Förderung sei. Die Oppositionsfraktionen kritisierten darüber hinaus die steuerrechtlichen Folgen der Neuregelung: Wenn Vermieter in das Mieterstrom-Modell investieren, werden sie gewerbesteuerpflichtig. Als reine Vermieter sind sie von der Gewerbesteuer befreit. Für Wohnungsunternehmen werde die Förderung dadurch unattraktiv, argumentierte die Fraktion Die Linke.
Regierung: Mieterstrom ist die richtige Antwort
Der Parlamentarische Staatssekretär für Wirtschaft und Energie, Uwe Beckmeyer (SPD), hob die Bedeutung der Energiewende als gesamtgesellschaftliche Aufgabe hervor. Wichtig sei, dass Mieter die gleichen Chancen hätten wie Hauseigentümer, die Energiewende zu nutzen. „Darauf ist Mieterstrom die richtige Antwort.“
Gleichzeitig sei sichergestellt, dass Mieter frei wählen könnten, ob sie das Angebot in Anspruch nehmen oder nicht.
Linke: Wer Mieterstrom wagt, wird bestraft
Eva Bulling-Schröter (Die Linke) kritisierte, das Gesetz sei wie ein Hindernisrennen konstruiert. Wer Mieterstrom wage, werde bestraft. Die Wohnungsunternehmen müssten dann für ihr gesamtes Geschäft Gewerbesteuer zahlen – während sie vorher davon befreit waren.
Die Regierung habe lange an dem Gesetz gearbeitet, jetzt setze sie das Mieterstrom-Projekt nur halbherzig um.
CDU/CSU: Kosten für die Verbraucher gedeckelt
Thomas Bareiß (CDU/CSU) verteidigte hingegen die Regelungen. Sie würden dazu führen, dass der Solarausbau einen Anreiz erfährt. Als entscheidende Punkte stellte er heraus, dass die Kosten für Verbraucher gedeckelt seien durch die Begrenzung auf förderfähige 500 Megawatt pro Jahr.
Die Wahlfreiheit für Mieter und die Erweiterung der Projekte auf Wohnviertel seien wichtige Bausteine.
Grüne: Obergrenze für die Ausbaumenge der falsche Weg
Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, die Regelungen würden mehr Wirkung entfalten, wenn etwa auch gewerblich und öffentlich genutzte Gebäude einbezogen wären.
Ihrer Meinung nach ist eine Obergrenze für die Ausbaumenge zudem genau der falsche Weg. Außerdem kritisierte sie, dass die Ausschreibungen für Windenergieanlagen nicht angepasst würden.
Entschließungsanträge der Grünen abgelehnt
Mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Linksfraktion wurde ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/13015) abgelehnt, in dem die Bundesregierung unter anderem aufgefordert wird, die Deckelung der förderfähigen Ausbaumenge zu begrenzen und den räumlichen Bezugsrahmen für die Förderung von Mieterstrom nicht auf das einzelne Gebäude, sondern den „räumlichen Zusammenhang“ zu beziehen. Gemeint ist der Verbrauch im räumlichen Zusammenhang mit der Stromerzeugungsanlage, solange der Strom nicht durch ein Netz der allgemeinen Versorgung durchgeleitet wird.
Die Fraktion will zudem gewährleisten, dass Mieterstrommodelle Synergien mit weiteren Klimaschutztechniken über Nahwärmenetze nutzen können. Die Deckelung von 500 Megawatt maximalen Neubau pro Jahr solle gestrichen werden, weil sie ungerechtfertigt sei, da Mieterstrommodelle im Vergleich zu voll ins Stromnetz einspeisenden Solarstromanlagen die Kosten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes senkten.
Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen wurde auch ein zweiter Entschließungsantrag (18/13016) abgelehnt, in dem die Bundesregierung unter anderem aufgefordert wird, den Ausschreibungsmodus für Windenergieanlagen zu korrigieren. Dabei sollten auch weitere Mängel beseitigt werden. So sei etwa festzustellen, dass sich einige Bestandteile der Sonderregelungen für Bürgerenergien als unnötig kompliziert und praxisfremd erwiesen hätten. (pez/sas/30.06.2017)